Die Lage in den Niederlanden wird in Deutschland allgemein wenig beachtet, allerdings in den Landkreisen nahe der Grenze doch mit erhöhter Alarmbereitschaft und Sorge. Wegen der Pendler und Besucher. Bislang fehlten erschütternde Bilder von Särgen, Militär-LKWs oder überquellenden Intensivstationen, wie wir sie aus Italien und Spanien kennen. Was hat unser westliches Nachbarland bislang anders gemacht in der Behandlung von Coronapatienten?

Auch in den Niederlanden nimmt der Druck auf die Krankenhäuser und Intensivstationen ständig zu. Auch hier wirkte der Karneval, besonders in Brabant, als Brutstätte.
Während in Italien Ärzte sich seit Wochen darüber beklagen, dass sie eine „Triage“ vornehmen müssten und während hierzulande gerade erst dazu Leitlinien veröffentlicht wurden, nach denen Ärzte entscheiden sollen, welcher Patient intensivmedizinisch behandelt oder sogar künstlich beatmet wird und welcher nicht, sagen Ärzte und Altenheime in den Niederlanden, dass sie immer abwägen, ob sie jemanden, der so schwer krank sei, dass er auf eine Intensivstation müßte, auch dahin schicken können. In vorheriger Absprache mit den Patienten, in Rücksprache im akuten Fall mit den Familien und gemäß den Überlebensaussichten wägten sie sorgfältig ab. Die Lage in den Niederlanden wird hierzulande wenig beobachtet. Vielleicht liegt das daran, dass Nord-Italiens Seen und Skigebiete zum erweiterten Naherholungsgebiet der Bayern gehören, nicht aber Heinsberg oder Tilburg. Und die deutschen Risikogebiete sind in Bayern und Baden-Württemberg, aber auch weit im äußersten Westen des Landes, nahe der niederländischen Grenze. Von Süddeutschland aus betrachtet ist Holland weit weg. In vier Autostunden ist man von München aus quer durch die Alpen am Gardasee. Da geht einem die Gefahr schon eher unter die Haut. Bis nach Venlo braucht man länger. Schließlich kam die Seuche diesmal aus dem Süden, mit Zwischenstation beim Après-Ski.

Und außerdem, wer in Deutschland versteht schon die Holländer?

Ich habe mir die Berichterstattung der linksliberalen niederländischen Tageszeitung de Volkskrant angeschaut, die ich schon seit den Tagen kenne, als sie noch einen Korrespondenten am Regierungssitz in Bonn hatte. Niederländisch spreche ich zwar nicht aktiv, aber ich verstehe das Meiste, das in Schriftform ist. Außerdem hat sie eine Menge Gemeinsamkeiten mit dem bergischen Dialekt meiner Großmutter.

Mehrfach habe ich versucht, die Volkskrant-Redaktion per eMail und Telefon zu erreichen, niemand antwortete. Ich wollte die Erlaubnis einholen, die Artikel einfach ins Deutsche übersetzen zu dürfen. Und die meisten Artikel verschwinden hinter einer Paywall. Verständlich, aber ärgerlich

Auffällig ist, wie wenig aufgeregt man in unserem westlichen Nachbarland über Corona berichtet hat, obwohl es mittlerweile politisch sehr hoch hergeht, die Regierung ihr ursprünglich verfolgtes Konzept einer Massenimmunisierung ändern und nachjustieren musste. Man spricht sogar seit neuestem von einem „Kriegskabinett“ des Ministerpräsidenten Rutte. Die Maßnahmen der Regierung gleichen seit ein paar Tagen denen in Deutschland und den anderen Nachbarländern. Es gab massive Kritik an der Haltung der Regierung, von Geert Wilders besonders, aber auch von den Sozialdemokraten. Der SPIEGEL berichtet hier über die neuesten Maßnahmen der Regierung Rutte.

Bis zum 22. März wurde insgesamt 4749 Corona-Infizierte getestet, davon waren bis zum 22 März insgesamt 213 Menschen verstorben.

Selbst De Telegraaf, die überregionale Boulevardzeitung, war lange Zeit relativ zurückhaltend. Liegt das nun daran, dass die Oranjes später dran sind als die Italiener, oder sind sie nur ein ruhigeres Volk?

Liegt es daran, dass es in den Niederlanden eine pietistische Kirche gibt, die beispielsweise Impfungen oder Bluttransfusionen als Einmischung des Menschen in den Willen Gottes strengstens ablehnt?

Liegt es an der besseren Krankenhaus- und Pflegeinfrastruktur? Italien hat zwar ein staatliches Gesundheitswesen, aber wo der Staat herrscht, spart er auch meistens. Abgesehen davon, dass seit gefühlt 40 Jahren viele italienische Krankenhäuser nicht wirklich gut ausgestattet waren, wurde es noch mal schlimmer durch die Finanzkrise 2008. Das Krankenhauswesen wurde ganz besonders seit der Finanzkrise regelrecht kaputtgespart, und daran ist z.B. Deutschland nicht ganz unschuldig.

Liegt es daran, dass manche Heime selbst z.B. Beatmung mit Sauerstoff durchführen können?

Liegt es daran, dass die niederländische Jugend nicht, wie viele junge Italiener, auf der Suche nach Arbeit ausgewandert ist und die Alten und Anfälligen im Lande zurückblieben?

Liegt es daran, dass sie einen anderen Weg versuchten, nämlich den der Massenimmunisierung, und die Bevölkerung das mitmachte, auch wenn Ministerpräsident Rutte jetzt ein „Kriegskabinett“ hat?

Situation vor einer Woche: noch ziemlich entspannt

Auch in den Niederlanden, besonders in Brabant, spüren die Krankenhäuser zur Zeit immer stärker den Andrang von Patienten, die wegen des neuen Corona-Virus eingewiesen werden. Sie verlegen Schwerkranke in andere Krankenhäuser und Coronapatienten werden im ganzen Land verteilt. Die medizinischen Vorbereitungen scheinen so ähnlich zu sein wie in Deutschland. Stationen werden freigemacht, nicht lebensnotwendige Operationen verschoben, Patienten in andere Krankenhäuser verlegt.

Die Zeitung „de Volkskrant“ sprach vor einer Woche mit Ärzten, Intensivmedizinern, Geriatern und Leitern von Alten- und Pflegeheimen

Die Gespräche wurden in den Ausgaben vom 19. und 22. März veröffentlicht.

Intensivmediziner Hans van den Spoel, stellvertretender Leiter der Intensivstation am Amsterdamer Uniklinikum (Universitair Medische Centra) stand der Zeitung Rede und Antwort über die Kriterien der Aufnahme von Patienten auf einer Intensivstation. Er spricht von großen Unterschieden zwischen der Lage in Italien und in den Niederlanden.

„Die Schwelle für die Aufnahme von Patienten auf Intensiv ist in Italien niedriger als in den Niederlanden. Neben der extremen Explosion der Zahlen kritisch kranker Coronapatienten könnte dies einer der Gründe sein, warum Intensivstationen und Krankenhäuser in Italien überfüllt sind.“

In den Niederlanden werde normalerweise viel besser darüber nachgedacht, ob ein Patient von einer so langen Beatmungsmaßnahme profitieren würde”, sagt Van der Spoel. Ob Corona oder nicht, ein Patient werde nicht einfach so aufgenommen. In diesen Ländern sei das anders. Er erklärt auch, dass in Südeuropa menschliches Eingreifen in Fragen von Leben und Tod besonders in der Öffentlichkeit sensibel sei.

Van der Spoel: “Je weiter Sie nach Süden gehen, desto unaussprechlicher ist es, eine Behandlung abzubrechen, die das Leben unnötig verlängert.“

In Südeuropa blieben die Patienten länger auf Intensiv, das sei schon in Frankreich der Fall, sagte er nach Angaben von de Volkskrant. Das Durchschnittsalter der Intensivpatienten in Italien sei viel höher als in den Niederlanden.

Von der Spoel bestritt in dem Interview entschieden, dass es eine Altersgrenze für die Aufnahme auf Intensiv gebe. “Als Ärzte werden wir niemals sagen: Sie sind über 70 Jahre alt, deshalb dürfen Sie nicht mehr auf die Intensivstation,“ erklärte er. Das seien „indische Geschichten“. “Wir ziehen niemals solche Grenzen.“ Grundlage für die Entscheidung, jemanden intensivmedizinisch zu behandeln, seien viele Faktoren, z.B. ob der Patient andere Krankheiten habe, wie anfällig und gebrechlich der Mensch sei und wie hoch seine Lebenserwartung. „Wir schätzen ein, wie sinnvoll es ist, jemanden wochenlang zu beatmen.“

Realistische Entscheidungen treffen

Der Schwellenwert könne sich leicht erhöhen, erklärte Von der Spoel. Die Ärzte würden in ihrer Einschätzung ebenfalls berücksichtigen, dass Corona auch bei gesunden Menschen so schwerwiegende Auswirkungen habe, dass es für schutzbedürftige Patienten noch schwieriger sei.

„Wir versuchen, realistische Entscheidungen zu treffen,“ sagt er. “Aber unsere Entscheidungen sind auch menschlich. Wir behandeln nur, wenn es Sinn macht.”

Ärzte berichten, dass Coronapatienten auffallend lange auf der Intensivstation beatmet werden müssen.

Drei Viertel der verstorbenen Corona Patienten waren nicht auf Intensiv

De Volkskrant sprach drei Tage zuvor mit Diederik Gommers, dem Vorsitzenden der Niederländischen Vereinigung Intensivmedizin (NVIC) und Leiter der Intensivstation am Erasmus Medisch Centrum. “Wenn der Patient sehr alt ist, ein schlechtes Herz hat und in den letzten Monaten drei Operationen hatte, kann der Arzt manchmal in Absprache mit der Familie entscheiden, dass es nicht sinnvoll ist, ihn auf der Intensivstation zu behandeln”, sagt Gommers.

Wir haben einen Patienten, der jetzt in die vierte Woche eintritt. Bei anderen Patienten dauert es länger als die zehn Tage einer ‘normalen’ Lungenentzündung.“ Und das erfordere ziemlich viel, fuhr Gommers fort. “Man muss vorher in angemessener Form sein, um die Intensivstation richtig zu verlassen”.

Damit meint er, dass nach einer Beatmung durch Maschinen auf der Intensivstation die Patienten sozusagen entwöhnt werden müßten, sich erst wieder an das Selber Atmen gewöhnen müssen, Atemmuskulatur aufbauen. Das dauert.

“Es ist ein Angriff, so lange am Beatmungsgerät zu hängen.“

Die Muskelmasse von Intensiv-Patienten, einschließlich der Atemmuskeln, nehme täglich um einige Prozent ab. Nach zwei oder drei Wochen auf Intensiv beginne dann ein langer Rehabilitationsprozess, auch bei jungen Beatmungspatienten. “Das kann ein halbes bis ein Jahr dauern und oft wird man nicht mehr der Alte.”, erklärt Gommers.

Er bemüht sich, die Kranken auf Krankenhäuser im ganzen Land zu verteilen, um die Einrichtungen in Brabant zu entlasten.

Handbuch für Katastrophen

Auch für Krisenszenarien hat sich die Ärzteschaft gerüstet.

Die Niederländische Vereinigung für Intensivmedizin (NVIC) beschreibt in einem Anfang März 2020 aus aktuellem Anlass erschienenen „Draaiebook Pandemie“, auf Deutsch etwa „Richtlinien für eine Pandemie“, was bei einem “Code rot” oder, noch schlimmer, “Code schwarz” einer Pandemie passieren soll.

„Triage“; Auswahl der Patienten, Ist eine extreme Notfallmaßnahme”, heißt es, “und sollte so lange wie möglich vermieden werden.
Aber:

„Sollte die Regierung irgendwann eine nationale Krise erklären, lautet die Regel: Patienten, deren Überlebenschancen durch die Aufnahme in die Intensivstation am stärksten steigen, werden zuerst behandelt,“ zitiert de Volkskrant die Richtlinien.

Wenn dies nicht festgestellt werden könne, könne ein Losverfahren oder die Regel “Wer zuerst kommt, mahlt zuerst” verwendet werden.

“Es ist möglich, dass einige Patienten zu viel Intensiv-Versorgung benötigen”, zitiert de Volkskrant aus diesem Szenario. „Es kann vorkommen, dass die weitere Behandlung auf der Intensivstation abgebrochen werden muss, um die Behandlung vieler weiterer Patienten zu ermöglichen. Dies ist eine sehr schwierige Entscheidung, basiert jedoch auf dem Prinzip, möglichst vielen Patienten Gutes zu tun.”

Während einer Pandemie werden Patienten mit einer Überlebenschance von weniger als 20 Prozent nicht mehr auf die Intensivstation aufgenommen.

“Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt”, zitiert de Volkskrant den Intensivmediziner Van der Spoel, “weil die Anzahl der Intensiv-Betten in naher Zukunft erheblich aufgestockt wird.“ Das Wichtigste sei jetzt, die Anzahl der Neuinfektionen so gering wie möglich zu halten.

Die meisten starben im Pflegeheim, nicht im Krankenhaus

Die meisten der verstorbenen niederländischen Koronapatienten kamen gar nicht erst auf eine Intensivstation.

Von den 179 bis zum 22 März insgesamt Verstorbenen starben 27 auf Intensiv, der Rest verstarb im Pflegeheim, zu Hause oder in einer “normalen” Abteilung des Krankenhauses. Das sind bewusste Entscheidungen. Wenn man beschließt, Patienten nicht auf die Intensivstation zu schicken, reduziert man den Druck auf die Krankenhäuser.

„Pflegeheime überlegen sehr genau, bevor sie jemanden ins Krankenhaus und die dazugehörige Intensivstation schicken,“ sagt Bart Berden, Vorsitzender der Regionalen Beratung Akutversorgung in Brabant. „Ein Mensch über 85 Jahren mit Corona kann möglicherweise nie wieder unabhängig leben. Die Frage ist: Welchen Wert haben Sie für das Leben eines Menschen geschaffen?“ Berden betont, dass Pflegeheime diese Überlegungen sehr sorgfältig behandeln.

Trotzdem wuchs schon Mitte März die Anzahl neuer Coronapatienten so stark, dass der Druck auf die Krankenhäuser in Brabant immer stärker wurde. Ihm zufolge betrifft es die Krankenhäuser um Uden, Tilburg und in geringerem Maße Breda. Dies sind genau die Krankenhäuser, die in den drei Ausbruchsorten der ersten “Karnevalswelle” der Korona liegen.

Konkurrenz mit EU-Ländern um Schutzausrüstung

Berden beklagt auch den Mangel an Schutzausrüstung: Wenn man immer nur das Billigste wähle, mache man sich abhängig von weit entfernten Ländern. „Wenn wir jetzt einen Termin vereinbaren, um irgendwo eine Charge zu kaufen, passiert es einfach – auch wenn die Masken bereits im Flugzeug fertig sind -, dass Frankreich dem Verkäufer sagt: Wir bieten das Doppelte an. Und dann verschwanden diese Mundmasken plötzlich während des Transports.”

Mark Martens ist Facharzt für Geriatrie bei den Zuyderland Care Centers in Limburg, einem Träger von Alten- und Pflegeheimen. Vorletzte Woche starben dort acht Bewohner, aber nur einer im Krankenhaus – der Rest, die Gebrechlichsten, blieb im Heim.

“Im Pflegeheim”, sagte Martens der Zeitung, “kann die Anzahl der Patienten, die wir mit schwerwiegenden medizinischen Problemen wie Corona ins Krankenhaus schicken würden, an den Fingern einer Hand abgezählt werden. Wir bringen sie nur dann dahin, wenn wir erwarten können, dass die Menschen über ausreichende Kapazitäten zur Genesung verfügen.”

Die Fachärztin für Altersheilkunde (Geriatrie) Maggy van den Brand von der Pflegeorganisation Archipel aus Eindhoven, schätzte gegenüber de Volkskrant, dass im Notfall 10 bis 20 Prozent der Patienten ihrer Einrichtung wie Coronapatienten ins Krankenhaus geschickt werden.

Vereinbarungen mit Patienten und den Angehörigen

Beide Ärzte betonten, dass solche Entscheidungen immer in Absprache mit dem Patienten oder der Familie getroffen würden. Dies habe sich durch Corona nicht geändert (Stand 22. März). Dies sei ihre übliche Vorgehensweise, die sich auf die Lebensqualität konzentriere.

“Wenn ein Patient neu zu uns kommt”, sagt Van den Brand, “treffen wir in aller Ruhe Vereinbarungen mit ihm oder seiner Familie. Wir sind sehr weit darin, dies früh zu diskutieren. Wir fragen, ob wir reanimieren sollen. Und ob wir bei schwerer Lungenentzündung jemanden ins Krankenhaus schicken sollen. Wir können uns hier oft selbst darum kümmern, wie Sauerstoff geben. Aber du solltest nicht erst darüber nachdenken, wenn das Problem bereits da ist.”

“In einem solchen Fall machen viele Patienten und ihre Familien den Kompromiss: Wenn die Dinge sehr schlecht laufen, wird jemand nicht mehr von einem Krankenhausaufenthalt profitieren”, sagt Martens der Zeitung “Es gilt nicht für jeden Patienten, aber wir kommen regelmäßig zu dem Schluss: Wenn Sie jemandem etwas Gutes tun wollen, sollten Sie ihn nicht um jeden Preis am Leben erhalten wollen.”

Rund 80 Prozent der Patienten im Pflegeheim seien dement, wird die Medizinerin zitiert. “Wir stimmen oft mit ihren Familien überein: Wir tun nichts, um das Leben zu verlängern.“ Das Krankenhaus sei für diese Patienten sehr stressig, erklärt sie. “Sie sind darüber völlig verärgert. Sie bekommen oft Delirium. Dann werden sie verwirrt, ängstlich, halluzinieren. Und natürlich schicken Sie keinen Demenzkranken, der nur noch in Embryohaltung im Bett liegt, noch auf die Intensivstation.”

Trauma Intensivstation

“In einem Pflegeheim treten Menschen in die letzte Phase ihres Lebens ein, Menschen, deren Zusdtand nicht mehr besser wird,“ erklärte Martens. „Demenz ist eine fortschreitende Krankheit. Wir schauen immer genau hin. Aber Sie müssen wirklich sorgfältig abwägen: Was tun Sie diesen Leuten an, auf einer Intensivstation, mit all diesem Geklingel und Gepiepse? Es ist dort Tag und Nacht unruhig, man kann dort kaum schlafen und ständig laufen neue Mitarbeiter herum.“

Eine Behandlung auf der Intensivstation könne für alle – auch für junge Menschen – äußerst traumatisch sein. Patienten erkrankten dort manchmal an Post Traumatischer Belastungs Störung PTBS.

„Es gibt Patienten, die nach langer Behandlungsdauer nie wieder arbeiten können.”

Die deutsche Ärztezeitung schätzt, dass ein Fünftel aller Intensivpatienten traumatische Belastungsstörungen entwickeln.

Zuyderland war eines der ersten Pflegezentren, in dem das neue Coronavirus auftrat. Der Schock war groß, weil befürchtet wurde, dass sich dort alle Bewohner infizieren würden. 32 der 1.300 Einwohner von Zuyderland seien jetzt infiziert, schreibt de Volkskrant am 22. März. Neue zahlen liegen mir bislang nicht vor.

Die Einrichtung mußte sofort alle Besuche abweisen. “Eine sehr emotionale Entscheidung”, sagt die Ärztin. “Wir wissen, wie wichtig der Kontakt für unsere Bewohner ist. Wir haben alle geweint.“

Nachtrag:

Das Gesundheitsministerium in Den Haag verzeichnet bis gestern (28. März 2020, 23:40 Uhr) den Stand von 9.762 positiv auf Corona getesteten Personen, 1.159 mehr als gestern.

Die Anzahl der im Krankenhaus eingewiesenen oder gewesenen Patienten beträgt heute 2954 (+454).

Die Anzahl der gemeldeten verstorbenen Patienten beträgt heute 639, ein Anstieg von +93 seit gestern.

Das Ministerium weist darauf hin, dass die Anzahl der Krankenhausneuaufnahmen nicht weniger schnell steige, die Anzahl der Verstorbenen sei heute niedriger als gestern. Es könne aber sein, dass die Meldung nicht alle rechtzeitig eintreffen, daher könne man das nicht genau sagen.

Auch gestern (28. März) nahm die Anzahl der ins Krankenhaus aufgenommenen Patienten und die Anzahl der gemeldeten Todesfälle weniger schnell zu als ohne Maßregeln zu erwarten gewesen wäre.

Wenn diese Linie sich durchsetze, könne man nach einigen Tagen absehen, ob die getroffenen Maßnahme (Abstandhalten, Betretungsverbote, Ladenschließungen) wirkten.

Nach wie vor sei Nord-Brabant der Hot Spot mit 2748 Fällen, gefolgt von Zuid-Holland und Nord-Holland. In Zuid-Holland steige die Zahl der Krankenhausaufnahmen schneller an als in anderen Provinzen. In den Provinzen Friesland und Drenthe sei die Anzahl mit gegenwärtig 96 und 98 positiv getesteten Personen am niedrigsten.

Bemerkenswert ist, dass es zur Zeit relativ wenig Hochbetagte in den Krankenhäusern gibt. Die Anzahl der Patienten im Alter von 50 bis 75 Jahren ist dagegen sehr hoch. Ob dies das Ergebnis strenger Schutzmaßnahmen für Altenheimbewohner ist, ob Hochbetagte ihr Haus nicht mehr verlassen und daher weniger erkranken, oder ob erkrankte Heimbewohner weiterhin nicht auf Intensiv verlegt werden, geht aus diesen Zahlen nicht hervor.

Die Niederländische Stiftung für Intensivmedizin veröffentlicht weiter Daten zur Aufnahme und Behandlungsdauer von Coronapatienten auf den Intensivstationen des Landes, die ständig aktualisiert werden. (Stand 28. März 2020) Die Kurven steigen seit dem 16. März steil an und zeigt jetzt einen ersten Höhepunkt. Zum Wochenende gibt es noch keine verläßlichen Zahlen, die Meldungen werden erst am Montag eingehen. Es wird erwartet, dass die Zahlen noch weiter steigen.

Die Gesamtzahl der bewiesenen Covid-19-Fälle / Verdachtsfälle, die bislang auf Intensivstationen aufgenommen wurden: 868/56=924

Zahl der Intensivstationen mit mindestens einem bewiesenen Covid-198 Fall: 73

Gesamtzahl (kumulativ) der bewiesenen Covid-19 Patienten für die eine Intensivbehandlung nötig war: 1071

Gesamtzahl (kumulativ) der bewiesenen COVID-19 Patienten auf Intensivstationen, die verstorben sind: 107

Quelle: www.stichting-nice.nl

Über Annette Hauschild / Gastautorin: