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Wallstreet hats verkackt

Vor knapp 15 Jahren hatte ich mit meiner Diagnose “Politisches Prekariat” vorwiegend die kommunale Basis politischer Kaderentwicklung im Blick. Keine “Bestenauslese”, sondern in neoliberal-kapitalistisch entwickelten Gesellschaften ein Prozess, der sich über 30 Jahre erstreckt hat, eine negative Auslese: in die Politik gingen die, die nichts Besseres gelernt oder darauf keine Lust hatten. Gesellschaftliche Macht und Anerkennung, und vor allem unbegrenztes Geldverdienen, gab es an anderen Stellen, in Konzernspitzen, in Banken und der Finanzwirtschaft. Folgerichtig wechseln besonders erfolgreiche Politiker*innen so zügig wie es geht durch die “Drehtür” dorthin. Schneller als es gut sein kann, ist das Elend des politischen Prekariats nun ganz oben angekommen: bei der Präsidentschaft der USA.
Wenn Donald Trump – als Unternehmer ein Hasardeur mit Kapitalabhängigkeit von der “Deutschen Bank”, die im globalen Bankenranking auf Abstiegsrängen vegetiert – nicht noch ausgesprochen doofe Fehler macht, die seine festgefügte Anhänger*innen*schaft verschrecken, ist seine Wiederwahl gesichert. Er ist nicht so “irre”, wie er auf Sie und mich wirkt, und in deutschen Medien beschrieben wird, sondern schlau (nicht klug!). Er kämpft nicht um eine imaginäre gesellschaftliche “Mitte”, sondern um die Mobilisierung seiner Leute, und die Demobilisierung der Andern. Vor allem Letzteres ist mit der nun sicheren Nominierung Joe Bidens exzellent gelungen. Bei dem kann mann ja froh sein, wenn er noch ganze Sätze geradeaus sprechen kann. Auch seine Medienfreunde, wie hier z.B. sein DLF-Fan Thilo Kößler (Audio, 5 min.), kommen, obwohl professionelle Sprecher, selbst ins Stammeln, wenn sie seine Vorzüge darstellen müssen. Es wollte halt kein Besserer aus US-Amerikas herrschender Klasse ins Rennen gehen. Das Risiko für Nichts einen grossen Haufen Geld zu verbrennen, erschien ihnen zu hoch.
Was heisst das für uns in Europa? Der weitere Abstieg der USA als Weltmacht ist die vermutlich sicherste Tatsache, die daraus folgt. Gefährlich und risikobehaftet wird die Antwort auf das “Wie?”. Diese Antwort kennt niemand, auch Trump selbst und seine Hintersassen nicht. Die Bundesregierung ist derzeit auf dem besten Weg, die EU zu zerstören. Die wird ganz gewiss in keiner Weise das Vakuum füllen können, das die USA überall hinterlassen werden. Freie Bahn für China?
Könnte sein, die Corona-Krise zeugt bereits davon. Vielleicht müssen als Gegengewicht ganz alternative Bündnisse entstehen, die heute noch niemand kennt.
Beim nächsten Mal in den USA kann vielleicht Alexandria Ocasio-Cortez ins Rennen gehen, die derzeit wg. zu jungen Alters noch nicht nominierbar war. Die Demokratische Partei der USA, wie wir sie heute kennen, würde sie zu verhindern wissen. Aber die gibts dann ja vielleicht nicht mehr.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Martin Böttger

    Wär’ mir recht, wenn ich mich irre …

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