Beueler-Extradienst

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Mutiger Einsatz gegen Polizeiwillkür

…überschrieb das ZDF einen Beitrag. Ich wunderte und las weiter, um festzustellen dass es sich natürlich nicht um einen Bericht über Polizei in Deutschland, sondern einen über Russland handelte. Wie konnte ich auch annehmen, dass sich eine solche Überschrift auf Bürgerrechtler in Deutschland beziehen könnte?

Dabei gibt es so etwas wie Polizei-Willkür auch in diesem unserem Lande – und das immer wieder, in Berlin fast täglich. Die Berliner Polizei, von der ich gerne wissen möchte, ob sie und wenn ja, wann und wie gründlich, jemals entnazifiziert wurde. Ich habe mehrfach in Berlin gewohnt, jeweils im “wilden Teil” Kreuzbergs, dem “S0-36” rund um das Kottbusser Tor. Dort habe ich – nicht nur am 1. Mai – sondern bei fast jedem Polizeieinsatz gegen “linke oder autonome” Demonstranten erlebt, wie Schläger in Uniform ihrer Menschenverachtung freien Lauf ließen.
Ab und zu, wenn diese Kriminellen in der Polizei, mal wieder zugeschlagen hatten, gab es später auch Prozesse gegen die beamteten Schläger und sogar Berichte in den Medien. Nämlich dann, wenn sie wieder mal andere Polizeibeamte in Zivil in der gewohnten Weise krankenhausreif geprügelt hatten.

Staatliche Willkür dokumentieren

Roland Appel hat hier in mehreren Beiträgen Polizei-Willkür thematisiert. Was er dort beschrieben hat, gibt es täglich und wahrscheinlich in abgestufter Form bundesweit. Das sollte dokumentiert werden, denn die Einzelfälle wären als solche abgetan und verharmlost.
Mit einer gut dokumentierten Sammlung dieser “Einzelfälle” ließe sich hingegen später gut argumentieren. Dazu gehören auch willkürliche Maßnahmen, die weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick eine sinnvollen Beitrag zur “Seuchenbekämpfung” leisten, aber gerne von Gesundheits-, Ordnungsämtern und gerne mit polizeilicher Unterstützung umgesetzt werden.

Aufruf der Linken im sächsischen Landtag

Die Linken in Sachsen-Landtag haben dies ebenfalls als Problem erkannt und sammeln Fälle aus ihrem Land. In ihrem Aufruf heißt es:
„Wir wissen alle, dass wir im Interesse unserer eigenen Gesundheit und der Gesundheit unserer Mitmenschen auf vieles verzichten müssen. Das ist leider unausweichlich. Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie werden auch in Sachsen die Grund- und Freiheitsrechte massiv eingeschränkt. Uns erreicht eine Vielzahl von Meinungen, Hinweisen und Erlebnisberichten, die sich kritisch damit auseinandersetzen. Wir haben uns entschlossen, diese Informationen zu sammeln und aufzubereiten, um die Probleme parlamentarisch aufzuarbeiten. Auch in Krisenzeiten muss die Regierung durch das Parlament kontrolliert werden. Hierzu können sich Bürgerinnen und Bürger bei uns melden, die diese Regelungen zu Ausgangsbeschränkungen kritisch hinterfragen bzw. im Rahmen dieser Rechtsverordnung Einschränkungen hinnehmen mussten, die aus ihrer Sicht nicht rechtskonform waren. Kontrollen müssen mit Augenmaß erfolgen. Klar ist, dass die Grundrechtseinschränkungen verhältnismäßig sein und nach der Pandemie vollständig aufgehoben werden müssen. Zu diesem Zweck ist ab sofort die Mailadresse ausgangsbeschraenkung@linksfraktion-sachsen.de eingerichtet.”

Es wäre wünschenswert, wenn andere Landtagsfraktionen von Linken, Grünen, SPD und vielleicht auch der FDP das genau so machen würden. Von der CDU/CSU erwARTE ich nichts bürgerrechtliches.

5 Kommentare

  1. Harald

    Ich bin ganz anderer Meinung. Das oberste Bürgerrecht ist die Gesundheit. Was nützt es wenn man demonstrieren darf und einige Tage nach der Demonstration ist die Hälfte der Demonstranten krank und können die nächsten 6 Wochen nicht mehr demonstrieren? Das freut höchstens den politischen Gegner oder diejenigen, gegen die demonstriert werden sollte. Dann doch lieber für einige Zeit nur im Internet demonstrieren, so wie das auch Greta Thunberg empfohlen hat.

  2. Roland Appel

    Natürlich gilt es das Recht auf Leben zu schützen – aber es darf eben nicht als Argument mißbraucht werden, um jegliche Form der Meinungsäußerung und auch das Demonstrationsgrundrecht unverhältnismäßig einzuschränken. Wenn in diesen Tagen Friedensgruppen oder Anti-AKW Gruppen mit Masken und unter Einhaltung des Mindestabstandes eine Demonstration durchführen, verhalten sie sich i.d.R. vernüftiger, als die Jogger in vielen Parks und Anlagen, die sich derzeit drängeln, weil manche Bundesländer soger Wanderwege und Waldparkplätze sperren. Die Verfassung verpflichtet den Staat immer, eine konkrete Interessenabwägung im Einzelfall zu treffen, welches Grundrecht oder welche Gefährdung überwiegt. Alles andere ist Willkür – auch ein generelles Demonstrationsverbot.

    • Harald

      Das ist kein generelles Demonstrationsverbot, sondern Ansammlungen von mehr als 2 Personen sind verboten. Dass das auch für Demonstrationen gilt ergibt sich aus dieser Anordnung. Wären Demonstrationen von diesem Verbot ausgenommen, müsste auch jede andere Ansammlung erlaubt werden (Gleichheitsgrundsatz) Die Polizei wäre überfordert, bei jeder Demonstration auf die Vorgaben wie Mindestabstand usw. zu achten und diese Vorgaben im Zweifelsfall auch durchzusetzen, besonders wenn sich die Demonstrationen den Aufforderungen nicht fügen. Dann kommt schnell der Vorwurf der Polizeigewalt auf.

    • Roland Appel

      Falsch. Unsere Rechtsordnung beruht zunächst auf der Verfassung, dem Grundgesetz. Nach dessen Regeln beschließen die gesetzgebenden Körperschaften – die Parlamente des Bundesun der Länder – Gesetze, aufgrund derer wiederum Verordnungen erlassen. Diese stellen formal eine Hierarchie dar. Ein Erlass kann ein Gesetz interpretieren und auslegen, präzisieren, aber niemals ein Gesetz oder ger Grundrecht einschränken, es sei denn, das Parlament hätte hierzu eine Rechtsgrundlage geschaffen. Als Rechtsgrundlage zur Einschränkung der Freiheit im öffentlichen Raum gilt § 28 Abs. 1 S. 1 InfektionschutzG, der Grundrechtseingriffe dann erlaubt, wenn “Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt” werden – weiter heisst es in S.2 , dass die zuständige Behörde Versammlungen einschränken oder verbieten KANN. Somit geht bereits aus dem Gesetz hervor, dass kein generelles und schon gar nicht voraussetzungfreies Verbot, sondern eine Prüfung und Abwägung im Einzelfall erfolgen muss, ob die Gefahr für die Gesundheit eine Einschränkung der Demonstrationsfreiheit rechtfertigt. Wer nur zu mehreren im Park rumsitzt, genießt wiederum keine Demonstrationsfreiheit aus Art. 8 GG. Alles andere wäre auch nicht rechtstaatskonform. Mit dem Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 GG hat das nichts zu tun. Ein Blick ins Gesetz lohnt sich! – Nichts für ungut.

    • Harald

      Schön und gut. Der allzeitig gerne gerühmte Mündige Bürger sollte, aus Eigeninteresse und um Angehörige zu schützen, auf solche Ansammlungen verzichten. Grundgesetz hin oder her. Demonstrieren kann man immer noch in einigen Wochen wieder. Die Gesundheit lässt sich, unter Umständen, nicht so schnell wiederherstellen. “Solidarität” wird auf solchen Demonstrationen gerne und oft eingefordert. Dann sollten diese von den potentiellen Demonstranten auch geübt werden und nicht zu etwas werden, was man nur von anderen fordert. Die Solidarität mit anderen, die, weshalb auch immer, gefährdeter sind bei einer Infektion mit dem Coronavirus.

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