Anti-Corona-, Hygiene- und sonstige -Demos beherrschen seit mehreren Tagen den deutschen Medienmarkt. Verbunden mit der “Querfront”-These erscheint mir das als Versuch, die “Hufeisentheorie” (im vorigen Jahrhundert als “Rechts” und “Links” gleichsetzende “Totalitarismustheorie” mit einer Hochburg am Seminar für Politische Wissenschaften der Uni Bonn populär), wieder im öffentlichen Diskurs zu etablieren. Nachdem sie gerade erst bei der Regierungskrise in Thüringen fulminant nackt ausgezogen worden war. Dass doofe Linke dem Vorschub leisten – geschenkt.
Wenn Sie das ernsthaft interessiert, lesen Sie mal die leider sehr länglichen und dramaturgisch nicht im geringsten ausgearbeiteten Gedanken von Sarah Waterfeld/Freitag vom Berliner Kollektiv “Staub zu Glitzer”. Ihr zentraler Vorwurf: die berichterstattenden Medien wollten sich ihre eingängige Story “durch zu viel Recherche nicht kaputtmachen”. Glaube ich sofort. Aber war das nicht immer so, wie jede* System- und Medienkritiker*in weiss? Klar: unter Corona-Einschränkungen der Grundrechte muss jede*r PR-Arbeiter*in in Turbogeschwindigkeit dazulernen. Und dabei ist der eine oder andere Keilriemen gerissen (oje, jetzt wissen die Jüngeren schon wieder nicht, was das ist).
Rührend dagegen, und wie immer pointensicher, wie der ältere Herr Küppi heute versuchte, Ken Jebsen fernzutherapieren (Video 8 min.). Als Alternative beschrieb er die gerade Furche im Leben des Hans-Christian Ströbele. Ja, die ist nicht leicht zu ziehen, und immer dem Verdacht ausgesetzt, nicht mehr dazulernen zu wollen. Politisch wäre ich aber geneigt, Ströbi, den ich persönlich kennenlernen durfte, davon weitgehend freizusprechen.
Wo bleibt das Positive? Wer von der Essener SPD strafrechtlich verfolgt wird, kann nicht alles falsch gemacht haben. Das kann ich mit meiner Lebenserfahrung, bei der ich auf Willi Nowack getroffen bin, persönlich bezeugen. Leander F. Badura/Freitag schreibt über “Adbuster” Er erinnert daran, wie die u.a. meine alte Heimatstadt Essen verschönert haben. Polizei, Geheimdienste u.a. Aufklärung behindernde Behörden (NSU-Mordserie, Breitscheidplatz-Attentat) wissen noch nicht wirklich, wie sie diese kreativen Demokrat*inn*en drankriegen können.
Höhepunkt meines Lesetages, weil er mein aktuelles politischen Lebensgefühl adäquater wiedergibt, als ich es selbst könnte, ist der unübertreffliche Jürgen Roth/Junge Welt. Er erinnert daran, wie die noch unübertrefflichere Hannah Arendt vor der Expertokratie gewarnt habe. Da Junge-Welt-Links immer nach einigen Tagen in einem Paywall-Archiv verschwinden, klicken Sies schnell. Wenn Sie zu spät dran sind, trösten Sie sich mit diesem epochalen Werk deutschen TV-Schaffens: Hannah Arendt im Gespräch mit Günter Gaus.
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