von FC St. Pauli
Den deutschen Profifußball reformieren

Eine kürzere Vorstellung und Kommentierung des folgenden Positionspapieres von Jan Christian Müller/FR hier.
1.Präambel
Krisen zeigen die Schwächen eines Systems auf, aktuell erkennen wir überdeutlich die Schwächen des Systems Profifußball. Dieser durchlebt derzeit eine Situation, die viele nicht für möglich gehalten haben und die in dieser Form nicht vorhersehbar war. Es zeigt sich, dass die Struktur des Profifußballs ins Wanken gerät und viele Vereine dadurch an den Rand ihrer Existenz getrieben werden.
Aber auch schon vor der Corona-Krise gab es Stimmen, die den zunehmenden Verlust der “Bodenhaftung” des Profifußballs kritisierten. Der Vertrauensverlust und die Entfremdung zwischen Clubs einerseits und Fans sowie Teilen der Gesellschaft andererseits hat sich in den letzten Jahren immer mehr verschärft. Auch sind Visionen und progressive Entscheidungen, die nicht von finanziellen Interessen geleitet werden, bisher im deutschen Profifußball eine Seltenheit.
Dieses in weiten Teilen vorherrschende Bild unseres Sports hat dazu beigetragen, dass die Diskussion zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs sehr kritisch begleitet wurde.
Auch wenn der Restart Mitte Mai durchgeführt wurde, um zahlreiche Vereine und Standorte zu sichern, und zu einer Zeit stattfand, in der Lockerungen für die gesamte Bevölkerung vorbereitet und erste Öffnungen bereits vollzogen wurden, ist das Unverständnis, das dem Profifußball entgegengeschwappte, auch auf die kritische Haltung gegenüber der Entwicklung der letzten Jahre zurückzuführen.
Man wird die Entwicklung nicht rückgängig machen können. Um aber die Entfremdung von den Fans, die die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Branche bilden, nicht noch weiter voranzutreiben, ist eine umfassende Reformierung des Systems Profifußball unumgänglich. Damit dieser Prozess auf mehr als nur Lippenbekenntnisse hinausläuft, bedarf es einerseits einer Verankerung gemeinsam definierter Werte in den Statuten der Verbände DFL und DFB. Andererseits bedarf es aber auch konkreter Reformvorschläge. Diese Werte müssen in einem breit angelegten Diskurs mit allen Beteiligten verhandelt werden: Wie wollen wir -alle, die zum Fußball in Deutschland dazugehören -den Fußball gemeinsam gestalten und daran partizipieren?
Demokratische Kultur, Arbeit für Vielfalt und gegen jede Form der Diskriminierung sowie die Einhaltung von Richtlinien und freiwilliger Kodizes müssen innerhalb des DFB und der DFL gelebt und gefördert werden. Dazu gehört auch die konsequente und transparente Umsetzung gemeinsam mit den Fans, weiteren Interessengruppen der Vereine, wie Sponsoren und Partnern, sowie ggf. externer Expert*innen. Es müssen Ordnungsrahmen und Beschränkungen für die handelnden Personen genauer und enger gefasst werden, um beispielsweise Korruption und Interessenüberschneidungen zu verhindern. Diese Werte und Regeln müssen in das Lizenzierungsverfahren aufgenommen werden, um eventuelle Verstöße unmittelbar und rechtssicher sanktionieren zu können.
Durch Förderung eines fairen Wettbewerbs muss die sportliche Integrität, die Glaubwürdigkeit, die gesellschaftliche und fankulturelle Akzeptanz und die wirtschaftliche Stabilität des Profifußballs gesteigert werden. Ein wirklich fairer Wettbewerb ist nur durch starke Konkurrenz möglich. Die Prozesse – insbesondere der finanziellen Verteilungsmechanismen – der DFL müssen dahingehend extern und unabhängig geprüft werden.
Auf allen Ebenen der DFL und der Vereine muss es eine Neuausrichtung zu nachhaltigem Wirtschaften geben. Dieser Punkt wurde bei der Diskussion um die Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit deutlicher denn je. Der Prozess muss fortlaufend und regelmäßig reflektiert werden, innerhalb der DFL und innerhalb eines jeden Vereins. Wir fordern solide Strukturen, die nicht nur auf schnelle Erfolge abzielen und weitestgehend unabhängig von externen Geldern funktionieren.
Auch soll die Mitbestimmung der organisierten Fans in den Statuten der DFL verankert und Mitbestimmung bei den Vereinen gefördert und keinesfalls weiter beschnitten werden. Ohne wirkliche Mitbestimmung und Teilhabe ist die aktuelle Vertrauenskrise nicht zu lösen.
Daher fordern wir alle Vereine und Clubs auf, ihren Dienstleister, den DFL e.V., zu beauftragen, folgende strukturelle Anpassungen umzusetzen:
• Die durch den Ligenverbund generierten Einnahmen (Medienerlöse, Sponsoring) für eine Attraktivitätssteigerung der nationalen Wettbewerbe gleichmäßiger zu verteilen.
• Die Ausgabenseite (z.B. für Spielergehälter, Beraterhonorare, Ablösesummen) zu kontrollieren und regulieren.
• Nachhaltiges Wirtschaften zu bonifizieren und Umgehungstatbestände zu sanktionieren
2. Fairer Wettbewerb und nachhaltiges Wirtschaften
2.1. Grundsatz

Sport lebt von einem fairen Wettbewerb. In einem professionalisierten Umfeld erfordert dieser nicht nur die Einhaltung der Regeln des Spiels, sondern auch eine faire Regelung des wirtschaftlichen Wettbewerbs. Ein fairer Wettbewerb und nachhaltiges Wirtschaften sind getrennt voneinander nicht vorstellbar. Der Umstand, dass einige Vereine durch Gelder, die nicht aus der eigenen Wirtschaftskraft entstehen, einen Vorteil im Wettbewerb haben, bringt andere unweigerlich in die missliche Lage, hohe wirtschaftliche Risiken eingehen zu müssen, damit sie nicht den sportlichen Anschluss verlieren. In welch prekäre Lagen sich manche Clubs damit manövrieren, haben die vergangenen Wochen gezeigt.
Das wesentliche Steuerungsmittel in puncto nachhaltigem Wirtschaften ist das Lizenzierungsverfahren der DFL, welches auf Basis des gemeinsamen Wertekanons erfolgen muss.
Entscheidende Prämisse für das Gelingen einer Umkehr im Profifußball weg vom stetigen „höher, schneller, weiter“ hin zu einem fairen sportlichen Wettbewerb auf Basis eines wirtschaftlich und gesellschaftlich verantwortlichen Handelns ist das ehrliche Bekenntnis der teilnehmenden Clubs zu diesem Weg. Die neu zu fassenden Regelungen werden nur dann Bestand haben, wenn sich alle für ihre Einhaltung einsetzen, anstatt nach Lücken und unscharfen Definitionen zu suchen. Umgehungstatbestände sowie Finanzierungsinstrumente zur Verschiebung der Verhältnisse der sportlichen Integrität im Wettbewerb müssen unterbunden werden.
2.2. Anforderungen an den fairen und wirtschaftlichen Wettbewerb
Im Profifußball ist für die Qualität der Teams die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der teilnehmenden Clubs von hoher Bedeutung. Demzufolge besteht der Wettbewerb auch im wirtschaftlichen Bereich –der Generierung und dem Einsatz von Geld zur Investition in bessere Spieler, Trainer und Infrastruktur.Im Sinne des Wettbewerbs müssen auch hier einheitliche Regeln gelten und deren Einhaltung überwacht werden. Insbesondere externer finanzieller Einfluss (im Folgenden als „nicht-originäre“ Mittel bezeichnet) stellt die Integrität und Fairness des wirtschaftlichen Wettbewerbs in Frage.
Schon vor der Corona-Krise waren deutliche Fehlentwicklungen und Ungleichgewichte zu beobachten. Die aktuelle Situation hat diese noch sichtbarer gemacht. Das wirtschaftliche Handeln und die bestehenden Regularien im Rahmen
des Lizenzierungsverfahrens der DFL sind dabei im Wesentlichen auf die Betrachtung der Folgesaison und nicht auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit ausgelegt.
2.3. Anforderungen an wirtschaftliche Nachhaltigkeit
Es muss im Interesse aller teilnehmenden Clubs sein, nachhaltig zu agieren. Der Bestand und die Relevanz des Vereins im Wettbewerb soll auch mittel-bis langfristig erhalten bleiben. Noch viel entscheidender ist Nachhaltigkeit allerdings für den Ligenverbund.
Anders als im unkommerziellen Breitensport führt sportlicher Erfolg in der aktuellen Struktur der höchsten Fußballligen zu großen Disparitäten in den finanziellen Voraussetzungen der Clubs. Der Anreiz, durch kurzfristige Maßnahmen oder die Generierung externer Mittel einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, ist hoch. Hierdurch werden auch Clubs in Zugzwang gebracht, die eigentlich nachhaltig wirtschaften wollen. Sie werden gezwungen, erhebliche Risiken einzugehen, die letztlich Wetten auf die Zukunft des Standorts darstellen. Dies stellt auch die Existenz der Organisation des DFL e.V. infrage und wirft Fragen nach der Haftung auf, wenn dieser ungesunde Wettlauf nicht strukturell unterbunden wird.
In der Folge zerstört das die Stabilität des Gesamtsystems. In der aktuellen Krise zeigt sich dies in einer massiven Einschränkung des Handlungsspielraums sowohl der DFL als auch der einzelnen Clubs. Außerdem wird die fehlende Fairness des Wettbewerbs umso deutlicher. Während z.B. Werksclubs durch ihre externe Finanzierung eine hohe Planungssicherheit haben und Strukturen erhalten können, stehen insbesondere eigenständige Vereine vor existenziellen Problemen.
In besonderem Maße absurd wirkt hier, dass gewachsene Traditionsvereine, die durch ihre regionale Bindung und eine große fankulturelle Basis wesentlich zum hohen Interesse an der Bundesliga und damit zu starken Quoten und Reichweiten beitragen, dadurch indirekt die Clubs unterstützen, die sich finanzieller Sonderwege bedienen. Hier muss es zu einer Neuausrichtung und -bewertung kommen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der gesellschaftlichen Absatztendenz stellt die Privatisierung der Gewinne aus dem Fußballgeschäft im Falle eines Überschusses und die Vergemeinschaftung der Kosten zulasten der Steuerzahler*innen im Falle eines Verlusts der Fußballtöchter von Konzernen –gerade in Krisenzeiten mit schwierigen sozialgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aussichten –eine Schwächung des Sozialsystems des Bundes und der Integrität des Wettbewerbs des nationalen Verbandes dar.
2.4. Möglichkeiten zur Schaffung eines fairen und nachhaltigen Wettbewerbs
2.4.1. Prämissen

Abgeleitet aus den beschriebenen Punkten setzen wir die folgenden Prämissen zur Bewertung von Maßnahmen:
• Das Ligensystem (die DFL und ihre Schnittstellen in andere Ligen und die europäischen Wettbewerbe) soll einen fairen und nachhaltigen sportlichen wie wirtschaftlichen Wettbewerb ermöglichen.
• Die DFL muss über die regulatorischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten verfügen, das nationale Ligensystem auch in Krisenzeiten zu stabilisieren und dies nicht von einer gesamteuropäischen Lösung abhängig machen.
• Die wirtschaftliche Stabilität des Gesamtsystems besteht wesentlich in der wirtschaftlichen Stabilität der teilnehmenden Clubs. Ein wirtschaftlicher Wettbewerb, der Fußballvereine zu finanzmarktwirtschaftlichen Akteuren werden lässt, ist zu unterbinden. 50+1 muss bleiben!
• Wirtschaftlicher Wettbewerb ist gleichzeitig auch Teil des sportlichen Wettbewerbs und so lange positiv,wie er in der geschickten Nutzung und Entwicklung der originären Möglichkeiten eines Clubs begründet liegt. Externe Zuflüsse ohne entsprechende Gegenleistungen, wie Stimmenmehrheiten, sollen vermieden werden.
2.4.2. Behandlung finanzieller Mittel nach ihrer Herkunft
Ein Ansatz zu einem faireren und nachhaltigeren wirtschaftlichen Wettbewerb liegt in der strukturierten Betrachtung der Entstehung finanzieller Mittel und der Einschränkung ihrer Verwendung. Zieht man bestimmte Beschränkungen, z.B. hinsichtlich des prozentualen Anteils eines Personaletats in Betracht, so sollten sich diese eher auf die originären Einnahmen beziehen, also die im Ligenverbund oder durch eigene Leistung des Clubs generierten Mittel, als auf externe Zuführungen.
Es folgt tabellarische Darstellung, hier S. 6
2.4.3. Wirtschaftliche Anforderungen an die Clubs im Lizensierungsverfahren
Zusätzlich zur reinen Liquiditätsbetrachtung für die Folgesaison sind in den folgenden Bereichen Anforderungen zu definieren. Dabei sollen nicht-originäre Werte aus der Betrachtung genommen werden. Die originären Einnahmen müssen auf mögliche Verstöße gegen moralische Maßstäbe überprüft und begrenzt werden. Umgehungstatbestände wie im Branchenvergleich überhöhte Marketing-und Sponsoringleistungen sind zu unterbinden.
Eigenkapitalquote
Es ist eine angemessene, nach Rechtsform des Clubs bestimmte Mindestquote für das Eigenkapital festzulegen. Diese stellt eine Eigensicherungsmaßnahme des Clubs dar. Eine Einzelbetrachtung der Eigenkapitalquote, mit Blick auf eine Zuordnung (bspw. einer Etatgröße) ist nicht zielführend, da dies weitere Aktivitäten von Investoren im System Profifußball unterstützen würde.
Begrenzung der Ausgaben bzw. des Etats für den Lizenzspielerkader
Die Kosten des Lizenzbereichs (Gehälter von Spielern und Funktionsteam,dem Lizenzbereich zugeordnete Nachwuchsmannschaften wie U23 und U19, sonstige Betriebskosten) sind auf einen Anteil an den originären Einnahmen zu begrenzen, wobei die originären Einnahmen zu überprüfen sind und ggf. reguliert werden müssen. Nationale Lizenzierungsverfahren oder das UEFA Financial Fairplay sind zwar gute Ansätze, aber es bedarf weitergehender Mechanismen. Eine europäische Lösung unter dem Dach der UEFA muss angestrebt werden.
Periodenübergreifende Bewertung
Die auf eine Saison beschränkte Beurteilung der Clubs ist durch eine periodenübergreifende Betrachtung zu ergänzen. Es ist nachzuweisen, dass der Club unter Fortschreibung der wesentlichen Bedingungen der zu lizenzierenden Saison für mehr als zwei weitere Jahre wirtschaftlich handlungsfähig ist.
Abgrenzung der bewerteten Club-Strukturen
Um nicht-originäre Werte abgrenzen zu können, müssen Konzernstrukturen definiert werden, die den Kern des Clubs ausmachen. Gleiches gilt für Zahlungsströme, die ohne Gegenleistungen erfolgen und Umgehungstatbestände darstellen. Beides bedarf einer externen juristischen Überprüfung und Einordnung.
2.4.4. Neugestaltung der Verteilung der DFL-Medienerlöse und UEFA-Prämien
Zu einem fairen Wettbewerb gehören Chancengleichheit innerhalb einer Liga und auchdie Durchlässigkeit zwischen den Ligen. Gerade die großen Unterschiede in der finanziellen Ausstattung machen es Clubs nach dem Aufstieg sehr schwer, sich in der höheren Liga zu etablieren. Um diese Chance zu steigern und den sportlichen Wettbewerb auf Augenhöhe zu ermöglichen, muss das System der TV-Geldverteilung überarbeitet werden. Ferner ist ein Konzept zu erarbeiten, das die gravierende finanzielle Lücke zu den Clubs der 3. Liga schließt.
Seit jeher ist die Verteilung der medialen Erlöse der Bundesliga das wohl am stärksten umkämpfte Thema. Verständlich, bilden sie in beiden Ligen doch mit jeweils einem knappen Drittel den mit Abstand größten Teil der Gesamterlöse der Clubs. Mit der Vergabe der Rechte für die medialen Verwertungen zur Saison 2017/18 wurde in diesem Zusammenhang ein neuer Verteilungsschlüssel etabliert. Dieser bezieht sich auf die vier Säulen Bestand, Wettbewerb, Nachhaltigkeit und Nachwuchs.
Bezeichnenderweise ist die Nachwuchssäule die einzige, die sich nicht auf die sportlichen Abschlusstabellen zurückführen lässt und mit 2% der Gesamtsumme auch die am geringsten gewichtete ist. Die Nachwuchsleistungszentren sind ein Grundstein für die Zukunft des Profifußballs. Die Nachwuchssäule muss aufgewertet werden und führt damit direkt zu einer stärkeren Förderung von Nachwuchsspielern in den Vereinen, was wiederum zu einer stärkeren Verankerung und Identifikation zwischen den Clubs, dem lokalen Umfeld und den Fans führt. Ebenso sollte einem nachhaltigen Wirtschaften (gemäß der in diesem Papier genannten Kriterien) größeres Gewicht bei der Gestaltung des Verteilungsschlüssels beigemessen werden.
Dass die Beträge bei einem Verteilungsverhältnis zwischen den Ligen von 80:20 verteilt werden, lässt nur den Schluss zu, dass der Status Quo zwischen den Ligen beibehalten werden soll. Dies macht es Aufsteigern nahezu unmöglich, sich in der Bundesliga zu etablieren, da sie in Konkurrenz zu etablierten Bundesligisten stets einen finanziellen Nachteil haben werden. Die TV-Gelder sind gleichzeitig aber der Anreiz für viele Clubs, finanzielle Risiken auf sich zu nehmen, um entweder mit aller Macht in die Bundesliga aufzusteigen und diese unter allen Umständen zu halten oder sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Wozu diese Überinvestitionen führen können, hat die Corona-Krise verdeutlicht, standen doch 13 von 36 Teams laut der DFL unmittelbar vor der Insolvenz.
Dass der Liga-Primus FC Bayern in der Saison 2019/2020 seine achte Meisterschaft in Folge feierte, zeigt dass es nicht nur zwischen den Ligen, sondern auch liga-intern große Diskrepanzen gibt. Von einem Wettbewerb um die Meisterschaft kann in diesem Zusammenhang nicht mehr die Rede sein. Es darf in einer international so renommierten Liga wie der Bundesliga nicht sein, dass die Frage nach der Meisterschaft schon vor dem ersten Spieltag zur Nebensächlichkeit gerät. Heute bekommt der Erste der TV-Tabelle im Vergleich zum Letzten fast das Vierfache (das 3,8-Fache) aus den nationalen Medienerlösen der DFL. Bei den internationalen Medienerlösen der DFL erhält der Erste sogar das ca. 13-Fache des Letzten (in absoluten Zahlen ca. 45 Mio. €).
Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Top-Clubs zusätzliche Gelder aus den UEFA-Wettbewerben erhalten, welche sich für einen Champions League-Teilnehmer in einer Größenordnung von 60-90 Mio. € bewegen (Die Summe entspricht ungefähr dem Gesamtumsatz eines kleineren Vereins in der Bundesliga). Die Champions League wird so zu einer geschlossenen Gesellschaft und schadet den nationalen Ligen. Durch eine Ausschüttung der UEFA-Prämien an die nationalen Ligen bzw. Ligaverbände, können diese Gelder gleichmäßiger und wettbewerbsschonender verteilt werden.
All diese Effekte tragen maßgeblich dazu bei, dass es Etatunterschiede von bis zu ca. 1.000% innerhalb der Bundesliga gibt.
Es kann also nur das Ziel sein, den Wettbewerb auch um die Meisterschaft zu fördern, so dass die Liga an Attraktivität hinzugewinnt. Ein Schlüssel hierfür ist eine gleichmäßigere Verteilung der nationalen TV-Gelder. Die Gelder aus dem Topf der internationalen Medienerlöse müssen hingegen zu gleichen Teilen unter den Clubs einer Liga aufgeteilt werden, um weiteren Ungleichheiten vorzubeugen.
Ferner muss in diesem Zusammenhang auch das Bewusstsein geschärft werden, dass jeder Verein 1/36 der DFL ist. Und anders als in der Realwirtschaft, wo Konkurrenz das Geschäft belebt, kann es im Fußball ohne Konkurrenz gar kein Geschäft geben. Jeder einzelne Club partizipiert am und profitiert von diesem Wettbewerb und nicht andersrum. Kein Verein steht über dem Ganzen. Mit diesem Bewusstsein muss die DFL auch den Big Playern entgegentreten und sich nicht mit Phantastereien wie bspw. einer wie auch immer geARTEten Super League erpressbar machen.
Die Neuvergabe der TV-Rechte zur Saison 2021/22 bietet eine einmalige Gelegenheit, dieses Ungleichgewicht zu korrigieren und beide Bundesligen zu stärken.
Hinzu kommt, dass TV-Vertragspartner ihr Geschäft nicht karitativ betreiben, sondern auch einen Teil vom Kuchen haben möchten.Und auch wenn die DFL alle Zutaten für den Kuchen hat, so besitzen die TV-Anstalten derzeit noch den Backofen. Und das macht den Profifußball extrem abhängig, obwohl er es nicht sein müsste. Hier stellt sich zukünftig die strategische Frage „Make or Buy?“. Ein eigener medialer Vertriebsweg der DFL könnte weitere Erlöspotenziale heben, darf aber nicht zu einer dezentralen und getrennten Vermarktung der Ligen oder Clubs führen.
2.4.5. Financial Fairplay
Die grundsätzliche Idee des Financial Fairplay ist es, dass Vereine nicht mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen. In der Realität ist dabei ein Minus von 30 Mio. € auf europäischer Ebene noch zulässig, selbst bei noch höheren Beträgen erfolgt nicht zwingend eine Bestrafung, wie Vorgänge in jüngster Vergangenheit zeigten. Die grundsätzliche Idee des Financial Fairplay ist dennoch gut und richtig und sollte für die DFL in Betracht gezogen werden. Eine mögliche Orientierung dafür findet sich in der 3. Liga. Dort hat der DFB ein Financial Fairplay eingeführt, welches zum einen die wirtschaftliche Lücke zwischen 3. Liga und DFL verringern soll und zum anderen für Vereine Anreize schafft, solide zu wirtschaften, um sich unabhängiger von externen Geldgebern zu machen. Das Konzept besteht aus zwei verschiedenen Töpfen: einem Nachwuchsfördertopf, in dem sowohl die Arbeit der jeweiligen NLZ als auch die Einsatzzeiten von U21-Spielern belohnt werden, und einem zweiten Topf, welcher danach ausgerichtet ist, ob ein Verein ein positives wirtschaftliches Saisonergebnis erzielt hat und wie hoch seine Planungsqualität war. Ein vorab kalkuliertes Minus, beispielsweise für eine in den Folgejahren gewinnbringende Investition, kann mitunter sogar belohnt werden. Eine Obergrenze für dieses Minus wäre auch in der DFL zwingend erforderlich. Vereine, die sowohl erfolgreiche Nachwuchsarbeit betreiben als auch eine positive wirtschaftliche Bilanz aufweisen und ihre Planungen einhalten konnten, erhalten entsprechend Geld aus beiden Töpfen. Nach diesem Vorbild fordern wir auch ein nationales Financial Fairplay, welches nicht eine Öffnung von 50+1 nach sich zieht.
In Bezug auf die DFL muss man derartige Überlegungen mitdenken, wenn es um die Neuverteilung der TV-Gelder geht.
2.4.6. Risikomanagement
Neben den Risiken im sportlichen Bereich und den direkten wirtschaftlichen Risiken sind auch Faktoren im technischen, organisatorischen und personellen Bereich sowie gesellschaftliche Veränderungen wichtige Einflussfaktoren für die nachhaltige unternehmerische Entwicklung der Clubs. Um diese Risiken im Blick zu halten und
handlungsfähig zu sein, muss jeder Club ein Risikomanagementsystem einführen und konsequent betreiben. Unternehmerische Risiken sollen analysiert, bewertet und, soweit möglich, mit Gegenmaßnahmen versehen, kontrolliert und gesteuert werden. Die Mindestanforderungen an dieses System und ein verbindliches Set an zu betrachtenden Risiken sind seitens DFL vorzugeben und in der Lizenzierung zu prüfen.
Auch die DFL selbst muss ein Risikomanagementsystem betreiben. Dieses muss sich auf ihr eigenes unternehmerisches Handeln, aber auch auf die externen Risiken beziehen, die die Gesamtentwicklung der höchsten beiden Profiligen betreffen.
Das bislang praktizierte Risikomanagementsystem in Form der Lizenzierung hat dem deutschen Profifußball zwar bereits ein deutlich stabileres Fundament gegeben, als es in anderen europäischen Ligen der Fall ist, aber die Corona-Auswirkungen haben auch unter Beweis gestellt, dass es längst nicht ausreichend ist. Es bedarf darüberhinausgehender Instrumente zur Risikoanalyse, zur Regulierung des Ausgabeverhaltens und zur Sicherung der Liquidität und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit.
2.4.7. Rolle der Clubs außerhalb von 50+1
Clubs, deren Struktur nicht den Grundsätzen von 50+1 entspricht, müssen eine nachrangige Rolle bei der Verteilung der im Ligenverbund generierten Mittel hinnehmen, sofern die wirtschaftlichen Vorteile ihrer Struktur nicht auf anderen Wegen ausgeglichen werden.
Der Fußball mit seiner Geschichte und den damit verbundenen Werten ist untrennbar mit dem Grundgedanken eines eingetragenen Vereins verbunden. Nur in dieser durch Mitglieder gestalteten Vereinskultur konnte der Fußball zu dem werden, was er größtenteils in Deutschland heute noch ist. Wenn wir von den wenigen Vereinen absehen, die dieses Prinzip umgehen, ist es auch heute noch die von der überwiegenden Mehrheit gelebte Praxis.
Das zentrale Element in einem Verein sind die Mitglieder. Nur wenn die Mitgliedschaft im Verein für alle bezahlbar ist, gibt es die Möglichkeit eines echten Vereinslebens, welches nicht nur formales Alibikonstrukt ist. Eine realistische Möglichkeit zur Mitbestimmung und Teilhabe eines jeden Mitglieds muss daher verpflichtender Inhalt des Lizenzierungsverfahrens und sogar bonifiziert werden, da das demokratische Wesen eines eingetragenen Vereins als Arbeit an der Gesellschaft wertzuschätzen ist.
2.4.8. Rolle der DFL
Der Kern der Verantwortlichkeiten der DFL als Dienstleister der 36 Profifußballvereine ist die Vermarktung gemeinsamer Rechte und die Lizenzierung der an ihren Ligen teilnehmenden Clubs. Darüber hinaus wird ihre Rolle bei der Stabilisierung des Ligensystems und der Sicherung eines fairen sportlichen, wirtschaftlichen wie auch sozial nachhaltigen Wettbewerbs gestärkt. Die DFL muss eine Haltung entwickeln, die sich auch eine Regulierung und Orientierung abseits des ewigen Dogmas der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zutraut. Auch vor dem Hintergrund der fehlgeleiteten Verteilungsstrukturen konnten international in der vergangenen Dekade nur in drei Saisons internationale Finalteilnahmen erreicht werden. Die These einer noch ungerechteren Verteilung zur Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist damit widerlegt.
Schaffung eines Zukunfts-und Sicherungsfonds
Aus einem Teil der Einnahmen der DFL ist Vermögen zu bilden, mit dem das Ligensystem wirtschaftlich stabilisiert werden soll. Dieses Vermögenergibt sich aus einem prozentualen Anteil pro Verein, der sich an den Medieneinnahmen orientiert. Zu unterbinden ist dabei eine Finanzierung durch Externe. Es ist einzusetzen für
– Abmilderung großer, die gesamte DFL betreffende Krisen (z.B. plötzlicher Zahlungsausfall der TV-Gelder, Pandemie)
– Ausgleich von Einbußen eines oder mehrerer Clubs aufgrund höherer Gewalt (z.B. Erdbeben, Störfall Atomkraftwerk)
– größere Zukunftsinvestitionen der DFL (z. B. Aufbau einer Eigennutzung der TV-Rechte, ligaübergreifende Maßnahmen zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit)
Nicht zulässig ist eine Verwendung zur Stützung einzelner Clubs, die aufgrund eines erweiterten eigenen Verschuldens in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.
2.5. Corporate Social Responsibility (CSR)
Wie jedes Wirtschaftsunternehmen, sollten auch die Proficlubs, auch und vor allem aufgrund ihrer öffentlichen Relevanz, dazu verpflichtet sein, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Dabei geht es nicht nur um die Durchführung sozialer Projekte, wie sie nahezu alle Clubs im Portfolio haben, sondern um die Erstellung und Umsetzung eines CSR-Konzepts für das gesamte Unternehmen. Dazu gehört der faire Umgang mit Konkurrenz ebenso wie der nachhaltige Einsatz von Ressourcen, der Umweltschutz, eine auf die Förderung von Diversität und Inklusion ausgelegte Personalpolitik und entsprechendes Stakeholder Management sowie gesellschaftlich verantwortliche Lieferketten und eine entsprechende Wirkungsmessung.
Während die Ausprägung des jeweiligen CSR-Systems natürlich den einzelnen Clubs im Rahmen ihrer unternehmerischen wie örtlichen Gegebenheiten obliegt, ist es Aufgabe der DFL, Mindestanforderungen zu definieren und diese in geeigneter Form im Lizenzierungsverfahren zu prüfen.
Ein Instrument dazu wäre die Verpflichtung zur Erstellung einer Gemeinwohlbilanz, die im Gegensatz zur Wirtschaftsbilanz nicht nur die rein ökonomischen Leistungen eines Unternehmens bewertet. Sie kann die gesellschaftliche Wirkung eines Unternehmens auf Basis ökonomischer, ökologischer und sozialer Kriterien quantitativ und/oder qualitativ dokumentieren. Die Berücksichtigung gemeinwohlorientierten Handelns im Rahmen der wirtschaftlichen Prüfung des Lizensierungsverfahrens stärkt die Ausrichtung der Vereineauf ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement. Ein fußballspezifischer Kriterienkatalog wäre diesbezüglich von der DFL zu entwickeln und in das Lizensierungsverfahren zu integrieren sowie ggf. auch aus den zentralen Einnahmen des Ligaverbunds zu bonifizieren. Die DFL muss sich nicht nur hinsichtlich ihres eigenen Handelns eingehend mit dem Thema Corporate Social Responsibility befassen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, sondern auch geeignete Strukturen schaffen, die die Clubs in ihren CSR-Bestrebungen unterstützen.
Weiter wäre die Einführung eines Code of Conduct, also eines Verhaltenskodex, auf den sich der Verband und alle Mitglieder verpflichten, sinnvoll. Natürlich müssen Verstöße gegen diese Selbstverpflichtung auch Konsequenzen nach sich ziehen.
2.6. Sportgerichtsbarkeit
Es benötigt im Ligabetrieb eine faire und transparente Sportgerichtsbarkeit seitens des DFB, die insbesondere Unsportlichkeiten auf dem Rasen mit einem direkten Bezug auf das Spiel sanktioniert. Transparente, nachvollziehbare und vergleichbare Urteile stärken die Integrität des Wettbewerbs. Das DFB-Sportgericht sollte sich aus drei unabhängigen Jurist*innen zusammensetzen, die von der DFL, dem DFB und den Landesverbänden bestimmt werden. Eine besondere Nähe zu den Gremien solltevermieden werden. Es wird eine Prozessordnung erstellt, die den Besonderheiten der bundesweit verteilten Prozessbeteiligten entspricht. Insbesondere die Fristen und der Gerichtstand sollten den Gegebenheiten angepasst werden. Einsprüche, die innerhalb von24 Stunden eingelegt werden müssen, und Terminierungen innerhalb von Wochenfristen ohne Möglichkeit der Verschiebung sollten der Vergangenheit angehören. Es wird ein Straf-und Maßnahmenkatalog erstellt, der die Urteile nachvollziehbar werden lässt. Bei Beteiligung Dritter werden ausschließlich Handlungen geahndet, die eine unmittelbare Auswirkung auf das Spiel haben oder die Fortsetzung des Spiels verhindern.
2.7. Jugendförderung und Vereinswechsel im Jugendbereich
Ausbildung und Förderung von Nachwuchsspielern muss für die Vereine uneingeschränkt attraktiv sein. Grundsätzlich ist das Instrument der Ausbildungsentschädigung nicht nur zu erhalten, sondern massiv auszuweiten und im Einklang mit der Berufsfreiheit so weit wie möglich zu stärken. Der Erhalt der Nachwuchsmannschaften bis zur U23 muss für Vereine der ersten und zweiten Bundesliga verpflichtend sein. Die Ausbildungsarbeit der Vereine durch die Nachwuchsleistungszentren muss weiter gefördert, finanziell unabhängig von Ligazugehörigkeit gesichert und mehr als bisher zur Auflage des Lizenzierungsverfahrens werden.
Das Abwerben von Nachwuchsspielern bis zur A-Jugend muss generell deutlich restriktiver reglementiert, modernisiert und überprüfbar sein. Indirekte oder direkte Vorteile zugunsten vereinsexterner Dritter durch einen Wechsel von Nachwuchsspielern sollen zuverlässig verhindert bzw. sanktioniert werden. Die Local-Player Regelung ist zu erhalten und weiter auszubauen.
Durch die Einführung eines Doppelspielrechts bis einschließlich U14 können auch Vereine ohne NLZ finanziell partizipieren, um ihrerseits wieder in Nachwuchsförderung zu investieren. Dadurch werden die Jüngsten in ihrem Umfeld und Stammverein belassen. Trotzdem besteht die Möglichkeit, neue Reize zu setzen. Dazu können Vereinspartnerschaften aufgebaut und lokale Synergien geschaffen werden. Alle Entschädigungen bleiben im Jugendfußball.
Die Abstellung von NLZ-Spielern zu Auswahlmaßnahmen für den Trainingsbetrieb soll freiwillig werden. Lediglich für die Leistungsvergleiche haben die NLZ eine Abstellungspflicht gegenüber dem zuständigen Landesverband. Die Nationalspieler bleiben von dieser Abstellungspflicht ausgenommen. Eine unabhängige Institution könnte insbesondere in diesem Punkt die „Spielregeln“ zur Ausbildung von Talenten beurteilen.
Wechsel von Jugendspielern ab U10 sollen nur noch in ein NLZ einer höheren Kategorie möglich sein. Die stärkere Reglementierung der Vereinswechsel bei Jugendlichen unterstützt die regionale Förderung von Talenten sowie einen fairen Wettbewerb. Auch wird das Berater*innenwesen für Kinder und Jugendliche stark eingeschränkt. Kinder und Jugendliche bleiben im familiären Umfeld, haben aber immer die Möglichkeit, von unten nach oben in eine Top-Ausbildung zu gehen. Zusätzlich entsteht ein Anreiz für die Vereine, in die Nachwuchsausbildung zu investieren und eine möglichst hohe NLZ-Kategorie zu erhalten.
3. Fan-Interessen innerhalb der DFL
Fußball lebt durch seine Fans und Emotionen. Das „Produkt“ Fußball im Fernsehen funktioniert nicht mit einem Blick auf leere Ränge und ohne Stimmung. Von der Atmosphäre und den durch Fans erzeugten Bildern profitiert die Bundesliga in erheblichem Maße. Nicht umsonst gilt die Bundesliga gerade aufgrund ihrer Fankultur als eine der besten und attraktivsten Ligen der Welt.
Nahezu alle Themen innerhalb der DFL haben einen direkten bzw. indirekten Einfluss auf Fans und Fankultur. Im Normalfall sollte man also davon ausgehen, dass die Fans auch gehört und bei Entscheidungen einbezogen werden. Aktuell werden sie allerdings oftmals vor vollendete Tatsachen gestellt. Es ist daher essenziell, den Fans die Möglichkeit zu geben, auf Augenhöhe an dem Diskurs und letztlich auch an den Entscheidungsprozessen innerhalb der DFL teilzunehmen.
Auch die DFL würde bei zukünftigen Entscheidungen durch eine Interessenvertretung der Fans profitieren. „Fanunpopuläre“ Entscheidungen und Maßnahmen, die Reaktionen wie Spielboykotte und Proteste (im schlimmsten Fall bis hin zu Spielabbrüchen) hervorrufen, könnten abgeschwächt oder im besten Fall verhindert werden.
Die Fans sollen in einem Beirat, der dem DFL-Präsidium angegliedert ist, zu allen fanrelevanten Angelegenheiten angehört werden und eine Empfehlung abgeben. Sollte dieser Empfehlung nicht Folge geleistet werden, muss die Ablehnung nachvollziehbar begründet werden. Dies dient auch der Transparenz im ansonsten wenig transparent erscheinenden Konstrukt Profifußball.
Die Entsendung der demokratisch legitimierten Fanvertreter*innen sollte jenen Organisationen und Arbeitsgruppen überlassen werden, die sich fanszenen-und vereinsübergreifend mit der Materie beschäftigen. Diesen Organisationen und Arbeitsgruppen kann die Bildung einer Arbeitsgruppe „Fanvertretung DFL“ auferlegt werden. Dabei ist sicherzustellen, dass diese Arbeitsgruppen dauerhaft zugänglich für alle Fans sind, die sich engagieren wollen, um für eine Legitimation und breite Akzeptanz in den Fanszenen zu sorgen.
DFL-Taskforce „Zukunft Profifußball”
Auch in den geplanten DFL-Taskforces zur Zukunft des Fußballs müssen Fanvertretungen von verschiedenen Organisationen zwingend Stimm-und Gestaltungsrecht erhalten. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch die Interessen derjenigen, die den Fußball zu mehr als einem Geschäft werden lassen, ausreichend Beachtung finden. Darüber hinaus müssen eine oder mehrere Taskforces nicht nur durch die DFL organisiert und begleitet werden, sondern zumindest unter einem gemeinsamen Dach mit dem DFB eingerichtet werden. Es geht bei einer Neuausrichtung nicht nur um die 36 Profifußballvereine der 1. und 2. Bundesliga, sondern es müssen auch Auswirkungen auf die mehr als 24.500 weiteren Vereine mitgedacht werden.
4. Fazit
DFL und Vereine müssen anerkennen, dass der Fußball in Deutschland weitaus mehr als ein Geschäft ist. Er lebt erst durch die emotionale Bindung von Millionen Menschen an diesen Sport und darf sich folglich bei grundlegenden Entscheidungen nicht nur von wirtschaftlichen Interessen leiten lassen, sondern hat die Interessen aller Vereine und deren Mitglieder zu vertreten. Als gesellschaftlicher Akteur ist er zudem in der Pflicht, seiner Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit gerecht zu werden und somit auch gesellschaftliche, politische und soziale Themen zu berücksichtigen. Dazu gehört insbesondere auch der Gedanke an einen fairen und integren Wettbewerb. Hier bietet sich auch die Chance, wieder zum Vorbild zu werden: für die Gesellschaft insgesamt, für die Millionen, die jede Woche auf oder neben dem Platz stehen, aber auch für Vereine und Organisationen in anderen Ländern, welche sich derzeit in einer ähnlichen Situation befinden. Die Clubs der DFL müssen sich proaktiv positionieren und vorweggehen, ohne dabei auf europäische Entscheidungen zu verweisen oder gar zu warten. Auch wenn der Weg möglicherweise kurzfristig sogar Wettbewerbsnachteile mit sich bringen könnte, sollte die Liga als Vorbild und Vorreiter vorangehen, um andere Ligen, Verbände und Interessensgruppen mit sich zu ziehen und von dem Weg zu überzeugen.
Eine Neuausrichtung der Prioritäten, die in der Vergangenheit in der Reihenfolge Wirtschaft, Sport und dann Fans/Kultur waren, hin zu Sport, Fans/Kultur und dann Wirtschaft würde zur Gesundung des Systems einen wesentlichen Beitrag leisten.
Dieser Beitrag ist der Homepage des FC St. Pauli entnommen, gekürzt um eine tabellarische Darstellung (s. Hinweis oben).

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