Beueler-Extradienst

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Welche Chancen gibt es?

Gestern habe ich einen wohlmeinenden Kommentar von taz-Chefredakteurin Winkelmann als vergeblich bezeichnet. Daran muss sich die Frage anschliessen: was ist möglich? Die Zeit drängt. Weder Virus noch Klimawandel machen Ferien. Sibylle Berg/Sp-on hat ihre Antwort darauf versucht. Die Richtung stimmt. Es bleibt dabei ein zentrales Problem: individuelles Verhalten wird ebenfalls vergeblich bleiben. Ohne Politik geht es nicht.
Auch hierzu gibt es Versuche. Es fängt in unserer Stadt an. Vor Corona wäre die Grüne Katja Dörner klare Favoritin als neue OB gewesen. Nach Corona und dem damit verbundenen Verschwinden jeder oppositionellen Alternative in Bund und Land ist sie es nicht mehr. Sondern es ist spannend. Was Dörner will, ist, wie immer bei den Grünen, gut durchdacht. Spannend wird es immer hinterher: was wird auch vollbracht?
Amtsinhaber Sridharan hat 2015 davon profitiert, dass ein Mann seines fremd klingenden Namens als CDU-Kandidat an sich schon ein Fortschritt war, gegenüber allem, was bis dahin über diese Partei bekannt war. Zwar ist er nach seinem Wahlsieg nicht weiter nach rechts abgebogen, hat aus meiner Sicht nichts Schlimmes ausgefressen, ausser halt, was derzeit hier gründlich aufgelistet wird. Was vom Amtsinhaber aber komplette Fehlanzeige ist, sind neue Impulse, ein Lokomotivführer für den Fortschritt in unserer intellektuell träge gewordenen Stadt(verwaltung). Kein Wunder: der Mann ist halt kein Inder, wie viele angesichts seines Namens glauben, sondern Bornheimer! Und entstammt keiner Ideenschmiede, sondern der Stadtverwaltung von Königswinter. Was hätte da also kommen sollen? Heute sind wir also schlauer. Aber wieviele?
Naja, was bedeutet das kleine Bonn? Einerseits darf das nicht übertrieben werden. Andererseits ist es nicht übertrieben, der NRW-Kommunalwahl am 13.9. eine bundesweite Bedeutung zuzuschreiben. Denn sie wird zeigen, was der CDU-Kandidat Laschet mitsamt seiner Männerschaft (auch seine Konkurrenten sind NRWler) mit exzellenten Meinungsumfragen im Rücken in der wahren Welt politisch zu leisten imstande ist.

Scholz-Zug?

Ich verehre Robert Misik für seinen historischen Optimismus. Ich halte den für eine notwendige Fähigkeit für alle, die sich politisch engagieren wollen. Doch was er nun Olaf Scholz alles an Hoffnungen auflädt, das halte ich für gut geträumt. Dafür kenne ich den Olaf zu gut. Demoskop*inn*en und Sozialdemokrat*inn*en betreiben gegenwärtig eine überdosierte Autosuggestion. Gut, wenn sies brauchen, bitteschön. Aber die Dosis! Die war schon bei Martin Schulz zu hoch. Was könnte jetzt von Scholz kommen, was von Schulz nicht kam? Ich lasse mich gerne überraschen.

Die Freiheit, die es gibt, auch nutzen!

Das ist die zentrale These von Klaus Moegling/telepolis. Die halte ich für richtig. Er denkt strategisch und politisch da weiter, wo Sibylle Berg (s.o.) angefangen hat. Es liest sich ein bisschen wie ein kompaktes Reformprogramm einer nächsten Regierung, egal wer sie bildet.
An zwei Stellen möchte ich inhaltlichen Einspruch einlegen. Die von Moegling dargelegte “UNO-Reform” wird seit langem auch vom deutschen Auswärtigen Amt propagiert. Ihr fehlt jedoch jede realpolitische Grundlage. Voraussetzung für eine solche Reform wäre – wie übrigens genauso in der EU – Konsens, also eine Diplomatie, die auch Verbrecherregimes davon überzeugen müsste. Denken wir mal scharf nach, was für “Argumente” da wohl aufgeboten werden müssten … Dieser Konsenszwang fesselt auch die Machtexpansionsgelüste aller Bundesregierungen. Sie leiden lautstark aber folgenlos. Die UNO wird bleiben, wie sie ist. Es sei denn, Donald sprengt sie in die Luft – dann würde vieles mitfliegen, was wir bedauern würden, die Abwesenheit von Krieg z.B. Jede Bundesregierung wäre gut beraten, ihre Strategien nicht dagegen, sondern darauf zu bauen.
Der andere Punkt bei Moegling ist der Verweis auf den gescheiterten “realen Sozialismus”. Der stimmt zwar. Aber unklar bleibt, wofür oder wogegen er ein Argument sein soll. Moegling lehrt u.a. in Kassel und in Marburg. Vielleicht wird er dort noch von Menschen behelligt, denen er damit begegnen will. Ich kenne solche nicht mehr.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Joachim Petrick

    Korrigiert:

    Anders als J. Maynard Keynes ändert Olaf Scholz Meinung nicht, weil sich Fakten sondern Stimmungen ändern. 2020 ändern sich durch Corona Krise Fakten, aber Stimmung in der Wirtschaft bleibt, Krisen seien durch Geld statt politische Reformen zu heilen, weg von subventionierter Globalisierung Exportstruktur hin zur Glokalisierung, Stärkung mikroökonomischer Strukturen, verankert durch Grund, Boden, Agrarwirtschaft, Reformen, Steuer Reform, Ansiedlung bäuerlicher Kleinbetriebe, weniger Konsum mehr Vermögen, hohe Einkommen zu besteuern, abgesichert durch Privathaushalt Kaufkraft Stärkung, vernetzten Umwelt-, Klimaschutz. Damit Bevölkerung anhaltende Stimmung in der Wirtschaft toleriert,
    verteilt Scholz befristet Mehrwertsteuer Senkung, Kurzarbeitergeld an Arbeitnehmer, Umsatzersatzleistung an Freiberufler, Solo-Selbständige.

    „Mein Führer“, schrieb Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht (1877-1970) an Hitler
    19. Januar 1939, bei Aufrüstungs- Vierjahresplan Reichskommissar Hermann Görings Versuch, die Welt vom Gelde zu befreien, wolle er nicht dabei sein.

    Schacht finanziert ab 1933 deutsche Aufrüstung durch MEFO Wechsel Praxis, am Staatshaushalt vorbei, diese vor internationaler Finanzwelt zu verschleiern, Schattenreich zu schaffen, in dem Wechsel privater Metallurgischer Forschung AG (Mefo) in unbegrenzter Höhe zuletzt 12 Milliarden RM zu 4 % verzinst durch Reichsbank verbürgt im militärisch-industriellen Rüstungskomplex III. Reiches, Fälligkeitstag 31. Oktober 1938 im Umlauf waren.
    Niemand wollte 1939 Krieg, aber national, international maßgebliche Akteure wollten spekulativ Staatsbankrott III. Reiches weiter verschleiern und sei es durch Krieg.

    Geht es 2020 anders als 1939 nicht um Kriegsgefahr, sondern darum zu konstatieren, dass wir seit Nine Eleven01 ohne Ende im Krieg gegen internationalen Terrorismus sind. Nicht, weil Niemand Krieg beenden will, sondern Finanzierung Krieges weiter zu verschleiern, in USA 20 Billionen $ Staatsschulden, bei Wehretat 700 Milliarden $ /anno?

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