Der Flughafen und seine erste Kundin
Das DLF-Wochenendjournal bot heute morgen wie immer erstklassigen Journalismus. Es war auch keine Wiederholung, keine Fiktion. Nein, der Flughafen in Berlin soll tatsächlich fertig sein (Audio 42 min). Es lässt sich kaum ein Symbol denken, das so teuer, und ein so gewaltiger Irrtum der Geschichte ist: das starrköpfig im Gestern verharrende Deutschland setzt Denkmäler in die Welt, auf dass die sich ewig an diese Desaster erinnere.
Die Welt wird – nicht nur im Augenblick des heute, sondern historisch – von zwei globalen Krisen im Schwitzkasten gehalten, an denen sich entscheidet, ob und wie es mit der Menschheit weitergehen kann: die Klimakrise und die Viruskrise. Beide sind nur durch entschlossenes kooperatives globales Handeln zu bewältigen. Sie hängen sachlich mehr zusammen, als uns lieb sein kann. Das kleine aber ökonomisch starke Deutschland, seine Regierung und seine herrschenden Klassen, scheinen entschlossen, angesichts dieser Probleme von der Welt da draussen lieber nichts mehr wissen zu wollen.
Ausgerechnet auf dem bisherigen Höhepunkt beider Krisen wird ein Grossflughafen fertig. Als wären die Probleme noch nicht gross genug, lässt DLF-Reporter Chrisoph Richter in seiner hervorragenden Arbeit auch keins aus. Teurer als der Flughafen ist meines Wissens nur die deutsche Fluggesellschaft, die nach ihrer Privatisierung 1997 jetzt noch 9 Mrd. € Corona-Subventionen erhält, während Bund und Kommunen 4 % Gehaltserhöhung für ihre systemrelevanten Beschäftigten als “zu teuer” ablehnen. Und sich jetzt schon wundern über den Personalmangel an Pflegekräften in den Intensivstationen- Sowas kommt von sowas.
Die Verbreitung des Covid-19-Virus zeichnet exakt die expansive globale Mobilität von Menschen und Gütern nach, die vor keinem Naturraum, Lebensraum anderer Lebewesen als des Menschen, mehr Halt macht. Die deutschen Hotspots sind die Massentierhaltungen inkl. ihrer sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen für die Menschen, die hochmobile Pendlerregion Rhein-Ruhr (ähnlich: die Grenzregionen zu Belgien und Tschechien), sowie die Bergtourismus-Hotspots in Bayern bis hinüber nach Österreich. Die Flughäfen sorgen für die weltweite Verteilung.
Der personifizierte Unglücksengel der Bundesregierung ist ihre Agrarlobbyministerin. Sie hat nicht nur als Vorsitzende der EU-Agrarlobbyminister*innen noch grössere Milliardensummen als Agroindustriesubventionen durchgewunken – also Klimaschädigung auf Staatskosten. Sie war auch die Erste, die auf diesem vermaledeiten unseligen Flughafen landete. Ihr Platz in der Geschichte ist also gesichert.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net