Sind fähige Spindoktoren tot und ausgestorben? Ist die Verachtung von Dominic Cummings etwa wohlbegründet?
Mitleid. Alpträume. Als ich grübelnd wach wurde, hatte Ulrich Horn schon geschrieben. Warum quatscht sich Armin Laschet um Kopf und Kragen? Sind seine Berater*innen unfähig? Ist er unberatbar? Eine freifliegende Kanonenkugel? Spielt seine Frau keine Rolle? Ich suche in der Suchmaschine.
Die Geschichte, die Susanne Laschet – die Dame arbeitete übrigens 1985-89 in Bonn, bei Röhrscheid – im “Kölner Treff” des WDR auftischte, klingt, egal, ob sie wahr ist oder nicht, wie von den Extradienst-Gastautoren Hans Conrad Zander und Georg Bungter ausgedacht. Eine damit verwandte Küche ist die von Nathanael Liminski, seinem NRW-Staatskanzleichef. Einer der wenigen, die als Laschet-Berater bekannt sind. Liminski gehört zur reaktionären Benedikt-Fraktion der Katholischen Kirche. Die müssen die Kirchentür vom Amtsgericht zunageln lassen, damit niemand mehr raus kann. Was bei “SPDqueer” über den zu lesen ist, liest sich zwar wie eine Pflichtmäkelei einer an Bedeutung verlierenden Opposition, ist aber wohl in Wahrheit ungefähr das, was viele Berliner Seilschaften denken, und lediglich klugerweise nicht öffentlich aussprechen. Andere Berater haben den wenigen verfügbaren Analysen zufolge weit geringere Bedeutung. Viele seiner Parteigänger treibt der Mann zur Verzweiflung.
Sein “Partner” Jens Spahn war allenfalls dafür gut, den immer unwichtiger werdenden CDU-Vorsitz zu ergattern. Beinahe hätte gerade der es noch vermasselt. Nun sorgt er – wie von Angela Merkel vorgesehen? – für seine eigene Demontage. Und immer, wenn ich denke, mehr geht nicht, setzt er noch einen drauf. Ist der Kerl Doppelagent? Für wen bloss?
Eine Lesart wäre: die westdeutschen Provinzlinge kommen im Irrenhaus Berlin nicht zurecht. Hannelore Krafts Aversion war keine Kapitulation, sondern Selbstschutz. Ebenso, dass Malu Dreyer solche Gedanken niemals öffentlich ventiliert. Kurt Beck, Matthias Platzeck, Annegret Kramp-Karrenbauer und nun Laschet. Bei letzteren beiden kann ich in Körpersprache und Mienenspiel erkennen, wie sie fremdeln, es vielleicht schon zu hassen gelernt haben. Mir würde es ähnlich gehen.
Wie anders der Södermarkus. Der scheint nach meinem Eindruck sogar einen Journalisten zu halten, der für ihn das öffentliche Bild seiner Berater*innen gestaltet: Christian Deutschländer vom Münchner Merkur, der sein Sittengemälde gleich mehrfach verwertet. Selbstverständlich wickelt Söder nicht nur Bäume, sondern auch Spiegel-Redakteurinnen um den Finger, das gehört zur “Professionalität”. Ich habe mal zur Bonner Hauptstadtzeit eine Stern-Redakteurin mit Cem Özdemir bei meinem damaligen Lieblingsitaliener “erwischt”. Vieles funktioniert im wahren Leben so einfach, wie es sich die Leute am Tresen meiner Fussballkneipe, als die noch auf war, vorgestellt haben.
Norbert Walter-Borjans, falls Sie nicht wissen, wer das ist: der SPD-Vorsitzende, sagte jüngst in der Berliner Zeitung über Söder: “Seine Kunst besteht darin, sich ein Thema vorzunehmen, mit dem er dann in die Pressekonferenz geht – und für das er auch gleich einen Termin bei den ‘Tagesthemen’ oder im ‘Morgenmagazin’ hat.” Haben Sies bemerkt? Er hat “Kunst” gesagt.
Den Kerl würde ich nie im Leben wählen. Aber Laschet habe ich ja auch nie gewählt. Die wollen meine Stimme nicht. Wer von ihnen eindeutiger siegen will und kann bzw. könnte, das wird immer erkennbarer. Und bei dem Anblick hätte ich doch lieber wieder eine Frau.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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