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Grüne warnen vor Linksextremismus

Es ist Wahlkampf und Bundesinnenminister Seehofer hat den Bericht seines Bundesamtes für Verfassungsschutz vorgelegt. Interessant zu sehen ist, wie der derzeitige Koalitionspartner der Union, also die SPD, und wie der mögliche künftige Koalitionspartner, also Bündnis 90 Die Grünen, auf die Aussagen dieses Berichts reagieren.
Der Verfassungsschutz sieht mal wieder rechte und linke Gewalt als etwa gleich schweres Problem für die innere Sicherheit dieses unseres Landes. Die Linke fordert erneut die Auflösung dieses überflüssigen und für die Demokratie gefährlichen Bundesamtes. Ihre Abgeordnete Martina Renner findet: “Ein Bundesamt, das auf der politischen Linken schon die Verwendung des Klassenbegriffs als Hinweis auf ‘Verfassungsfeindlichkeit’ bewertet, aber die neurechten Ideologielieferanten – nicht nur für die AfD – jahrzehntelang ignoriert, braucht kein Mensch. Die von der LINKEN seit Jahren geforderte Unabhängige Beobachtungsstelle Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus wäre zur Aufklärung der Gefährdung der Demokratie die bessere Alternative.”
Lambrecht will Geld für Antifa
Die Bundesjustizministerin, Christine Lambrecht äußerte sich ebenfalls zum Bericht ihres Kollegen Seehofer. Allerdings stellt für sie “Linke Gewalt” im Moment nicht das Hauptproblem dar. Vielmehr beklagt sie “die weiter gestiegene Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten”. Diese zeige in aller Deutlichkeit: “Der Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere offene und vielfältige Gesellschaft. Es ist unerträglich, dass Rassisten und Antisemiten jeden Tag Mitmenschen in unserem Land angreifen. Das erfordert konsequentes Handeln – in der Strafverfolgung, bei den Sicherheitsbehörden, aber gerade auch zur Stärkung von Prävention und demokratischem Engagement.”
Lambrecht kündigt an, noch in dieser Wahlperiode mit einem Gesetz “zur Förderung der wehrhaften Demokratie ein zentrales Element im Kampf gegen Rechtsextremismus zu schaffen.”
Lambrecht: “Wir müssen endlich stabile Grundlagen für das bürgerschaftliche Engagement schaffen, von dem unsere Demokratie lebt. Wir müssen die Initiativen stärken, die gegen Menschenverachtung und Extremismus eintreten. Ich werde mich weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieses wichtige Gesetz noch kommt. Die Eckpunkte haben wir im Kabinett beschlossen. Ein Gesetzentwurf liegt vor und ist zwischen dem Bundesinnenminister und mir abgestimmt.”
Das Zögern und Zaudern der Unionsfraktion sei unverantwortlich. Die Union müsse endlich unter Beweis stellen, “dass sie es mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus ernst meint.” So die SPD-Ministerin.

Grüne auf CDU-Kurs

Ganz anders jene, die es nicht abwarten können endlich mit der CDU/CSU gemeinsam zu regieren. Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Irene Mihalic, Sprecherin für Innenpolitik, beklagen ebenfalls den Anstieg der rechten Gewalt. Beide erklären: “Die größte Gefahr geht in Deutschland vom Rechtsextremismus und Antisemitismus aus. Der enorme Anstieg des rechtsextremistischen Gewalttatpotenzials sowie die Vernetzungsmechanismen sind hochgradig besorgniserregend.” Sie sehen aber – ganz anders als früher Christian Ströbele, nicht etwa den Verfasssungsschutz als Teil des Problems, sondern werfen diesem lediglich vor, nicht aufmerksam genug gewesen zu sein: “Insgesamt rächt sich bis heute, dass man bei der Aufklärung rechtsextremistischer Netzwerke und rassistischer und antisemitischer Taten, seit Jahrzehnten und vor allem mit Blick auf den NSU-Komplex, nicht präzise genug in der Beobachtung und Aufklärung war. Die bestehenden Strukturen und Vernetzungen wurden jahrelang verkannt, missinterpretiert und unterschätzt, statt diese konsequent zu bekämpfen.”
Nicht genug des Verständnisses für die strukturell selbst eher rechtsextrem ausgerichtete Behörde. Es folgt auch noch – wie im Verfassungsschutzbericht und der CDU üblich, die Relativierung der rechten Gefahr durch die Beschwörung der “linken Gewalt”: “Auch die zunehmende Gewalt im Bereich des Linksextremismus ist beunruhigend. Hier braucht es Wachsamkeit und eine ernsthafte und wissenschaftlich fundierte Analyse der Entwicklungen in diesem Phänomenbereich.”
Um überhaupt auf der linken Seite nennenswerte “Gewalt” vorweisen zu können, wurde sämtliche Gewaltakte auch im Bereich der Umweltaktivisten und radikalen Klimaschützer zum Linksextremismus hinzu gezählt. Ich finde es schon interessant, wie sich Konstantin von Notz und Irene Mihalic hier öffentlich als mögliche Minister- oder Staatssekretäre bewerben.

4 Kommentare

  1. Roland Appel

    Lieber Helmut, so kann man es zwar interpretieren, aber Deine Überschrift ist im Text nicht zu verifizieren. Als einer derjenigen, die der Grünen BAG Demokratie und Recht angehören, die gerade den einzigen Antrag der BDK – zur Ablehnung des Quellen-TKÜ-Staatstrojaners – gegen den Bundesvorstand durchgesetzt hat, muss ich meine alte Forderung wiederholen, dass Grüne das Innenministerium beanspruchen, um mit jahrzehntelanger Vorherrschaft furchtbarer Jurist*innen im BMI aufzuräumen, die auf dem rechten Auge blind sind und jederzeit jede Menge Gesetzensentwürfe in den Schubladen haben, um Bürgerrechte Schritt für Schritt weiter auszuhöhlen. Aus der Geschichte der sozialliberalen Koalition könnten Grüne lernen: Der liberale Ideologe Prof. Maihofer war als Innenminister ein völliger Versager. Er deckte den BND, bis ihm die Affaire um die illegale Abhörproktiken des Atomwissenschaftlers Klaus Traube auf die Füße fiel. Erst Gerhart Baum gelang es, den rechten Apparat in den Griff zu bekommen. Von ihm ist eine Menge zu lernen.

  2. Martin Böttger

    Kritik an “meiner” Partei ist mir selbst nicht fremd, wie hier seit Jahren nachzulesen ist. Bei Herrn Notz (Digitalpolitik) und Frau Mihalic (Polizei, Untersuchungsausschüsse NSU und Breitscheidplatz) bin ich ausdrücklich für die Fortsetzung ihrer Karrieren. Sie gehören zum fachkompetentesten Viertel ihrer kleinen Fraktion, und würden in den zuständigen Fachministerien – manche*r mag meinen, das sei ja auch nicht schwer – definitiv für eine quantensprungartige Verbesserung der Regierungspolitik sorgen.

    • Helmut Lorscheid

      Lieber Martin,

      ich schätze ja Deine Analysen, aber bei beiden fürchte ich, das wird Schily 2.0
      Ich habe zuletzt mit Mihalic versucht über den Verfassungsschutz zu reden, der
      Versuch ist gescheitert, weil sie nicht zuhörte und statt auf meinen Beitrag inhaltlich
      einzugehen, lediglich ihre Sicht der Dinge kundtat.

  3. Gernot G. Herrmann

    Ich halte es da mit Helmut und möchte gerne mal die Art der Straftaten sehen, die “Linksextreme” begehen, und auch malo die absoluten Zahlen, nicht immer nur Prozente.

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