Mehrmals habe ich schon betont, dass das Gerede von der “vierten Gewalt”, womit die Medien und ihre Freiheit gemeint sind, im Grundgesetz keine Grundlage findet. Umso bedeutsamer ist aber zu betonen, dass die Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit zu den unveräusserlichen Grundrechten gehört. Wie ist es nun zu bewerten, wenn von uns als Gesellschaft beauftragte und durch unsere Haushaltsabgabe finanzierte öffentlich-rechtliche Medien dieses geschützte Grundrecht aufgeben? Ohne uns zu fragen, was wir davon halten.
So geschieht es seit dem zeitweiligen und längst wieder verdampften Bedeutungsgewinn privater TV-Sender. In Italien führte das dazu, dass ein Besitzer eines solchen Medienkonzerns sich zeitweilig als Regierungschef behaupten konnte. Hierzulande hat ein vergleichbarer Vertreter eine fulminante Konzernpleite hingelegt. Seit diese dubiosen Figuren sich gesellschaftliche Bedeutung und Macht ergaunern konnten, ist es Unsitte und Brauch, für die Bild-Information über populäre Sportveranstaltungen exponentiell steigende Honorare zu zahlen. Daran beteiligen sich deutsche öffentlich-rechtliche Sender ungebremst. Zunächst aus Furcht, an Bedeutung gegenüber der privaten Konzernkonkurrenz zu verlieren. Heute dagegen – ja warum eigentlich? Sie hätten sogar ein europagesetzlich fixiertes Recht auf kostenlose Kurzberichterstattung und nutzen es nicht.
Wenn es nur das wäre, könnte ich es beim Kopfschütteln belassen. Doch in diesem grosszügigen Alimentierungssystem ist ein verfassungsrechtlicher Skandal verborgen, der bereits in den 80ern und 90ern begann, und immer weiter auf die Spitze getrieben wird. Die sog. Sportjournalist*inn*en nehmen die Bilder gar nicht mehr selbst auf. Private Dienstleisterfirmen machen die Bilder nach Wunsch und Kontrolle der Veranstalter*innen. Die Bilder sind die entscheidende Information. Sonst wäre es ja Radio. Eine freie Bildberichterstattung unterbleibt. Das wird sogar vertraglich fixiert.
Einschub: Pionier dieses Business war und ist ein einstmals erstklassiger Torhüter: Manfred Müller. Er entstammt dem reichen Süden meiner einstigen Heimatstadt Essen, startete seine Spielerkarriere in der einstmals goldenen Talentschmiede ETB Schwarz-Weis Essen, wo er dem Wegkäufer wichtigster Talente, dem Steuerkriminellen Uli Hoeness nicht verborgen blieb. Noch als 32-37-jähriger versauerte er auf der Ersatzbank des Fussballkonzerns im süddeutschen Raum (48 Spiele in 5 Jahren). Und war dort so unausgelastet, dass er auf einen gar nicht dummen Gedanken kam, wie er weiter Karriere als TV-Produzent machen kann. Müller ist in meinen Augen kein “böser” Täter, sondern nutzt die Dummheit anderer plus das kapitalistische Mediensystem intelligent aus. Die Homepage seiner Firma strahlt Understatement aus: null optische Protzerei, gerade so viel Transparenz, wie nötig ist. Einschub Ende.
D.h. ARD und ZDF schliessen Verträge und bezahlen dafür, dass sie nicht frei berichten dürfen und können. Ich bin kein Jurist, darum meine Frage an solche: was ist das anderes als Veruntreuung meiner Haushaltsabgabe?
Diejenigen unter den Leser*inne*n (und Autoren, wie Helmut Lorscheid z.B.) kratzen sich nun vielleicht am Kopf: is’ mir doch egal. Fussball hat mich noch nie interessiert.
Haha, das Vorbild der Gangster von Fifa und Uefa haben die Anderen studiert. Parteien, Konzerne, Pressestellen aller Art machen es längst genauso. (In Pressestellen und PR-Agenturen arbeitet ein Vielfaches an weit besser bezahlten Journalist*inn*en, im Vergleich zu unabhängigen Redaktionen in Verlagen und Anstalten.) Zwar kassieren sie nicht wie die DFL Unsummen für ihre Unterdrückung der Pressefreiheit. Sie nehmen gar kein Geld, sondern verschenken den TV-Anstalten u.a. ihre Bilder. Weil sie sie so unter Kontrolle behalten. Sie bestimmen die Botschaft selbst, nicht eine “freie Presse”.
“Vierte Säule?” Haben wir gelacht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net