Das hatten sich die Jungspunte in der Bonner SPD fein ausgedacht. Den Unterbezirksvorsitz teilen sich die aufstrebende Jessica Rosenthal, 29 und Enrico Liedtke, 32 bereits – warum nicht auch die zu vergebenen Mandate in Bundestag und Landtag? Zwar tragen beide nach Ansicht vieler Sozialdemokraten ein gehöriges Stück Verantwortung für den mäßig erfolgreichen Kommunalwahlkampf der SPD. Aber so etwas hindert sie nicht an ihrem Streben nach höheren Ämtern.
Jessica Rosenthal wurde vor ein paar Monaten zur Juso-Bundesvorsitzenden gewählt und kandidiert als Bonner SPD- Direktkandatin für den Bundestag. Enrico Liedtke möchte gerne in den Landtag NRW. Dorthin strebt aber auch der Fridays for Future Aktivist Luca Samlidis, 21 Jahre jung und immerhin schon ein halbes Jahr Mitglied der SPD.
Für die Nominierung der Kandidaten am 26. Juni müssen sich die SPD-Mitglieder in die nicht eben zentral gelegene Hardtberghalle bemühen. Frühere SPD-Vorstände haben es ermöglicht, dass an mehreren Orten der Stadt abgestimmt werden konnte. Einige ältere SPD-Mitglieder sehen darin eine bewußte Behinderung der älteren und nicht mehr so mobilen SPD-Mitglieder. Die Jusos proben den Durchmarsch und dabei stören zu viele ältere Teilnehmer. Denn die Wahl der Bonner SPD-Kandidatin für den Bundestag hat gezeigt, dass es nicht so wichtig ist, möglichst viele Parteimitglieder an der Abstimmung zu beteiligen. Wichtig ist, dass die richtigen daran teilnehmen. Schließlich muß kein bestimmtes Quorum der Abstimmungsberechtigen erreicht werden – sondern es genügt die Mehrheit der in der Hardtberghalle versammelten zu erreichen.
So wurde Jessica Rosenthal zwar mit einer Mehrheit von 78% gewählt, teilgenommen hätten an dieser Wahl, so mehrere SPD-Mitglieder übereinstimmend, lediglich 15 Prozent der rund 3.000 SPD Mitglieder in Bonn. Das kann man sicherlich so machen, das kann aber auch Ärger geben. Und den gibt es. Im Bonner Norden hat die 59jährige Isabell Eisberg-Haag ihre Kandidatur für den Landtag angemeldet und im Süden tritt der vor kurzem pensionierte Polizeibeamte Hermann-Josef Borjans an.
Borjans hat einige Jahre kommunalpolitische Erfahrung und ist schon einmal als Gegenkandidat aufgetreten. Bei der Nominierung des SPD-OB-Kandidaten trat Borjans überraschenderweise als Gegenkandidat gegen Jürgen Nimptsch an.
Im Rückblick bedauern viele SPD-Genossen, nicht damals Borjans gewählt zu haben.
Borjans ist eine Kämpfernatur. Das mußte auch der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) lernen.
So erfreulich es sicherlich ist, dass sich in der Bonner SPD viele junge Menschen engagieren und auch kandidieren. Eine reine “Juso-Liste” zur Landtagswahl wird sicherlich einige Gleichaltrige zur Wahl der SPD motivieren. Schwer einzuschätzen ist jedoch, wie viele ältere SPD-Wähler sich von einer reinen Juso-Liste nicht vertreten sehen, und deshalb gar nicht wählen werden. Borjans schreibt in seiner Bewerbung: “Die SPD muss für die Landtagswahl alle potenziellen Wählergruppen innerhalb der Partei und in der Stadt ansprechen. Die Demografie zeigt, dass andere Parteien die ‘ältere’ Generation außen vorlassen. 37% der Wahlberechtigten und ca. 50% der SPD-Parteimitglieder kommen nach aktueller Ausgabe des STERN aus der Wählergruppe 60+. Hier gibt es viele Nichtwähler, die sich bisher nicht mehr ausreichend vertreten gefühlt haben. Die Themen dieser Altersgruppe waren und sind typische Themen für uns als Sozialdemokraten, die wir aufgreifen müssen.”
Man darf gespannt sein, wer es schafft, die Hardtberghalle zu füllen.
Korrekturhinweis 22.6.: “eine 60-jährige Frau Mockenhaupt” wurde ersetzt durch “die 59jährige Isabell Eisberg-Haag”
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