Es ist hier, und zwar mehr draussen als zuhause
Die meisten Gewalttaten geschehen zuhause. Opfer und Täter (weit weniger Frauen) sind mehrheitlich Angehörige der gleichen Familie. Der gefährlichste Ort für Sie und mich wird auch noch durch das Grundgesetz geschützt. Auch die meisten Unfälle passieren im eigenen Haushalt. Wenn Sie also Angst um Ihre Sicherheit haben, verlassen Sie lieber ihren Fernsehsessel. Dann wird Ihnen auch weniger Angst gemacht. Das behaupten nicht die üblichen Verdächtigen.
„Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt.“ Das hat z.B. Horst Seehofer gesagt, immer-noch-Bundesinnenminister. Was soll er auch machen, wenn es stimmt? Nur deswegen konnte unser Bonn so eine expandierende internationale UN-Stadt werden, mit dem UN-Klimasekretariat an der Spitze.
“Ein genauerer Blick macht […] deutlich, dass die Problemwahrnehmung einer eigenen Logik folgt und nur bedingt an die tatsächliche Kriminalitätsentwicklung gekoppelt ist. Die Sorge um und die Zunahme an Kriminalität lassen sich nicht mit sinkender tatsächlicher Kriminalität aus der Welt schaffen.” Das hat die Konrad-Adenauer-Stiftung geschrieben.
Ich weiss den Grund. Dafür bedarf es keiner teuren wissenschaftlichen Untersuchungen. Der ängstlichste Teil der Bevölkerung sind die Ü60-jährigen, zu denen ich seit geraumer Zeit selbst gehöre. Was machen die in ihrer Freizeit? Sie glotzen in die Glotze. Was sehen sie dort? Nach meiner privaten Zählung rund 50 Morde in der Woche (in Wirklichkeit sind es weniger als 5, weniger als einer pro Tag). Den ausgestrahlten “Regionalkrimis” zufolge müssten ganze Regionen, z.B. Wolfratshausen (“Hubert ohne Staller”) oder Sylt (“Nord Nord Mord”) entvölkert sein, wie auch das britische “Midsomer” von “Inspector Barnaby”, das darum vorsichtshalber komplett erfunden wurde.
Hinzu kommt die von dieser Zielgruppe bevorzugte “Revolverpresse”, die auf Papier gedruckte Nachrichten verbreitet, und zwar vorzugsweise solche, die von der Benutzung von Revolvern handeln – jedenfalls Polizei-PR-Texte keiner journalistischen Recherche unterzieht. Wenn dann noch eine echte Gruppe Mittzwanziger besoffen am Wohnzimmer vorbeizieht, dann haben die Innenpolitiker*innen der Parteien die Mehrheit der Wähler*innen, denn das sind die Alten (38% Anteil der Wahlberechtigten bedeutet Mehrheit der Wählenden durch die höhere Teilnahmequote), da, wo sie sie haben will. Sie sollen dafür stimmen, das sog. “Sicherheits-“Behörden noch mehr Finanzen und Personalressourcen bekommen.
Nichts wird dadurch sicherer, eher im Gegenteil – aber hamwer immer so gemacht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net