Fortdauernde Probleme mit Sex & Crime
Mag sein, dass es clevere PR ist, wie die US-amerikanische Sängerin Billie Eilish öffentlich auftritt, was sie sagt, und wie sie es sagt bzw. singt. Was sie über sich als 11-jährige erzählt, mag gut erfunden, kann aber auch wahr sein. Es wirft Fragen nicht nur über “Gewaltpornos”, sondern auch über Medienerziehung auf. Bei mir ist es einige Jahrzehnte länger her als bei Frau Eilish, dass ich 11 war. Es war exakt 1968.
“Gewaltpornos” kannte ich nicht nur deswegen nicht, weil sie mich nicht interessierten. Porno bestand für Jungs meines Alters damals aus Heften in der Fensterauslage der nahegelegenen Bude (hochdeutsch: Trinkhalle). Die guckten wir uns durchaus interessiert an und tratschten gelegentlich drüber. Wesentlicher aber war: ich hatte schon als 5-jähriger gelernt, dass Spielfilme nur gespielt sind, und nichts mit Tatsachen und Wahrheit zu tun hatten, sondern mit Erfindung und Fantasie. Also keine Angst vor Krimis – alles nicht echt. War gar nicht schwer.
Das zu wissen gehörte zur intellektuellen Vorbereitung vor der Einschulung, damit ich auf dem Schulhof nicht als Klein-Doofie verende. Diese Medienkompetenzvermittlung (dieses Wort kannte damals noch niemand) erhielt ich nicht in einem Studienräte- oder Schriftstellerhaushalt, sondern in einer – damals noch – Arbeiterfamilie, das Milieu vergleichbar, wie im Film und Roman “Junges Licht” von Ralf Rothmann.
In einem Rutsch mit der Einführung des Schwarzweiss-Fernsehers (nur 1. Programm) in unserem Haushalt, lernte ich, dass, was in den Werbeclips geboten werde, “alles gelogen” sei; die wollten nur unser Geld. Gar nicht schwer zu merken.
Mit entsprechend kritischer Distanz war also auch alles zu konsumieren, was Leute wie Stefan Aust damals in den “St.Pauli-Nachrichten” über Sex und Crime schrieben. Konnte wahr sein, musste aber nicht. Wer es wissen wollte, musste es selbst herausfinden. Diese Weisheit erstreckte sich auch auf die sexuelle Aufklärung, die damals und bei uns jedenfalls im Schulunterricht nicht vorkam. Der erstreckte sich in Biologie auf die mendelsche Vererbungslehre am Beispiel der Drosophila Melanogastra (die mir später bei Hans Conrad Zander und Georg Bungter wieder begegnete) – weiter kam der Biologieunterricht nicht.
Die mir frühkindlich angedeihte Medienerziehung ist bei Frau Eilish offenbar unterblieben, mit tragischen Folgen. Kinder, die so doof bleiben, können billige Opfer für schwere Gewaltkriminalität werden. Da bleibt viel aufzuräumen, was nun endlich geschieht. Aber die Mängel in der Vorbeugung bleiben mir schwer begreiflich.
Mein Medienkompetenzproblem
Ich bin durchaus imstande zu glauben, dass mächtige Regierungen dieser Welt Auftragsmorde organisieren, selbstverständlich auch die Regierung Russlands. Aufmerksam lese ich den Bericht meines alten politischen Freundes Pascal Beucker/taz. Auch die TV-Berichte (Tagesschau) habe ich mit aufmerksamem Interesse konsumiert. Ein Gericht hat einen Mörder verurteilt, und dabei “festgestellt”, dass er im Auftrag der russischen “Zentralregierung” gearbeitet habe. Ja, vorstellen kann ich mir auch das. Ich habe nur nirgends die Stelle gefunden, aufgrund welcher Beweise das Berliner Gericht zu dieser Feststellung gelangte. Ex-SPD-MdB Jörg Tauss/telepolis hat so eine Stelle auch nicht gefunden. Im Gegenteil: die Ausführung wirkte für einen “staatlichen Auftragsmord” merkwürdig unprofessionell – oder war das demonstrative Absicht? Kann wahr sein, muss aber nicht. Kennen Sie die Beweise? Bitte helfen Sie meiner mangelhaften Medienkompetenz auf die Sprünge.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net