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Mediathekperle Ali

Das Werk ist schon knapp einen Monat lang online und bleibt es noch bis 11. März. Heute und morgen strahlt ARTE es linear aus: eine 8-Stunden-Dokumentation über Muhammad Ali, von Sarah und Ken Burns (ihr Vater) sowie David McMahon (ihr Gatte). Die haben einen sehr guten Namen. Wer sich so ausführlich mit diesem grossen Mann beschäftigt, kann keinen Mist bauen. Ich habe vor ca. 15 Jahren ein ähnliches Werk im damals berüchtigten Deutschen Sportfernsehen gesehen, in einer Spielpause des Profifussballs. Jetzt lagert es auf einem alten Festplattenrecorder, dessen Fernbedienung ich nicht mehr finde. Darum weiss ich auch nicht mehr, wer das damals gemacht hat.
Ich habe aber damals schon gelernt, dass Ali eine bedeutender Politiker war, der dafür aus strategischen Gründen den Boxsport als Arena wählte. Als Schwarzer jener Zeit hatte mann nicht die freie Wahl, um grosse Ziele zu erreichen. Ali war einer der Ersten, die verstanden, was Globalisierung ist. Er liess nicht die Medien mit ihm spielen, sondern umgekehrt: er benutzte sie. Als früher Populist kommuizierte er direkt mit seinen Leuten. Was weisse Journalisten über ihn dachten, war ihm wurscht.
Es gibt Bilder von Afrika- und Asien-Reisen von ihm, die an jubelgesäumte Staatsbesuche jener Zeit erinnern. Dabei war er doch “nur” Boxweltmeister. Doch seine Bereitschaft für seine Sache in den Knast zu gehen, seine Bereitschaft die Herrschenden zu beschimpfen, seine Siegermentalität, seine Weigerung, ein Märtyreropfer zu geben, sondern sich durchzusetzen, mobilisierte Millionen Schwarze auf dem Globus, sich für ihre Interessen einzusetzen. Ein Ur-Vater der Black-Lives-Matter-Bewegung, und in diesem Sinne einer der 10 wichtigsten Politiker des 20. Jahrhunderts.
Dass auch Alis politischer Kompass nicht störungsfrei funktionierte, kein Mensch ist fehlerfrei, das illustrierte seine Beziehung zur mafiaähnlichen “Nation Of Islam”. Brauchte er sie als Schutz? Denn immerhin legte er sich mit dem mächtigsten Staat der Welt an. Hier ist mein Verdacht, dass er doch irgendwann geahnt haben muss, benutzt zu werden. Objektiv war es so. Er hat jedoch nicht den bequemen PR-Weg der Distanzierung und – in seinen Augen vielleicht – des “Verrats” gewählt, sondern selbst in diesen Krisen einen geraden Rücken gezeigt.
Bei einem Politiker dieses Weltniveaus kann es privat nicht immer gut gelaufen sein. Ein öffentliches Leben ist meistens nicht gut, sondern nur sehr schwer zu leben. Ali war halt auch nur ein Mann.
Ich werde mir das ansehen, und wünsche nicht gestört zu werden.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Der Maschinist

    Ein großartiges, episches Werk! Wie sein Leben.
    Und Charlie Hübner als Erzähler ist ein schöner Bonus!

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