Alle Deutschen, die noch alle Tassen im Schrank haben, wissen wie gemeingefährlich Boris Johnson ist. Und leider auch sehr mächtig, als Regierungschef einer Atommacht. U.U. ist es gar nicht mehr ratsam, Männer auf solche Positionen zu lassen – zu toxisch. Andererseits: Frauen bieten auch keine hinreichende Gewähr von Sicherheit, wie die Londoner Polizeichefin symbolisiert (Audio 4 min), die nun zurücktritt. Das wiederum hat sie deutschen Polizeiführern voraus, die gute Gründe hätten, es ihr nachzutun.
Hierzulande ist es nicht möglich, dass eine Oberbürgermeisterin einen londonartigen Einfluss auf die Besetzung der Polizeispitze ausübt. Deutsche Polizeipräsident*inn*en werden politisch vom*von der Landesinnenminister*in, bzw. formal sogar dem Landeskabinett ernannt. Meistens kommen sie nicht selbst aus dem Polizeidienst, und sollen so eine “unabhängigere” Aufsicht und Führung gewährleisten, was, vorsichtig formuliert, nicht immer wirklich gelingt. Manchmal ist es umgekehrt, dass die Seilschaften im Polizeidienst ihre*n Präsident*in politisch erlegen. Ich erinnere mich da an einen Kölner Fall
No-Go-Areas in der Nachkriegszeit
Früher war alles besser? Und nicht so gefährlich wie heute? Das können nur Menschen mit schlechtem Gedächtnis und miserabler historischer Bildung glauben. Essen-Altenessen ist ein Stadtteil, der vom Medienbetrieb heute als gefährlich diffamiert wird. Wie ahnungslos das ist, zeigt diese fabelhafte Ortsgeschichtsschreibung von Iris Müller, die die Essener WAZ-Redaktion dankenswerterweise nicht eingemauert hat. Die Phase, die hier beschrieben wird, habe ich noch nicht selbst begutachten können. Ich war noch zu klein, und mein Blickfeld von den Grosseltern in Essen-Karnap reichte nicht über Kanal und Emscher hinaus. Nur den Gebrauchtwagenhandel von Helmut Rahn habe ich noch lange von der Strassenbahn aus gesehen. Allerdings habe ich den Altenessener Bahnhof noch im Betrieb erlebt: ein Ort, der durch Öffentlichkeit Sicherheit schaffte (Fahrkartenschalter, Zeitschriften, Bäcker- und Blumengeschäfte und zahlreiche an- und abfahrende Fernzüge, u.a. Paris-Moskau). Das ist alles weg, und macht den Menschen heute mehr Angst, als sie in den weit gefährlicheren 50er und 60er Jahren hatten.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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