mit Update mittags und Update 4.4.
Die geschätzte Kollegin Marlen Hobrack/taz bespricht ein Buch der Autorin Emma Dabiri: „Was weiße Menschen jetzt tun können“. Der Gestus des Titels ist schon originell: den geplagten Weissen wird Ratgeberliteratur einer schwarzen Autorin angeboten. Im Kern geht es aber um Politik und einen Ausweg aus dem aufgeheizten Clinch, wie er in linksakademischen Milieus so folgenlos geliebt wird. Hobrack/Dabiri versuchen dem Publikum einzubimsen, wie sich “Identität” und Klassenzugehhörigkeit faktisch gesellschaftlich verbinden.
Zur Therapierung des Weissseins empfehle ich immer wieder gerne Werke der weitgereisten Charlotte Wiedemann. Ihr Buch von 2018 “Vom Versuch, nicht weiß zu schreiben. – Oder: Wie Journalismus unser Weltbild prägt.” (hinter dem Link finden Sie Vorwort und Inhaltsverzeichnis) habe ich nachmittags in einem Rutsch im Sessel im Momo-Bistro gelesen. Weil Charlotte auch Kompliziertes eingängig zu schreiben weiss. Weiss.
Amazon an den Eiern aufhängen
Bei Amazon ist es jetzt endlich zumindest in New York gelungen, dem grundrechts- und demokratiefeindlichen Oligarchenkonzern eine Betriebsgewerkschaft aufzuzwingen. Bzw. er wird sich mit Händen und Füssen und teuren Rechtsanwaltsarmeen weiterhin dagegen zu wehren versuchen. Gelungen ist erstmal “nur” ein mehrheitsfähige Koalition seiner Beschäftigten mit ihren vielfältigen “Identitäten”. Mann nennt es Gewerkschaft. Wer das bekämpft, bekennt sich zum Grundwiderspruch von Kapitalismus und Demokratie. Milliardär*inn*e*n haben mit so einem Bekenntnis kein Problem in ihrer Blase.
Update 4.4.: Informative Analysen zum Arbeitskampf bei Amazon von Richard Gutjahr und Alex N. Press/Jacobin.
Emmanuel in der Blase
Einer solchen Blase entstammt sozial betrachtet der amtierende französische Präsident, der in diesem Monat um seine Wiederwahl fürchten muss. Die kapitalgemästeten Strippenzieher hinter ihm wirken auf mich widerwärtig. Die Medienverhältnisse in unserem Nachbarland sind noch weit problematischer als hierzulande. Auf diesem Hintergrund kann es nicht mehr verwundern, dass die “Alternative” zum neoliberalen Modell Macron ein mehr oder weniger blanker Faschismus ist. Befördert durch die Selbstenteierung der französischen Linken, die mit nicht weniger als sechs Kandidat*inn*en antritt, damit auch 150%ig sicher keine*r von ihnen in die Stichwahl zu kommen “droht”. So doof können Linke sein, auch hierzulande auf dem miesesten Weg dahin.
Uodate mittags
Thiel
Fanden Sie eben meine Formulierung “blanker Faschismus” übertrieben? Dann lesen Sie mal hier bei Christa Dettwiler/bruchstuecke.info, was Peter Thiel derzeit so vorhat. Er hat anscheinend “genug” Geld “verdient”, und will es nun in der US-Politik verteilen. Das war schon eine exzellente Idee von Thomas Piketty, Vermögen über 10 Mio. einzufrieren – nicht nur für Russen.
Zitat aus DLF: Online-Newsportale wie Mediapart oder Huffington Post neigen dafür nach links. Die Presse wahrt ihre Meinungsvielfalt von der linken „Libération“ über die liberale „Le Monde“ bis zum konservativen „Le Figaro“; das Fernsehen ist ebenfalls ausgewogen zwischen rechten Privatsendern wie TF1, Canal+ und M6 sowie den eher linken öffentlichen Sendern France 2, France 3 oder France 5.
Na ja, die sind max alle so “Links” wie vll hier bei uns die Süddeutsche. Im französischen sagt man Salonlinke mit hang zu einem guten Roten. Alle Blätter mit Ausnahme von Mediapart sind ja in den Händen von Investoren und die editoriale Linie ist “alles gegen Melenchon” was mitunter groteske Züge annimmt. Das rührt halt aus einer tiefen persönlichen Abneigung zwischen Plenel ( https://www.eurotopics.net/de/148717/mediapart) und Melenchon. Ähnliches findet sich auch im ÖR, der in seiner politischen Ausrichtung bis auf wenige Spurenelemente Macronistisch ist.
Bezüglich der Umfragen wäre ich sehr vorsichtig auch wenn aktuell Blondchen noch mit 18% gehandelt wird. Sie wurde aber in der Vergangenheit in der Meinungsforschung immer überbewertet (zwischen 5 und 12% je nach Wahl) .
Bleibt die Frage, ob der “Beratergau Mc Kinsey” Macron schadet und wenn ja wohin diese Stimmen wandern oder ob das nicht sogar die Abstenzionisten bzw die “Vote blanc” doch an die Urnen treibt. Eine überwältigende Mehrheit will ja auch keinen 2 ten Wahlgang zwischen LePen und Macron. Dazu sollte man auch im Hinterkopf behalten, das 2017 Melenchon nur mit ~600t Stimmen die 2 Runde verpasst hat und da war mit Fillon noch ein rechter Kandidat im Rennen. Die sozialen Verhältnisse haben sich ja seitdem nicht wesentlich verbessert.
Meiner bescheidenen Meinung nach ist die französische Linke schon wesentlich weiter im Veränderungsprozess und der Definition Ihres Standpunktes als die deutsche Linke (nicht die Partei). Das das so personalisiert aussieht liegt ja am Wahlsystem und verdeckt den eigentlichen Veränderungsprozess der sich im Umfeld vollzieht.
Imho sieht man das im wirklich hoch politischen Wahlkampf der im krassen Gegensatz zum letzten Bundestagswahlkampf steht