Verhinderungsversuche am Atomabkommen mit Iran

Überraschend ist es nicht, dass alle Intrigenmuster eingesetzt werden. Eine aktuelle Meldung ist in der FAZ-Paywall versteckt. Und es berichtet der Österreich-Korrespondent Stephan Löwenstein aus Wien, dem sozialen Zentrum aller Geheimdienste dieser Welt, über einen “bizarren” Vorfall am Frankfurter Flughafen. Der politische Kontext ist das Atomabkommen, mit dem der Iran veranlasst werden soll, seine Atomwaffenambitionen zu bremsen oder optimalerweise zu beenden. Donald Trump hatte das Abkommen gekündigt. Nach seiner Abwahl dauern die internationalen Reparaturarbeiten an.

Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich vieles verschoben. Die iranische Verhandlungsposition hat sich verbessert. US-Präsident Biden will einerseits das Abkommen, vernünftigerweise, andererseits aber nicht “zu nachgiebig” erscheinen. Eine Wahlniederlage bei den Midtermelections droht. Die Kernnachricht von Löwenstein lautet so: der Wunsch der Europäer, andere Energiequellen als russische zu erschließen, spiele Iran in die Hände. Zu dem noch verbliebenen Problem der iranischen “Revolutionsgarden”, einem Staat im Staate der Islamischen Republik (ähnlich den Militärdiktatoren in Ägypten), habe EU-Verhandler Enrique Mora in Teheran eine „hinreichend positive Antwort“ erhalten. Eifrig vermittelt habe dabei: Qatar, das zum Jahresende eine erfolgreiche, also “friedliche” Fussball-WM veranstalten will.

Mit diesem politischen Reisegepäck ist Mora, politisch dem EU-Aussenbeauftragten (und spanischen “Sozialisten”) Josep Borrell zugeordnet, bei einer Zwischenlandung in Frankfurt von der Polizei “mehrere Stunden festgehalten”. Löwenstein zitiert die Polizei mit „IT-basierte, nicht personenbezogene Hinweise“. Was wollen sie uns damit wohl sagen?

Welche Polizei? Land oder Bund? Unter wessen Kommando? Welcher Geheimdienst? Welche Regierung? War die Bundesregierung im Bilde? Wie erklärt sie den Vorgang ihren EU-Partner*inne*n, vor allem ihren spanischen? War das eine absichtliche demonstrative Demontage nur Moras, oder auch Borrells? Immerhin, international betrachtet, ein Genosse des Bundeskanzlers. Geht es nur gegen die EU? Oder auch gegen Joe Bidens Iranpolitik? Und was genau ist an diesem politisch – von mir persönlich begrüssten Verhandlungsprozess – “wertebasiert”? Was macht das Mullahregime im Gegensatz zum Putinregime zu einem satisfaktionsfähigen Verhandlungspartner? Eine Frage, die gewiss auch die Regierung Israels – nur äusserst notdürftig “intern” – aufwirft.

Sie merken schon: der FAZ-Bericht wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Das ist wohl auch die Absicht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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