Dieses Mal steht das “uns” oben ohne Anführungsstriche. Denn hierzulande nutzen fast alle das Internet. Die es nicht tun, sterben langsam aus. “Die da oben”, deren präzise Definition hier jetzt viel zu weit führen würde, wollen alles über uns wissen. Also mehr, als wir selbst wissen. Das gelingt ihnen weitgehend. Nur wenige Technikspinner und noch weniger Politiker*innen sind gewillt dagegen Widerstand zu leisten. Das hat die makabre Folge, dass – ausgerechnet – der Apple-Konzern in diese unbesetzte Rolle zu schlüpfen versucht, wie Richard Gutjahr beschreibt.

Noch übler geht es den Cyborgs unter uns, also denen, in deren Körper informationstechnische Ersatzteile eingebaut sind. Ich hoffe, ich bin noch nicht betroffen. Künstliche Linse im Auge, künstliche Zähne, die Gallenblase ist ersatzlos ausgebaut. E-Reader habe ich bisher deswegen nicht gekauft, weil die technische Möglichkeit besteht, dass mir ihr Inhalt wieder abgeschaltet wird. Da kann ich gut drauf verzichten. Ich gehe ja schon die Wände hoch, wenn Artikel, die ich empfehlen will, nachträglich und unbemerkt digital in Paywalls eingemauert werden. Prohibition von Information und Meinung – ein Geschäftsmodell wie bei Drogenhändler*inne*n.

Stefan Krempl/heise-online hat jetzt auf das Schicksal derzeitiger und mglw. zukünftiger Cyborgs aufmerksam gemacht: “Missing Link: Unterschätzte Gefahr? Obsolete Technik im Körper – Der Fall der US-Firma Second Sight, die ein bionisches Augenimplantat nicht mehr unterstützt, wirft die Frage zum Umgang mit Elektroschrott im Menschen auf.”

Erklären Sie es mir: wo ist hier der Unterschied zur Organisierten Kriminalität? Und wo ist die demokratische Politik, die ihrem Amtseid entsprechend arbeitet?

Ohne Internet ist es auch nicht besser

Wer meine Texte liest, weiss, dass ich kein Maschinenstürmer bin. Ich bin Fan des technischen Fortschritts, insbesondere in der Medizin. Andernfalls wäre ich erblindet. Und vor 100 Jahren wäre ich schon längst tot.

Elend ohne Fortschritt kennen sie gut in den ehemaligen Kolonien, z.B. denen Frankreichs in der afrikanischen Sahelzone. Bernard Schmid/telepolis berichtet: Kampf um Einflusssphären: Was folgt in Mali? – Frankreich zieht sich aus dem westafrikanischen Land militärisch zurück. Geopolitische Konkurrenz kommt aus Russland – nicht nur mit ‘Softpower'”. Wo so auf Militarisierung gesetzt wird, hat die zivile Politik längst aufgegeben. Wo ist hier der Unterschied zwischen den Regimen Frankreichs, Deutschland und Russlands? Ausser, dass sie in Konkurrenz zueinander stehen. Alle nehmen Tote in Kauf, solange sie in ihrer Heimat nicht als “von uns” gelten. Woran erinnert Sie das?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net