Die Agrochemie im Insektenkrieg – schafft Hunger um sich als “Lösung” anzubieten – der Rhein im Zentrum einer globalen Auseinandersetzung

Die Nahrungskette ist ökologisch kaum umstritten. Wirbeltiere inkl. Menschen sind oben – Insekten ziemlich weit unten. Letztere sind derzeit mitten im Aussterben. Verschiedentlich wird bereits die Dezimierung von Vögeln berichtet, die sich von ihnen ernähren. Neben dem Klimawandel ist es die Aggression des Menschen, vertreten durch die Agrochemie, die für artenschwund und kommende Hungersnöte für Mensch und Tier sorgt.

Wale und Eisbären sind optisch wirkungsvolle Akteure, mit denen Greenpeace und andere Ökoorganisationen schon wichtige Medien- und Politikerfolge erreicht haben. Insekten dagegen. Ich gestehe – um jede Mücke weniger beschwere ich mich nicht wirklich. Das ist kurzsichtig. Bin ich auch tatsächlich.

Sylvain Lepetit, Miyuki Droz Aramaki und Sébastien Séga haben den Wert der Schönheit als politisches Mittel erkannt. Insektenkiller – Wie Chemieriesen unser Ökosystem zerstören. Mit seinen Nahaufnahmen von Insekten wirkt dieser Film wie eine Ode an die Schönheit der Natur, doch gleichzeitig prangert er deren Bedrohung durch den massiven Einsatz von Neonikotinoiden an, sogenannten ‘systemischen’ Insektiziden, die sich in allen Pflanzenzellen ausbreiten. Untersuchungen belegen, dass Chemikalien dieser Art auch die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen.” (Video 93 min, ARTE; Mediathek bis Anfang August) In einer politischen Dokumentation haben Insekten noch nie so schön ausgesehen.

Nebenbei ist der Film ein Lehrstück über die politische Umkämpftheit der Wissenschaft. Sicher gibt es ein richtig und falsch. Wer aber entsprechend öffentlich dasteht, ist interessen- und (medien-)kapitalbedingt. Und da ist die Agrochemie die klar stärkere Seite. Dennoch gewinnt sie nicht immer. Sie hat die Wahrheit nicht auf ihrer Seite, und die Interessen der Mehrheit der Menschheit schon gar nicht. Nicht alle Wissenschaftler*innen sind käuflich. Manche werden zu Kämpfer*inne*n. Einzelne auch zu Held*inn*en. Drei führende Köpfe des Bösen sind Bayermonsanto, BASF und Syngenta – zweimal Deutschland am Rhein, einmal China/Schweiz/Basel ebenfalls am Rhein.

Eine zentrale Instanz, die über Sieg und Niederlage zwischen Business und Gesundheit, zwischen Profit und sozialer Gerechtigkeit entscheidet, ist die EU als grosser nachfragestarker Markt und politische Instanz. Wie umkämpft die ist, muss ich Extradienst-Leser*inne*n nicht erläutern. Fortschritt und Rückschritt sind vielfältig dokumentiert.

Wenn Sie Insekten lieben lernen wollen, ästhetisch, ökologisch, politisch – schauen Sie sich das in den nächsten Wochen an. Es macht Sie stark, es motiviert – zum Mundabputzen und Weitermachen. Wir am Rhein leben im Zentrum des Kampfes um das Überleben der arten.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net