Je zweimal im zu Ende gehenden Jahr gewannen CDU und SPD eine Landtagswahl. Auch die Grünen waren Gewinner. Sie holten die Beteiligung an zwei zusätzlichen Landesregierungen. Verlierer des Jahres 2022 aber ist die FDP. Ihr Unterbau zerbröselt. Zweimal – im Saarland und in Niedersachsen – scheiterte sie an der Fünf-Prozent-Hürde. Zwei weitere Male war sie zu schwach für eine Regierungsbeteiligung – in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein. Nur noch in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt gibt es Minister der FDP – in Mainz wie im Bund in einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen, in Magdeburg in einem großspurig „Deutschlandkoalition“ genannten Bündnis mit CDU und SPD. Dort aber ist ihr Einfluss gering, weil CDU und SPD allein über eine Mehrheit im Landtag verfügen, die FDP also die ehedem grundsätzlich abgelehnte Rolle als fünftes Rad am Wagen akzeptierte. Bundesweite Strahlkraft von liberalen Landesministern ist nicht mehr zu erkennen.
FDP-Hoffnungen trogen, die Beteiligung an der Bundesregierung werde die Partei in den Ländern stärken. Vielfältig sind die Ursachen. Das gefühlige grün-gelbe Selfie mit Annalena Baerbock, Robert Habeck, Christian Lindner und Volker Wissing, aufgenommen zu Beginn der Koalitionsverhandlungen, entpuppte sich als Schimäre. Immer aufs Neue fällt der FDP-Vorsitzende dem grünen Wirtschaftsminister in den Rücken, wenn der in Schwierigkeiten gerät. Nicht wegen politischer Gemeinsamkeiten, sondern aus „staatspolitischer Verantwortung“, so Lindner, sei die FDP die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen eingegangen. Tenor: Wir verhindern Schlimmeres.
Um sich zu behaupten, führt sich die FDP fast als Opposition in der Regierung auf – beim Ausländerrecht etwa selbst dann, wenn Vorschläge aus dem Innenministerium wortgetreu dem Koalitionsvertrag folgen. Dabei hätte die FDP von der SPD lernen können. Den Sozialdemokraten hatte es in den Großen Koalitionen mit Angela Merkel nichts genutzt, dass sie sich wie Oppositionelle verhielten. Querulanten werden nicht geliebt – im Falle der FDP nicht einmal im marktliberal-intellektuellen Umfeld.
Die FDP-Minister tragen zum Ansehen der Partei nicht bei. Lindners Hochzeit auf Sylt war zwar Privatsache, in Zeiten von Krieg und Inflation aber hochgradig unsensibel. Dem FDP-Verkehrsminister sind die Zustände der Deutschen Bahn ein Klotz am Bein. In einer Talkshow über Putschpläne von „Reichsbürgern“ war Gerhart Baum gefragt, der vor mehr als 40 Jahren FDP-Innenminister war. Der amtierende FDP-Justizminister aber verzettelt sich im Streit mit Karl Lauterbach. Die Bedeutung des nun FDP-geführten Forschungsministeriums wurde schon immer überschätzt. So dümpelt die FDP in den Umfragen knapp über fünf Prozent. Wiederholt sich das Trauma der Liberalen von 2013, als sie nach einem Bündnis mit Merkel aus dem Bundestag flogen?
Das bevorstehende Jahr 2023 verheißt für Lindners Partei nichts Gutes. Vier Landtagswahlen (Berlin, Bremen, Bayern, Hessen) stehen an. Regierungsbeteiligungen der FDP sind nirgendwo zu erwarten – eher schon ihr Ausscheiden auch aus diesen Landesparlamenten. Immerhin: Olaf Scholz setzt auf die FDP. Noch.
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