Das rechtslastige Magazin Compact brachte Ende Dezember auf der Titelseite ein großes Foto von Sahra Wagenknecht, zusammen mit dem Text „Die beste Kandidatin. Eine Kanz­lerin für Links und Rechts“. Das brachte Bewegung in die politische Landschaft, Links und Rechts.

Die AfD war offenbar für diese Vorlage dankbar, dort begannen sofort intensive interne Auseinandersetzungen. Der aktuelle Stand ist breite Zustimmung zur Nominie­rung. Nur Björn Höcke ist dagegen, er will selber Kanzler werden. Jetzt plant er eine eige­ne Kanzler­wahl in Thüringen.

Und was sagt Sahra dazu? Wahrscheinlich das Gleiche wie auf der Ukraine-Demonstrati­on am 25. Februar: „Wer ehrlichen Herzens mitmachen möchte, ist willkommen.“

Bekanntlich hat sie gerade die Weichen gestellt und erklärt, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl nicht wieder für die Linken antreten wird. Die beabsichtigte Gründung ei­ner eigenen Partei würde sich mit der Kanzlerkandidatur erübrigen.

In der AfD herrscht Begeisterung, weil die Partei künftig in allen Talkshows vertreten sein wird. Sie fordert jetzt von den Fernsehanstalten, Sahra Wagenknecht dort einen ständigen Sitz einzuräumen – möglichst mit Vetorecht.
.
Auf der Demonstration in Berlin hat sich die AfD schon ein bisschen an Sahra Wagenk­nechte herangetastet, im wahrsten Sinne des Wortes. In der Zusammenarbeit sieht sie ei­nen Beweis ihrer Meinungsvielfalt. Widersprüche auszutragen bzw. auszuhalten, ist für sie bekannt­lich nichts Neues.

Schon in der Vergangenheit hat es mehrfach Übereinstimmungen zwischen Wagen­knecht und der AfD gegeben, so bei der Feststellung, dass die Grenzen der Aufnahmebe­reitschaft für Flüchtlinge erreicht seien. Den Spruch von Sahra, dass derjenige sein Gast­recht ver­wirke, der es missbrauche, hat die AfD glatt übernommen.

Um die Protestwähler/innen macht sich offenbar niemand Sorgen. Denen sei es letztlich egal, wo­gegen sie bei der Wahl protestieren.

Bei der Linken gibt es unterschiedliche Meinungen: Das wollten wir doch selber. Ist die überhaupt noch Parteimitglied? Die war schon immer zweideutig. Das wurde auch Zeit. Sahra ist ein linkes Eigengewächs. Das gibt uns Aufschwung. Endlich ist sie weg.

Die Reichsbürger sind gar nicht glücklich. Bisher waren Kaiser und Führer nämlich immer männlich. Sahra Wagenknecht müsste zumindest einen Reichsverweser einsetzen.

Inzwischen soll Sarah der AfD einige Bedingungen gestellt haben:

> Die Nominierung muss mit überwältigender Mehrheit erfolgen. Gegen Gegner werden Parteiordnungsverfahren eingeleitet.

> Kritik an ihrer Amtsführung bedarf der vorherigen Beratung und Genehmigung im Bun­desvorstand.

> Außer ihr darf kein AfD-Mitglied in der Liste der zehn bekanntesten und beliebtesten Po­litiker/innen auftauchen.

> Wenn die Kanzlerwahl erfolgreich ist, wird als Nächstes die Wahl von Oskar Lafontaine zum Bundespräsidenten angestrebt.

> Sollte die Kanzlerwahl scheitern, wird sie Parteivorsitzende der AfD. Alice Weidel ist für AfD-Verhältnisse ohnehin schon viel zu lange im Amt.

> Koalitionen mit der politischen Mitte (CDU, SPD, FDP) sind ausgeschlossen.

Hans-Georg Maaßen soll Kanzleramtschef werden. Alice Schwarzer ist als Verteidigungs­ministerin im Gespräch. Über andere Ministerposten ist noch nichts bekannt. Die meisten fähigen Personen wurden bekanntlich vergrault. Wahrscheinlich gibt man sich daher mit drei bis vier Minister/innen zufrieden. Sahra weiß sowieso alles (besser).

Ein Problem liegt noch in ihrer Parteizugehörigkeit, da das deutsche Recht nur die Mit­gliedschaft in einer einzigen Partei zulässt. Gerüchten zufolge soll Sarah daher vorerst nur Ehrenmitglied der AfD werden.

Über Heiner Jüttner:

Der Autor war von 1972 bis 1982 FDP-Mitglied, 1980 Bundestagskandidat, 1981-1982 Vorsitzender in Aachen, 1982-1983 Landesvorsitzender der Liberalen Demokraten NRW, 1984 bis 1991 Ratsmitglied der Grünen in Aachen, 1991-98 Beigeordneter der Stadt Aachen. 1999–2007 kaufmännischer Geschäftsführer der Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel, die die Stadt Aachen und den Kreis Aachen mit Trinkwasser beliefert.