Zum Tod von Ernst Huberty
Er war eine Marke. Und ist es bis heute geblieben. “Mr. Sportschau”. Friedrich Küppersbusch, Anfang der 80er Volontär beim WDR, versicherte mir, dass er noch mit über 80 Jahren als Ausbilder von seinen Schülern verehrt wurde, als sei er ein Reportagegott. Ich hatte ihn bereits zu seinem 90. hier gewürdigt. Die ARD-Mediathek bietet ebenfalls ihre 90.-Geburtstags-Ehrung wieder an. Warum nur haben sie so wenig von ihm gelernt?
Mit einer materialistischen Analyse ist das – leider – allzu einfach zu erklären. Zu Hubertys aktiver Zeit gab es im TV noch Sportjournalismus. Redaktionen und Reporter – Frauen durften noch nicht mitmachen – waren zu unabhängiger Berichterstattung in der Lage. Dass die TV-Anstalten sich nötigen liessen, für TV-Übertragungen zu bezahlen – statt für die Werbesendezeit bezahlt zu werden – fing erst langsam an zur Gewohnheit zu werden. Ich las heute Nacht noch eine alte Geschichte vom Klassiker Borussia Mönchengladbach gegen den Fussballkonzern aus dem süddeutschen Raum, 1984 am Bökelberg, der Verräter Lothar Matthäus kehrte erstmals zurück, Jupp Heynckes war unser Trainer (ausnahmsweise nur knapp 3:2 gewonnen). Und Heribert Fassbender, seinerzeit Hubertys Nachfolger als WDR-Sportchef, und als alter Freund von Hennes Weisweiler bekennender Gladbach-Fan, eiste in der ARD 135.000 D-Mark los, um das Spiel im ARD-Hauptprogramm zu platzieren. Das waren damals die Preise.
Heute liquidiert das Kartell DFL Milliardenumsätze (in Euro). Und wer solche Preise zahlt, hauptsächlich globale Pay-TV- und Streamingplattformen, mit ARD und ZDF als zu vernachlässigendem Blinddarm, redet sein Produkt nicht kritisch schlecht, sondern muss es mit nervenzerfetzendem Gekreisch in die Aufmerksamkeitsökonomie hineinkämpfen, und ein gefälliges “Werbeumfeld” für die Sponsoren (inkl. Wettmafia) anbieten.
Sportjournalismus gibt es im TV nur noch hier. Und die werden auch bald komplett gekillt.
Zum schlechten Schluss noch eine Huberty-Kritik. Der Mann war, wie oben schon geschildert, ein Gesicht, eine Marke seiner Zeit. In jener Zeit war der organisierte Sport der West-BRD noch eine gesellschaftliche Vorfeldorganisation der Volksparteien CDU und CSU. So war nicht nur Hubertys Scheitel gezogen, sondern auch sein Gesellschaftsbild. Das äusserte sich in einer – aus heutiger Sicht – besonders blamabel-rassistischen Anmoderation zur Ehrung der “Torschützin des Monats” Juni 1975, der Bonnerin Beverly Ranger. Die ARD-Sportschau entschuldigte sich 2021 anlässlich des 50-jährigen Tor-des-Monats-Jubiläums bei ihr – zum Abspielen ihres eigenen Produkts reicht es leider nicht: “Dieses Video kann leider nicht abgespielt werden. Wir bitten um Ihr Verständnis.” Das kommentiert sich selbst.
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