mit Updates nachmittags und abends

Notieren Sie sich Montag den 31.7. 9 Uhr. Dann werden in der WM-Gruppe C Japan und Spanien aufeinandertreffen. Es könnte ein “vorgezogenes Finale” sein. Wenn es nicht zum Freundschaftsspiel wird, weil beide schon fürs Achtelfinale qualifiziert sein dürften. Japan hat soeben Sambia 5:0 geschlagen. Sambia, das sind die, die kürzlich in einem Vorbereitungsspiel den zweifachen Weltmeister Deutschland mit 3:2 düpiert hatten. Wir hier im Land des Menschenrechts auf Weltmeistersein sollten also jetzt mal kleine Brötchen backen.

Denn was die Japanerinnen eben zeigten, erinnerte mich an ihren Titelgewinn 2011 bei der deutschen Heim-WM, deren Chance und Potenzial der DFB, wie nur er es kann, gnadenlos verspielt hat. Optisch auffällig: die Damen aus der archaischen japanischen Männergesellschaft (inkl. weltgrösster Pornoindustrie, Schülerinnenprostitution und einer Yakuza, von der jede Mafia noch was lernen kann), sind optisch weit weniger nach den Kriterien der PR-Industrie und Sponsoren gestylt, als die meisten anderen Teams. Aber dafür ganz grosse Teamsportlerinnen. Schon 2011 waren sie unschlagbar, weil sie bis zur letzten Spielsekunde zusammengehalten haben. Vor allem aber sind sie geradezu barcelonesk ball- und passsicher, verbunden mit einem überfallartigen Umschaltspiel, das für jeden echten Fan eine Freude fürs Auge ist.

Sambia, definitiv kein Zwerginnenteam, hat notwehrartig zahlreiche Abseitspositionen für die Japanerinnen produziert, wie es in professioneller Defensivarbeit allgemeiner Brauch ist. Es blieben dennoch zahllose Japan-Angriffe übrig, die eben nicht abseits waren. Und das ohne Kunstpausen bis in die Nachspielzeit.

Voraussagen nach einem einzelnen Spiel waren noch bei jeder WM voreilig. Dennoch fällt im Vergleich auf: sowohl die Favoritinnen aus Spanien als auch aus den USA mussten mühevolle 3:0s hart erarbeiten. Ein DLF-Redakteur erinnerte, dass die USA vor 4 Jahren bei ihrem Titelgewinn Thailand noch mit 13:0 demütigten. Die unterlegenen Vietnamesinnen haben sich, ich habe heute Nacht mehrere Spielszenen am Tablet im Bett verfolgt, eine besondere Ehrung für Kampfgeist und Tapferkeit verdient, indem sie US-Weltstars mehrfach zur Verzweiflung (und verschossenem Elfer) brachten. Fussballerisch sind sie deutlich unter Sambia einzuordnen.

Das haben die Japanerinnen nun davon. Nach dieser Leistung sind sie Favoritin No. 1.

Update nachmittags

Ganz unten: Haiti

Gibt es ein Land, das mehr von politischen, ökonomischen, ökologischen und biologischen Realitäten gequält ist als Haiti? Mir fällt spontan keins ein. Sie spielten heute gegen die Europameisterinnen aus England. Und unterlagen nur deswegen mit 0:1, weil die Engländerinnen aus dem Zentrum des einstigen Weltimperiums einen verschossenen Elfmeter wiederholen durften.

Diese Elfmeterregel ist eine grosse Fifa-Scheisse. Die Torhüterinnen dürfen nicht von der Torlinie weg, bevor der Schuss abgegeben ist. Das ist Ultra-Gaga. Das Gegenteil wäre angemessen: wie beim Freistoss 9m Abstand vom Ball. Der Rest ist erlaubt. Und für mehr Spannung wäre gesorgt. Diese minutenlangen Video-Schiri-Prozeduren nehmen dagegen den Heldinnen auf dem Rasen jede Aura, jeden Lohn für ihre Anstrengungen. Diese Regel richtet sich gegen diesen Sport.

Die Leistungen Haitis in der Vorbereitung der WM waren geradezu sensationell. Leider finde ich nirgends eine Erklärung, wie diese Spielerinnen das überhaupt schaffen, in einem Land das wörtlich und sozial total in Trümmern liegt, und das die Welt dennoch nicht im geringsten interessiert. Heimspiele müssen nebenan in der Dominikanischen Republik ausgetragen werden, wo eine koloniale All-Inclusive-Infrastruktur für zahlungskräftige Westtouristen unterhalten wird.

Männer-ARD

Die Programmdirektorin der ARD ist, viele wissen das vielleicht nicht, eine Frau. Dennoch – oder deswegen? – sendet die ARD, während ich diesen Text aufsetze, lieber eine Apothekenrundfahrt der Männer in Frankreich, bei der im übrigen alle sportlichen Entscheidungen (Bergetappen und Zeitfahren) schon gefallen sind, als ein Spiel des Weltstars Pernille Harder (Dänemark) gegen die Weltmacht China. Wahrscheinlich, weil die Senderechte teurer bezahlt wurden. Update 23.7.: der Marktanteil der ARD fiel durch diese Fehlentscheidung Am Samstagnachmittag von 23 auf 16,5%.

Update abends

Die Ignoranz der Sportmänner von ARD und ZDF manifestiert sich aktuell im völligen Fehlen von Spielzusammenfassungen zu zumutbaren Sendezeiten für arbeitende Menschen. Beispiel: was hindert sie an einer 15-minütigen Minisportschau vor oder nach der Tagesschau? Die verzichtete nämlich um 20 Uhr auf Bilder des Japan-5:0s. Sportjournalistisch unverzeihlich. Ja, im Internet ist eine abrufbar (5min, also halb so lang wie ein Männerbundesligabericht). Aber wofür werden die teuren Expert*inn*en bezahlt, wenn nicht dafür, solche Ereignisse zu bewerten, wenn auch jemand guckt?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net