Der UN-Gipfel zum Weltklima COP 28 endet derzeit in einem Fiasko. Entgegen allen wortreichen Erklärungen gibt es keine gemeinsame Abschlusserklärung, mit der ein Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien, also Kohle und Öl, beschlossen werden sollte. Damit ist ein wirkungsvoller internationaler Konsens zur Rettung des Weltklimas trotz der Bemühungen der Bundesregierung, der EU und sogar der USA vorläufig am Widerstand Indiens, Russlands und der meisten Golfstaaten gescheitert.

Sie sitzen schon einen Tag nach. Nachdem gestern die junge indische Klimaaktivistin Kanguyam an den Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft erinnerte, wurde als Zensurmaßnahme das Licht für die Kameras der internationalen Presse heruntergedreht und die junge Frau durfte sich den höhnisch-zynischen Kommentar des Konferenzpräsidenten anhören, “dass man stolz auf den großen Elan der jungen Teilnehmer” sei. Das alles ist kein Wunder, bei diesem Tagungsort, der abgehobenen Sitzungsleitung und vor allem aufgrund der Tatsache, dass noch nie so viele Lobbyisten vor allem aus der Chemie-, Öl- und Kohlebranche  auf einem Klimagipfel der Vereinten Nationen anwesend waren.

Neue Koalitionen und Interessen

Nachdem sich bereits auf den Konferenzen der BRICS-Staaten im Sommer gezeigt hatte, dass sich zwischen Brasilien und Indien einerseits, Russland und China andererseits neue ökonomische und rohstoffbesierte Kooperationen und ähnliche Interessen anbehnen, setzte sich dieser Trend auf der COP 28 offensichtlich fort. Die von den Sanktionen des Westens offensichtlich nicht empfindlich getroffenen Erdgas- und Ölexporte Russlands finden weltweit ihre Abnehmer, teilweise, so wird gemunkelt, auch über die neuen LNG-Terminals in Europa. Indien hat in Dubai deutlich gemacht, dass es ebensowenig auf die Stromerzeugung mit Kohle verzichten will, wie Südafrika. Und die Golfstaaten haben zunächst jede Passage, die ein Ende der fossilen Energieerzeugung festschreiben wollte, aus den Resolutionsentwürfen verschwinden lassen.

Kleine Erfolge beim Nachsitzen?

Sollte es nicht – und dafür bedürfte es schon eines kleinen Wunders – in der kommenden Nacht zu einer fundamentalen Änderung des Schlußkommuniqués kommen, wird diese Klimakonferenz endgültig scheitern. In ihrem Verlauf hat sich bei dieser Konferenz sehr früh gezeigt, dass z.B. mit dem spektakulären, aber bisher leider viel zu gering mit Finanzen ausgestatteten  Hilfsfonds für vom Klimawandel betroffene Staaten, Effekthascherei und Greenwashing getrieben wurde. Daneben wurden erstmals bisher viel zu teure und kaum erprobte Verfahren zur CO2 Abscheidung oder -Speicherung völlig überbewertet. Ein Schelm, der böses dabei denkt, dass die Vorschläge etwa zur Speicherung von CO2 auf dem Meeresboden genau von den norwegischen Konzernen kommen, die in der Gas- und Erdölfördertechnik tätig sind.

Absurde “Übergangsrolle” als Erfolg der Atomlobby

Ebenso kontraproduktiv für die Rettung des Weltklimas ist die erfolgreiche Grennwashing-Aktion der Atomkraftlobby, die sich mit ihren zeitlich völlig nutzlosen Vorschlägen wieder erfolgreich unter die seriösen Vorschläge zur Klimapolitik mogeln konnte. Hier war es unter anderen der französische Präsident, der seiner Atomindustrie einen Stempel aufdrückte, den sie in keiner Weise verdient hat: AKW können gar keine “Übergangstechnologie” sein, als die sie Macron und Ursula von der Leyen gerne verkaufen möchten. Schon rein zeitlich nicht, weil heute zwischen der Planung und der Inbetriebnahme von AKW weit über 20 Jahre liegen. Der 2004 begonnene Block 3 des AKW Flammanville ist bis heute nicht in Betrieb – er soll 2024 in Betrieb gehen. Zudem gibt es nach wie vor weltweit kein Endlager für hochradioaktive Abfälle und die Gefahren eines GAU werden trotz Tschernobyl und Fukushima heruntergespielt. Zudem unterschlagen die AKW-Lobbyisten, dass Atomstrom verhindert, dass Strom aus Erneuerbaren ins Netz kommt und z.B. die spanischen und portugiesischen Strommengen nach Deutschland oder Polen verkauft werden können. AKW sind technische Blockierer jeder ökologischen Reform. Wenn das die Ergebnisse von COP 28 sind, ist ein Scheitern vorprogrammiert.

Konferenz der Tiere

Die “Konferenz der Tiere” von Erich Kästner nahm 1949 den Menschen zeitweise die Kinder weg, damit sie zur Vernunft kommen sollten. Leider wird es dieses schöne, vernünftige und bis heute aktuelle Märchen wohl nicht geben. Insofern bleibt für die Zukunft der Menschen “sie sind wohl nicht zu retten.”

 

Nachtrag um 22.30 am 13.12.:

Meine Analyse der COP 28 ändert sich durch die Abschlusserklärung NICHT.  Dass das fossile Verbrennungszeitalter “auslaufen” soll, ist weder konkret, noch neu, noch bahnbrechend. Wer von einem “Durchbruch” oder von einer “Wende” spricht, lügt sich selbst under der Öffentlichkeit in die Tasche. Die gefundene Formulierung ist nicht mehr und nicht weniger, als ein gesichtswahrende Formel für alle Seiten, die jeden Interpretationsspielraum erlaubt. Ich bin genügend Realpolitiker, um Greenpeace, Germanwatch und andere zu verstehen und zu unterstützen, dass sie den windelweichen Kompromiss als Fortschritt verkaufen. Unverbindlich isdt alles allemal. Deshalb kommt es darauf an, dass die nationalen Regierungen möglichst aller Länder von NGOs und Bürgerinitiativen, von FFF und anderen gezwungen werden, den windelweichen Worten härtere Taten folgen zu lassen. Wir sind nicht hilflos. Es gibt nichts gutes, außer man tut es.! Das heißt auch, der Ampel Beine zu machen.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net