Beueler-Extradienst

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Kadenzierend

Nach allem, was Leute, die es wissen müssen, meinen, ist Helge Schneider in erster Linie begnadeter Musiker. Von Musik verstehe ich selbst nur wenig, Kindheitstrauma in der 2. Klasse mit 7 Jahren. Für mich ist er mindestens zusätzlich ein grosser Weltfilosof, wie er hier im Interview mit dem Musikjournalisten Max Dax/FR unter Beweis stellt: ‘Wo haben Sie denn diesen Quatsch her?’ – Helge Schneider über die Freiheit, die Musik schenkt, und das Weglassen als die eigentliche Kunst.” IQ 140, und schlecht in der Schule gewesen. Da wundert mich nichts mehr …

Vorsicht Dialektik!

Das Gegenteil von kadenzierend ereignet sich im Profifussball der Männer, national und international. Und wer das hinreichend intensiv verfolgt, kann von dem mässigen Verlauf der Weltklimakonferenz zwar entsetzt, aber nicht überrascht sein. Dazu folgende Quellen.

DFL, Uefa und Fifa

Was da am Montag bei der DFL vor sich ging, ähnelte dem Geschehen im TV-Thriller “Die Saat”, nur mit weniger Toten. Jan Christian Müller/FR: Wirbel um Martin Kind: Kippt der DFL-Deal? – Es herrscht Ungewissheit, ob die womöglich entscheidende Stimme von Hannover-Boss Kind rechtens ist.”

Der Uefa-Oligarch Ceferin. bei dem Qatar in der Exekutive vertreten ist, will seine Satzung ändern lassen, wie es Militärdiktatoren mit Landesverfassungen machen, um dranzubleiben. Denn in der Zukunft sollen die Feudalbillionen in wachsendem Masse in seine Branche fliessen. Die Uefa-Champions League wird in der nächsten Saison nach einem Reglement ausgetragen, das kein Mensch mehr sportlich versteht. Aber ökonomisch verstehen es alle.

Aus den gleichen Motiven ist die Fifa-WM 2034 faktisch schon nach Saudi-Arabien vergeben, wo der Saud-Clan grosse Weltherrschaftspläne schmiedet, mit denen dann nur noch China wird konkurrieren können.

UNO, COP 28, u.a.

153 Regierungen dieser Welt sehen den Gazakrieg anders als Deutschland, und erst recht die mächtigste Macht der Welt, die USA. Das sind ziemlich viele. In deutschen Medien finde ich zwar dieses Ereignis, aber nicht den Wortlaut der Resolution. Mann nennt es Journalismus.

Diese weltpolitische Isolation reproduzierte sich bei der COP 28 in Dubai. Keine der alten Mächte, sondern das Feudalemirat entwarf die Schlussresolution. Und so wurde sie dann auch. Die nächste COP soll dann in Aserbaidschan stattfinden. Nur dass Sie sich dann über nichts mehr wundern … Zur Einschätzung hören Sie Georg Ehring/DLF (Audio 6 min) und den Profi-Optimisten Christoph Bals/Germwanwatch (DLF-Interview 12 min).

Ist die böse Welt also einfach zu schlecht für uns liebe Demokrat*inn*en? Wenn Sie wollen, können Sie das so sehen. Für Lai*inn*en, “normale” Bürger*innen ist das nicht abwegig. Mich dagegen beunruhigt die – längst nicht mehr schleichende, sondern disruptive – Abwesenheit der Handwerkskunst aus der deutschen Politik. Sie wird bei der EU-Wahl im Juni 24 und der US-Präsidentenwahl im November 24 zu katastrophalen Resultaten führen. Mit seiner Analyse der Gegenwart liegt Florian Rötzer/overton beängstigend richtig: Hat der Ukraine-Krieg militärisch nicht Russland, sondern Europa geschwächt? – ‘Geschwächte Armeen und leere Arsenale’ (WSJ) sollen in Europa Angst vor Russland schüren, verstärkte Rüstungsausgaben und Militärhilfe für die Ukraine befördern. Bundesregierung will für die Ukraine-Unterstützung wieder die Schuldenbremse aushebeln.”

Was wird die Lehre der Misere?

Ein zukünftig rechtsreaktionär geführtes EU-Europa wird sich weiter einmauern und aufrüsten. Und dabei sein politisches Inneres in seine Bestandteile zerlegen. Alle wollen militärisch aufrüsten. Aber auch ökonomisch davon profitieren (bzw. im Auftrag ihrer Klienten aus dem Grosskapital). Deutschland will was von Frankreichs Atomwaffen abhaben, Frankreich aber nichts abgeben (die sind ja nicht blöd). Denn welche Machtmittel hätte Macron sonst noch? Und nach ihm Le Pen? Was würden Friedrich Merz und Alice Weidel dann tun? Sich weinend beim US-Präsidenten beschweren? Bei Donald? Oder Nikki Haley? Letztere ist angeblich deswegen chancenlos, weil sich die alten, weissen Männer nicht für eine Frau mobilisieren lassen. Also doch Donald, der in Argentinien schon einen der Seinen platziert hat.

Oder wird Deutschland sich selbst zur Atommacht machen, um endlich, wie Nordkorea, von allen ernstgenommen zu werden? Die FAZ will es schon. Sie sind nicht viele, aber reich und mächtig.

Mit weiteren Parteigründungen und Spaltungen von sozialen Bewegungen anhand instrumentalisierter Fragen, von denen diese keine Ahnung und diverse Meinungen haben, lässt sich diese Entwicklung jedenfalls nicht bremsen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Peter Kramer

    Leider ist es nicht nur die FAZ, die Deutschland als Atommacht sehen möchte. Die drei Ampel-Parteien befürworten zumindest die nukleare Teilhabe, darum werden auch F35-Kampfjets als Ersatz für die Tornados angeschafft. Die Rutschbahn Richtung eigene Atomwaffen (wenn einen die USA und/oder Frankreich nicht ran lassen) wird schon mal eingeseift, so heisst es in einem Strategiepapier der Stiftung Wissenschaft und Politik: „In der Sicherheitsstrategie (der Regierung) heißt es jedoch, die Bundesregierung wolle die Voraussetzungen für eine nuklearwaffenfreie Welt im Dialog mit den Mitgliedern des Atomwaffenverbotsvertrags (AVV) schaffen – auch um Deutschlands Rolle als Beobachter bei den AVV-Vertragsstaatenkonferenzen abzusichern. Dabei sind nukleare Abrüstungsschritte derzeit aussichtslos.“

    In den 50ern war der Kampf gegen die Wiederbewaffnung der Beginn einer antimilitaristischen Bewegung die ihren Höhepunkt in den (auch recht unfriedlichen) 80er fand und eine eigene Partei hervorbrachte.
    Ich würde jede und jeden, der in SPD und Grünen noch Gehör findet bitten, sich an damals gewonnene Erkenntnisse zu erinnern.

    Ausserdem bekenne ich mich als Fan des grünen Wahlprogramms (1990):
    “Die GRÜNEN haben in ihrem Programm und in zahlreichen programmatischen Beschlüssen eine Welt ohne Militärblöcke und eine Gesellschaft ohne Waffen und Armeen zu ihrem politischen Ziel erklärt. Sie haben sich für eine Strategie einseitiger Abrüstungsschritte und für eine vollständige Konversion der Rüstungsproduktion in eine zivil nützliche und ökologisch verträgliche Güterproduktion und für die Entwicklung von Formen nichtmilitärischer Sicherheit und gewaltfreien Konfliktaustrags, soziale Verteidigung ausgesprochen.”

    Die Idee der sozialen Verteidigung halte ich nicht für verrückter als die Vorstellung ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland könnte den nächsten Krieg anders als atomar und chemisch verseuchte Wüste überstehen.

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