Beueler-Extradienst

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Bauernschlau Straftaten begehen

Die gegenwärtigen Bauernproteste sind genauso daneben, wie der “Streik” der niedergelassenen Ärzte nach Weihnachten 2023. Die Streiterei um den Argardiesel ist uralt und die Subventionen, die die Bauern kassieren, sind grenzenlos und unberechtigt. Ihre Ansprüche, die sie äußern, sind maßlos. Keine andere Berufssparte hat im vergangenen Jahr von Gewinnsteigerungen um durchschnittlich 16% profitiert, der Bauernverband selbst feiert das beste Jahr der Geschichte.

Es ist schon seltsam, wenn freie Unternehmer (Bauern, Apotheker, Ärzte) ihren Betrieb schließen und dies “Streik” nennen und auf Verständnis und wohlfeile parteipolitische Unterstützung von CDU, CSU und AfD sowie Rechtsextremisten bauen können. Wenn aber Lohnabhängige, wie die Lokführer, die ihr Grundrecht auf Streik wahrnehmen und für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Lohn sowie mehr Arbeitsplätze für eine pünktlichere Bahn streiken, in den Medien auf Unverständnis treffen oder mit Häme überzogen werden. Das Grundgesetz bewertet diese Rechte anders. Das wird 2024  ja 75 Jahre alt und Arbeitnehmer*innen*rechte sind im Postkapitalismus nicht mehr in Mode.

Vor allem Rechtsextremisten sorgten bei den Bauerndemos z.B. in Bonn dafür, dass sich bei einigen Aktionen bis zu einem Viertel  Handwerker und SUV-Besitzer mit rechtsextremistischen Parolen als Trittbrettfahrer anschlossen. Hat der Bauernverband einen Autokorso angemeldet? CDU/CSU und eine völlig desorientierte SPD-Ministerpräsidentin des Saarlandes müssen sich ebenso wie der Bauernverband fragen lassen, ob sie noch bei klarem Verstand sind, wenn sie die maßlosen Forderungen vorbehaltlos unterstützen. Denn nach der Bilanz des Bauernverbandes endete das Jahr 2023 mit einem Jahrhunterthoch des Gewinns für konventionelle Landwirte.

Steuer- und Subventionsprivilegien um jeden Preis

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Entscheidung der Bundesregierung, die Subventionen des Agrardiesels und das Steuerprivileg der Ausnahme von der KfZ-Steuer zu streichen, für die Bauern plötzlich kam. Genauso plötzlich, wie die Auswirkungen des BVerfG-Urteils die Bundesregierung trafen, deren Haushalt als verfassungswidrig erklärt und sie zu striktem Sparen verurteilt wurde. Dafür dürften sich die Bauern letztlich bei Friedrich Merz und der CDU/CSU bedanken. Was Bürgergeld empfangende, alle Unternehmer und Selbständigen, vor allem auch die Pendler und Arbeitnehmer trifft, nämlich die steigenden Energie- und Kraftstoffpreise, Haushaltskürzungen und Modernisierungsanstrengungen der Energie- und Verkehrswende, darvon möchten sich die Bauernverbandsbauern unsolidarisch verabschieden.

Strategie der Bauernfunktionäre seit mehr als einem halben Jahrhundert

In dieser Situation müssen alle gesellschaftlichen Gruppen ihren Beitrag leisten. Was aber die Bauernfunktionäre fordern, ist nicht mehr und nicht weniger, als von allen Sparmassmahnen ausgenommen zu werden. Was bei jeder anderen gesellschaftlichen Gruppe als eine unverfrorene politische Dreistigkeit zurückgewiesen würde, hat die Bundesregierung bereits mit der Rücknahme der Besteuerung von Treckern durch voreiliges Zurückrudern geschluckt. Dass sie überdies den Agrardiesel nur schrittweise anpassen will, ist ein Zugeständnis, das viel zu schnell gemacht worden ist und nun mit kompromisslosem Extremismus beantwortet wird.

Extremisten, CDU/CSU und die Bauernverbände Hand in Hand

In Wirklichkeit ist es so, dass der Großteil der Agrar-Subventionen in industriell organisierte Großbetriebe fließt, und familiäre Betriebe  schon lange nicht mehr profitabel arbeiten können. Das ist aber nicht die Schuld der Bundesregierung, sondern Ergebnis eines ruinösen Wettbewerbs, bei dem nicht die Verkäufer, die Bauern, profitieren, sondern das Kartell der Käufer. Seit Jahren diktieren diese Konsumgiganten den Erzeugern die Preise und zwingen die Bauern, z.B. die konventionelle Milch unter dem Produktionspreis  abzugeben. Wenn ihnen also etwas zu schaffen macht, dann sind das berechtigterweise die miesen Knebelverträge der Supermarktketten für Fleisch- und Milch-, sowie Getreide- und Gemüsepreise.  Von der “Inflation”, d.h. dem Kriegsgewinnlertum von Rewe, Edeka, Lidl und Aldi ist so gut wie nichts bei den Bauern angekommen.

Subventionen als Lebensprinzip – wohin es führt

Aber die sind durch jahrzehntelange Subventionströpfe der EU und des Bundes gewohnt, immer nur nach der Regierung zu schreien. Die Biobauern haben schon lange Erzeugergemeinschaften gegründet, das hätten die konventionellen Bauern längst auch tun können. Sie schreien nach Glyphosat und bei Größe und Kosten der Traktoren geht es ähnlich zu, wie bei den SUVs im PKW-Bereich. Immer größer, fetter, mehr Verbrauch und Prestige. Dazu kommt eine Entwicklung, dass Großkonzerne zunehmend Agrarland aufkaufen, wie in den USA, wo Familienbetriebe verschwinden und durch Agrarkonzerne mit Lohnsklaven ersetzt werden. Die meisten der US-Agrarsubventionen fließen in den Rachen dieser Großkonzerne, die wiederum Appendix von Monsanto und Co. sind. Das alles bedürfte einer differenzierteren Diskussion und Ursachenbekämpfung, denn wir sind in Deutschland auf dem gleichen Weg..

Verständnis für Maximalforderungen unangebracht

Bei den Bauernpotesten dieser Woche wird deutlich, dass sie von den als scheinbare Rechtsblockparteien inhaltlich auftretenden CDU/CSU und AfD bis hinein in die rechtsextremistische Szene instrumentalisiert werden, um die Ampelkoalition zu desavouieren und ein politisches Aufständchen anzuzetteln. Von einer “Brandmauer” der CDU/CSU nach rechts war dagegen weit und breit nichts zu sehen. Die dabei eingesetzten Protestformen sind übrigens genauso illegal, wie das Festkleben der Klimakleber auf der Straße. Mit einem wesentlichen Unterschied: die Klimakleber riskieren ihre Haut, möglicherweise ihr Leben oder ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Sie werden trotz ihres legitimen Protests mit zweifelhaften Prozessen überzogen, martialen Strafen ausgesetzt, öffentlich mit Hass und zum Teil Gewalt überzogen, und dafür sogar als “kriminelle Vereinigung” von bayerischen Staatsanwälten verfolgt, weil sie sich für ihre lebenswerte Zukunft und das Recht auf einen im wahrsten Sinn lebenswertes Leben auf diesem Planeten und damit für Grundrechte aller einsetzen.

Klimakleber verfolgen, extremistische Strafaten von Bauern verharmlosen

Bauern machen sich bei ihren Protesten vorwiegend einen schlanken Fuß. Es sind nicht mehr die Ackerschlepper der Bauernproteste der sechziger- und siebziger Jahre, auf denen rotnasige Bauern im Lodenmantel und Fellmütze frierend für ihre Anliegen kämpfen. Der Protestbauer von heute sitzt im vollklimatisierten Nobeltrecker für €450.000,00  aufwärts und mit bis zu 717 PS, verbraucht bis zu 20 Liter Agrardiesel pro Stunde und läuft aufgrund der physischen Gewalt, die er mit seinen Geräten ausüben kann, zu keiner Minute Gefahr, dass ihm etwa Bürger widersprechen. Ein Dialog findet nicht nur mit Robert Habeck nicht statt. Und weder Polizei, noch Politiker trauen sich, dieser Gewaltdemonstration zu widersprechen oder sie aufzuhalten. Von wegen Gewaltlosigkeit! Stattdessen werden die immer gleichen Parolen gedroschen, mit denen Bauern nach dem erfolgreichsten Wirtschaftsjahr ihrer Geschichte pauschal behaupten, dass es um ihre Existenz ginge. Nein, sie wollen weitermachen wie bisher, am liebsten keine Umweltregeln beachten, weiter Glyphosat industriell verarbeiten und die ökologische Transformation der Landwirtschaft verhindern.  Das, was im Moment und wahrscheinlich den gesamten Rest der Woche stattfindet, sind keine Demonstrationen, sondern organisierte Nötigungen mit Treckergewalt.

Schluss mit organisierter Treckergewalt und Steuerkriminalität!

Welch ein Aufschrei ginge durch die Republik, würden sich Umweltschützer mit einigen hundert Autos, Fahrrädern und motorisierten Zweirädern “bewaffnen” und sich mitten in der Woche verabreden, um sich auf dem Kölner und Berliner Ring, am Frankfurter Kreuz, rund um Stuttgart und München zur Durchsetzung von 30 km/h auf Autobahnen zu verabreden? Es käme zu schärfsten Reaktionen der Politik, Polizei würde einschreiten, diese Demonstrationen verbieten und kriminalisieren. Nichts anderes aber machen derzeit die Landwirte und ihre politischen Trittbrettfahrer – straflos. Dabei begehen sie nicht nur Straftaten wie Nötigung §240 StGB, Steuerhinterziehung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr §315b StGB, die unverständlicherweise auch noch von der Polizei beschützt und begleitet werden.

Was tun gegen ungerechtfertigte Protestformen der Gewalt?

Die Teilnehmer dieser Aktionen begehen allesamt systematisch und bandenmäßig Steuerdelikte: Die Steuerbefreiung von Ackerschleppern, Landmaschinen und Mähdreschern ist nämlich nur unter der Prämisse gültig, dass diese Geräte auf dem kürzesten und notwendigen Weg der landwirtschaftlichen Arbeit oder Dienstleistung – vom Hof aufs Feld, vom Feld in die Scheune, vom Rübenacker in die Zuckerfabrik fahren. Mit dem Trecker in Urlaub fahren ist ebenso Steuerhinterziehung, wie die Fahrt zum Protestzug. Und das ist so streng geregelt, dass nicht einmal Jäger, die eine winterliche Wildfütterung beliefern wollen, ein grünes Kennzeichen für ihr Fahrzeug bekommen. Die Steuerbefreiung richtet sich nach § 3 Kraffahrsteuergesetz 2002: und zwar: Zugmaschinen (keine Sattelschlepper), anerkannte Sonderfahrzeuge und Anhänger. Traktoren und Anhänger mit grünem Nummernschild dürfen auf öffentlichen Straßen und Wegen fahren, allerdings nur, wenn das von der Steuer befreite Kraftfahrzeug

  • ausschließlich für die oben genannten Fahrzeuge,
  • in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben,
  • zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe,
  • zu Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe, wenn diese in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beginnen oder enden,
  • zur Beförderung von Milch, Magermilch, Molke oder Rahm oder
  • von Land- und Forstwirten zur Pflege öffentlicher Grünflächen oder zur Straßenreinigung im Auftrag von Gemeinden oder Gemeindeverbänden verwendet wird.
Die organisierte Nötigung und Steuerhinterziehung anzeigen

Die Fahrten von und zu den Bauernprotesten und die Teilnahme daran sind also ein Verstoß gegen das Steuerrecht, denn die Bauern nutzen Straßen, für deren Erhaltung sie keine Steuern entrichten. Das ist klare Steuerhinterziehung, denn in einschlägigen Urteilen ist festgelegt, dass etwa die Fahrt zur Berufschule, der wächentliche Einkauf für den eigenen Haushalt oder die Fahrt zum Service gerechtfertigte Ausnahmen sind, die nicht zum Verlust der Steuerfreiheit führen.

Bauernproteste durch Auflagen zur Friedlichkeit zwingen

Daraus folgt  für alle, die etwas gegen die unberechtigten Bauernproteste tun wollen: es gibt eine einfache Möglichkeit. Fotografieren der Kennzeichen und Anzeige beim zuständigen Finanzamt wegen Verstoßes gegen das Steuerprivileg. Es wird spannend sein, wie die Finanzgerichte über die dann vermutlich folgenden Einsprüche entscheiden. Denn ob allein die Demonstrationsfreiheit, die ein schützenswertes Gut unserer Verfassung ist, die Gewaltausübung dieses Grundrechts mittels Treckern deckt, muss bezweifelt werden. Die Bauern  könnten ihren Protesten durchaus auch zu Fuß in einer Demonstration, wie sie alle anderen Bürger per Pedes Ausdruck verleihen, zumal dann deutlich würde, wie klein die Gruppe in Wirklichkeit ist, die hier um ihre Privilegien kämpft.

Beugen Politik und Ordnungsbehörden für die Bauern das Recht?

Es ist deshalb auch die Frage zu stellen, wieso eigentlich Polizei und Innenminister beim derzeitigen Ausmaß der gewalttätigen Proteste nicht von ihrem Recht Gebrauch machen, Auflagen zu verhängen, wie z.B. mit Treckern nur in ganz bestimmten Bereichen zu agieren oder ganz auf die Gewaltmaschinen zu verzichten. Es hat sich wohl als eine Art Gewohnheitsrecht der Agrarlobby eingeschlichen, dass organisierter Mißbrauch von Gewalt mittels Landkraftmaschinen als Nötigung straffrei bleibt. Eine Rechtfertigung dafür ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: die Frage wäre zu stellen, in wievielen Fällen in dieser Woche Krankenwagen und Einsatzfahrzeuge der Polizei an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert worden sind.

Alle sind vor dem Gesetz gleich, aber manche sind gleicher

Und die Frage ist zu stellen, wann und ob  jene bayerischen Staatsanwälte, die die “Letzte Generation” als kriminelle Vereinigung eingestuft und bundesweite Durchsuchungen angeordnet haben, – oder andere, die meinen, dass das Strafgesetzbuch für alle gilt – den Bauernverband und seine Funktionäre als kriminelle Vereinigung zur systematischen Begehung von Straftaten (Nötigung und gefährlicher Eingriff in den Kraftverkehr, Anstiftung zur Steuerhinterziehung) einstufen und bundesweite Durchsuchungen anordnen, um Anklage zu erheben. Denn vor dem Strafgesetzbuch sollten ja alle gleich sein. Auch wenn es ein Unterschied ist, ob sich Menschen gewaltfrei am Asphalt festkleben oder mit ihren Treckern gewaltsam gemeinsam mit Rechtsextremisten die Demokratie plattwalzen. Die gehören um so mehr vor Gericht.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Klaus Richter

    Lieber Roland,
    warum erstattest Du nicht eine entsprechende Anzeige wegen der vermuteten Straftatbestände?
    Freundliche Grüße
    Klaus Richter

    • Roland Appel

      Weil die Beweislage schwierig ist. Die Aufnahmen von Blockaden, die ich im Fernsehen aufgezeichnet habe, bei denen z.B. Galgen gezeigt wurden, oder BAB-Auffahrten blockierten, verdeckten die Kennzeichen der Täter. Was mir scheierhaft ist, warum Polizeikräfte vor Ort, die solche Fälle von Bedrohung oder Volksverhetzung wahrnehmen, nicht dokumentieren. Bei jeder Autonomen- oder Kurdendemo sind Videowagen dabei. Beim gewalttätigen Bäuerlein mit 700 PS nicht.

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