Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig hat als Heilmittel gegen eine Schwächung der Demokratie empfohlen: Die Demokraten müssen zusammenstehen. So im Bonner General-Anzeiger vom 7. September auf der Seite zwei. Das ist ein schöner Satz. Der ist in Variationen von vielen zu hören und von allen, die das „System“ Bundesrepublik ganz bewusst tragen – CDU und CSU, SPD, Grüne, FDP, auch die Linke sowie kleinere Parteien. Andere, die von den eben erwähnten Parteien als „Systemparteien“ oder „Altparteien“ sprechen, reden nicht vom Zusammenstehen der Demokraten. Zum Beispiel die AfD. Wieder andere, etwa die Gründerin des BSW, sprechen von einem Sumpf, wenn sie über die in der Aufzählung erwähnten reden. Sich da ein Zusammenstehen vorzustellen, das ist verdammt schwierig.
Liefert denn der Satz der Bundesratspräsidentin das, was er verspricht? Ich glaube das nicht. Denn wenn eine über die Jahrzehnte durchaus erfolgreiche parlamentarische Demokratie auf die Rutschbahn gerät, dann muss bereits einiges passiert sein.
Ich bin überzeugt, dass zuerst Mal ein Satz, ein Bonmot des Kabarettisten zählt, der im vergangenen Jahr 100 geworden wäre, wenn er nicht im Mai 89 gestorben wäre, ein halbes Jahr bevor die Mauer fiel: Wolfgang Neuss. Von ihm stammt der Satz: „Heut’ mach ich mir kein Abendbrot, heut’ mach ich mir Gedanken.” Schätze, das würde auch der Demokratie helfen.
Stellen Sie alle sich bitte vor, was wäre, was alles könnte und unterblieb, wenn sich zuerst Gedanken gemacht, nachgedacht würde, dann geredet, und wenn dann erst die Bratkartoffel oder das vegane Spiegelei auf die Teller kämen?
Stell´ ich mir das vor, bleibt mir das Lachen im Halse stecken. Eigentlich anständig erzogene Leute würden nicht mit Blechhut-Tragenden zusammen durch die Straßen ziehen. Viele würden sich überlegen, ob sie tatsächlich noch viel Geld auf den Tresen legen wollten, um jenseits des Äquators Urlaub zu machen. Vielleicht würden große, dicke SUVs in den Karpaten gefahren, aber nicht auf Kudamm oder Kö. Keine Jüdin und kein Jude müssten hierzulande fürchten, wegen des Satzes „Bring them home now“ angegriffen zu werden, wie eben in Heidelberg. Es würden keine Schweineköpfe mehr vor Moscheen gelegt werden. Keine Bürgermeisterin, kein Landrat, keine Stadt- und Gemeinderäte würden noch angepöbelt beziehungsweise verprügelt. Der Satz: die da oben, wir hier unten, bezöge sich auf Sonne, Mond und Sterne einerseits und Gassi gehen andererseits.
Fragt sich nur, wer der Bundesratspräsidentin erzählt, dass es bessere Ratschläge gibt als den im GA.
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