Im Ernst, Frau Esken? Herr Olaf Scholz ist „unser starker Kandidat“? Glauben Sie wirklich, Frau Esken, ausgerechnet mit dieser Kanzlerattrappe von Lindners Gnaden, diesem Brechmittelfan, Cum-Ex-Vertuscher und Seeheimer SPD-Rechtsausleger, ist noch was zu holen? Minister Pistorius steht jedenfalls auf dem Standpunkt, bei seinem Parteigenossen Scholz handle es sich um eine „durchaus ernst zu nehmende Fähigkeitslücke in Europa“.
Außerdem interessieren uns auch nicht all diese brillanten politischen Mantras, zum Beispiel „das gehen wir jetzt konsequent an“, „das muss aufgeklärt werden“, „das gehört auf den Prüfstand“. Auch die Suche nach „rechtlich und praktisch tragfähigen Wegen“ machen wir nicht mit, weil wir gar nicht wissen, was eine „Zeitenwende im Inneren“ ist, die Nordrhein-Westfalens IntegrationsministerinI, die Grüne Josefine Paul, vollziehen will… Doch klar ist, wir sollen uns selbst rechts überholen. Wir sollen die illegale Zuwanderung in den Griff bekommen und eine grundlegende Migrationswende herbeiführen, also Beschränkung der illegalen Migration, denn das Asylrecht ist nicht mehr zeitgemäß, wenn wir diejenigen an den deutschen Grenzen zurückweisen wollen, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben, und da ist angesichts unserer nationalen Notlage ein Abschiebe-Arrest für alle jungen Männer aus Arabien mehr als angebracht, bis wir mit Syrien und Afghanistan die Rücknahme ihrer Bürger vereinbart haben, um zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung eine Gefährdung unserer nationalen Sicherheit zu vermeiden, zumal die Überforderungsgrenze für unser Land erreicht ist. Klar ist eigentlich nur: Mit den Taliban, mittelalterlichen Zombies ohne jede Zukunft, kann man, muss man, darf man, soll man reden. Mit Putin nicht.
Das Feindbild steht: hochqualifizierte Fachkräfte holen wir aus dem Ausland, Billiglöhner, die auf die Reallöhne drücken, können wir für die Schmutzarbeit und zur Pflege rassistischer Hetzer weiterhin gut gebrauchen.
Kasernen haben Priorität vor Studentenwohnheimen. Kanonenfutter muss nicht akademisch gebildet sein. Künstliche Intelligenz reicht völlig für die Geschäftskorrespondenz des Managements (wofür sie ja erfunden wurde). Bildungsferne Milieus kann man locker von Bildung fern halten: Solange Zuschüsse der Eltern die wichtigste Einkommensquelle der Studierenden sind – kann man denen nur raten: Eltern muss man sich gut aussuchen.
Die SED hat ihren DDR-Staatsbürgern und -bürgerinnen ja deutlich und oft genug erklärt, wie das Leben im Kapitalismus funktioniert. Sie hätten es also wissen können. Aber arglos, naiv, verblendet vom Westfernsehen und abgestoßen von einem DDR-Regime, das materiell mit dem Konsumparadies BRD nicht mithalten konnte, haben sie das nicht geglaubt, weil es die SED war, die ihnen das erzählt hat. Mittlerweile gibt es eine Menge Ossis, die begriffen haben, was sie sich da eingebrockt haben: Sie haben ein nicht perfektes DDR-System gegen ein ganz perfektes BRD-System eingetauscht. Das gefällt ihnen jetzt nicht mehr so gut. Sie wollen wieder zurück, viel weiter zurück, in das deutschnationale DDR-Vorgängersystem: Da werden sie dann noch mehr neue Autobahnen bauen…
Der Philosoph Jürgen Habermas befindet, dass sich „das Bewusstsein der politischen Eliten im Westen von der Logik des Krieges mehr und mehr vereinnahmen“ lasse, und warnt vor dem „Rückfall in eine bellizistische Mentalität“, die nur noch auf militärische und nicht diplomatische Mittel setze. Er wirft dem Westen vor, den Krieg seinem Selbstlauf zu überlassen und keine realistische Vorstellung zu entwickeln, was das Ziel dieses Krieges ist und wie er enden kann. Habermas verweist auf Thomas von Aquin, was ja für alle Katholiken besonders interessant sein dürfte: Schon im Mittelalter wurden die Nebenfolgen auch eines aus moralisch zweifelsfrei nachvollziehbaren Gründen (causa iusta) geführten Krieges als so gravierend eingeschätzt, dass weitere hohe Anforderungen gestellt wurden, um ihn zu rechtfertigen: Er müsse der letzte Ausweg sein (ultima ratio) und angemessen in der Wahl seiner Mittel (ius in bello: der durch den Krieg hervorgerufene Schaden darf den zu erwartenden Erfolg nicht deutlich überwiegen). Und außerdem müsse er eben auch ein realistisches Ziel haben, die realistische Aussicht auf einen den besiegten Feind einbeziehenden gerechten Frieden (iustus finis).
Warum hören die Grünen nicht einfach auf Habermas? Hält Frau Baerbock ihn für einen gestörten Tattergreis und ein philosophisches Weichei? Wahrscheinlich nicht: Wahrscheinlich hat sie den Namen Jürgen Habermas noch nie gehört, und es faszinieren sie ausschließlich so Testosteron-strotzende Kerle wie Selenskyj und Klitschko, Andrij Melnyk und Stepan Bandera.
Vielleicht würde es der Glaubwürdigkeit der Grünen dienen, wenn sie wenigstens in anderen Bereichen, also jenseits der Ukraine, mal wieder genuin friedenspolitisch aufträten. Mit Aufrüstungsdynamik und Abrüstungsdialog kannten sie sich früher ganz gut aus, und diese Kompetenzen könnten sie gern reanimieren, zum Beispiel, indem sie eine wirklich dynamische Front gegen die Stationierung von US-Raketen etablieren. Das wäre mal eine aggressive Verteidigungspolitik!
Also ein neuer, ein richtig fähiger Kanzler für Deutschland? Der CDU-Vorsitzende Merz wird bei der kommenden Bundestagswahl 69 sein und bei seinem möglichen Einzug ins Kanzleramt wohl schon 70.
Auf Nachfrage ergänzt der CDU-Chef, dass er einen Zeitraum von „sechs bis zehn Jahren“ im Blick habe: „Wenn ich es mache“, sagt Merz, „dann muss ich auch das gute Gewissen dabei haben, dass ich das physisch und auch geistig kann und durchhalte – und das sollte dann auch nicht nur für kurze Zeit sein.“ Kanzler bis 80? „Geistig“ im Zusammenhang mit Merz? Schwer vorstellbar. Die jugendliche Schneidigkeit von Friedrich Merz ist nichts Anderes als inbrünstiges Labern. Hat diese sauerländische Lallbacke überhaupt schon mal was Positives auf den Weg gebracht?
Der CSU-Vorsitzende Markus Söder betonte mit Blick auf eine mögliche Kanzlerkandidatur: „Ich bin ja auch sehr stark und sehr stabil.“ Hat das vielleicht irgendeinen positiven Effekt für Deutschland gehabt, der uns entgangen ist? Der „junge“ Herr Söder swingt wie eine fette provinzielle Pupsmachine ohne erkennbare intellektuelle Ausrichtung geräuschvoll über Bayern, und hoffentlich treiben ihn seine Winde nicht nach Norddeutschland ab. Bleibt noch Kanzler Habeck? Der ist doch heute schon älter, als Biden jemals gewesen ist…
Vor 23 Jahren, am 25. Sept. 2001, hielt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (Das war der mit der Rosshaarmatratze am Kinn) im Bundestag eine Rede. Zum Gedenken an dieses Ereignis hier einige aus dem Zusammenhang gerissene Sätze:
“Ihr heutiger Besuch ist auch deshalb ein besonderes Ereignis… weil wir eine neue Qualität internationaler Zusammenarbeit anstreben… Sie sind unser erster ausländischer Staatsgast, der in deutscher Sprache vor dem Deutschen Bundestag spricht – eine außergewöhnliche Geste! (Beifall). Ihr heutiger Besuch ist auch deshalb ein besonderes Ereignis, weil wir eine neue Qualität internationaler Zusammenarbeit anstreben…Wir verdanken sie auch den vielen Menschen in beiden Ländern, die in den vergangenen Jahren aufeinander zugegangen sind und die gute Tradition von Begegnung, Austausch und Zusammenarbeit belebt haben… Denn es gibt sie ja, die guten Traditionen unserer gemeinsamen Geschichte, in der auch Russland zu einem nicht wegzudenkenden Teil der europäischen Kultur und Politik geworden ist. Wie eng waren die Beziehungen zwischen Königshäusern, Kaufleuten und Kulturschaffenden! Thomas Mann hat von der ‘anbetungswürdigen, heiligen russischen Literatur’ gesprochen… Wie immer die Gemeinschaft der europäischen Staaten in Zukunft organisiert sein wird: Ohne festes Band zu Russland bleibt Europa unvollständig…” Danach hielt der russische Staatspräsident Putin eine von den Bundestagsabgeordneten bejubelte Rede. Und was ist dann schief gelaufen? Hat dieser böse russische Wolf daran wirklich die Alleinschuld?
“Die Medien sollen in voller Freiheit so viel Dummes und Kluges, soviel Anständiges und Schmutziges produzieren, wie es ihrem geistigen und moralischen Vermögen entspricht. Ich habe in den letzten 60 Jahren so viel Verachtung gegen diese Medien angehäuft, dass sie genügt, um mich für den Rest meines Lebens gegen jede Neigung zu festigen, mich auch nur polemisch mit ihr zu befassen”. (Kurt Eisner)
Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus dem Blog des Autors, mit seiner freundlichen Genehmiguhng.
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