Die Versteigerung von Deutschlands TV-Rechten am Profifussball der Herren hat begonnen. In den Profivereinen wird gezittert. Es geht um ihren wichtigsten Einnahmeposten. Und wahrscheinlich gibt es nur zwei Bieter für das fetteste Paket: die Pay-TV-Ketten Dazn (Len Böavatnik) und Sky (Comcast). Wenn die schlau sind, und nichts spricht dagegen, werden die für die feilgebotene Langeweile, bei der seit Jahrzehnten immer die gleichen mit dem dicksten Festgeldkonto gewinnen, weniger statt mehr bieten. Das ist die entscheidende Frage. Was aber diskutieren die Medien der wenigen deutschen Verlagsmilliardär*inn*en? Das immer wiederkehrende “Totenglöcklein” der ARD-Sportschau.

Gehts noch unwesentlicher? Die Sportschau war mal eine Medienmacht. Es waren die Zeiten, als die wichtigsten Spiele am Samstagnachmittag um 15.30 h ausgetragen wurden, und im Anschluss Zusammenfassungen der Höhepunkte gesehen werden konnten. Die ganze Fussballrepublik guckte dabei zu.

Dann ging es mit der Gross-“Vermarktung” los. Die konkurrierenden Privatsender der Milliardärsfamilien Kirch (SAT1) und Mohn (Bertelsmann/RTL) boten Mondbeträge, um sich exklusive TV-Rechte zu sichern. Die Mohns merkten rechtzeitig, wie krank das ist; Kirch machte pleite. Dann folgte der Reaktionär und Medienvorgesetzte zahlreicher mächtiger Regierungsschefs (von Blair bis Trump) Rupert Murdoch, der den leckgeschlagenen deutschen Pay-TV-Kanal (“Premiere”) übernahm, und unter dem im UK profitabel laufenden Namen Sky auch in die deutsche Fussballblase (der Herren) kräftig Kapital hineinblies, in der Erwartung so den deutschen Medienmarkt übernehmen zu können. Hat nicht geklappt. Ein Glück für unsere Demokratie – “Fox” und “Sun” blieben uns erspart. Die Deutsche Fussball-Liga/DFL dagegen sieht das ganz anders.

Sie bedauert das. Die “Sportschau”, also die Zusammenfassung der Höhepunkte nach den Spielen, ist, was die Kapitalbeträge betrifft, ein lächerlicher Nebenplatz. Nicht jedoch für die Masse der Fans. Und natürlich auch nicht für ARD und ZDF. Letztere haben jedoch grundsätzliche Probleme, die neuen Zeiten zu verstehen. Heute sehen weit weniger als 5, in der Regel 3-4 Mio. noch die Samstags-Sportschau (4 oder 5 Spiele). Beim ZDF-Sportstudio zu mitternächtlicher Stunde ist es noch einmal weit weniger als davon die Hälfte (angebliches “Topspiel der Woche”). Die gestrigen Sonntagsspiele sahen im Dritten des WDR 400.000 (= mickrige 8% Marktanteil), das waren nur halb so viele, wie zuvor die sterbenslangweilige NRW-Landespolitik (“Westpol“) geglotzt haben.

Es geht also um eine Programmnische, für deren Aufrechterhaltung die DFL eher noch was zahlen müsste, statt es hinten und vorne aus unseren Gebührengeldern reingestopft zu bekommen.

Denkbar ist nun, dass die schwindsüchtige DFL Höhergebote der ebenfalls schwindsüchtigen Privat-TV-Sendeketten Pro7Sat1 (Hauptaktionär der Clan der Berlusconi-Erben) oder RTL (der deutsche Mohn-Clan) den öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF vorzieht. Kann mann so machen. Ich bin dann raus. Mit meiner TV-Empfangstechnik DVB-T2 verlangen die Privatketten noch jährliche Abogebühren von mir (70 €), statt mir was dazu zu bezahlen, dass ich ihre nervtötenden Werbeblöcke ertrage.

Die Alternative: Kurzberichterstattung

Mein Vorschlag an die Medien, die “uns” gehören: Ausstieg aus der Versteigerung und – endlich, endlich – Inanspruchnahme des gesetzlich verankerten Rechts auf Kurzberichterstattung. Darauf haben ARD und ZDF jahrzehntelang verzichtet, weil sie, statt unsere Öffentlichkeitsrechte zu vertreten, lieb und nett zu Deutschlands Fussballclans sein und keinesfalls zur Last fallen wollten. Denn wie schön ist es doch, nach dem Schlusspfiff in der Mixed Zone noch was zusammen zu trinken, und mal über alles zu reden, als wäre mann die dicksten Kumpels …

Kurzberichterstattung entspräche in etwa den heute in die Tagesschau aufgenommenen Spielberichten. Die könnten dort zugunsten wichtigerer Dinge rausgenommen werden. Stattdessen ein journalistisch unabhängiges Magazin mit 4-5 Kurzberichten von den Spielen, plus Analyse- und Hintergrundgesprächen mit Menschen, die was von der Sache verstehen (allerdings ohne die Millionenhonorare für kumpelige Schwätzer wie Schweinsteiger etc.). Die italienische RAI sendete zeitweilig Live-Studiogespräche über die Spiele ohne Bildrechte – das lief auch. Weil das Trash-TV in Italien schon immer Nebenbeimedium war, wie hierzulande das Radio.

Journalismus ist was Anderes, als die heute praktizierten – und vertraglich zugesicherten! – Produktpräsentationen, mit denen sogar Propaganda für semikriminelle Wettanbieter mitgesendet wird. Es wäre das erste Mal, “unsere” Medien kämpferisch für die Rechte der Öffentlichkeit zu erleben. Ich bin nicht sicher, ob ich das noch erlebe.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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