“Der menschliche Erkenntnisprozess ist prinzipiell unabschliessbar.” (Jungdemokraten, “Leverkusener Manifest”, 1971). Mein Lieblingssatz. Wie kommichdrauf? Als ich 1985-87 als Student prekär beschäftigter Bundesgeschäftsführer der Jungdemokraten war (1982 hatte sich der Verband von der FDP getrennt, und lebte seitdem unter unsicherer Finanzierung), verbreitete ein Verbandsmitglied das Gerücht, ich sei “Agent” (ich habe vergessen, für wen, ist schon so lange her). Ich fuhr durch die nördliche Hälfte der Republik, um ihn zur Rede zu stellen, und es gelang mir, ihn davon abzuhalten, dieses Treiben fortzusetzen. In jener Zeit gab es einen tatsächlichen auf mich zielenden Anwerbeversuch.
Ein Botschaftssekretär der UdSSR lud mich zweimal zum Essen ein. Ich war kein Geheimnisträger und sagte offen meine Meinung zu all dem, was seinerzeit für jede*n zu lesen war. Aufgrund unseres Einkommensunterschiedes liess ich mir das Eingeladenwerden gefallen. Beim dritten Mal brachte ich allerdings eine Zeugin mit: unser ehrenamtliches Bundesvorstandsmitglied für Internationales. Weitere Einladungen an mich erfolgten nicht.
Wie kommichdrauf? Über den Journalisten John Goetz schwirren die wildesten Agentengeschichten durch die Medienblase. Hier im Beueler Extradienst war er vor zwei Jahren Gastautor mit seiner “Laudatio auf Hans-Christian Ströbele”. Vermittelt wurde mir der Text von Andreas Zumach, der mir auch heute, während ihn sein Arbeitgeber NDR vollregnen lässt, versichert: “Nichts stimmt.”
Davon ist offenbar auch Spiegel-Star Alexander Osang überzeugt. In einem fetten John Goetz-Porträt nimmt er solidarisch für den Kollegen Partei. Alles sorgfältig in der Paywall vermauert. Ich habs aufgebohrt. Wer es haben will, bitte melden.
Ein Vorgang, den wir uns wohl in der ausgerufenen “Zeitenwende” mit ihrer Vorliebe für Freund-Feind-Schemata, in denen Kriegsflüchtlinge schnell mal offiziell zu “Schergen” umbenannt werden, gewöhnen müssen: Journalismus in Spionageverdacht.
Solange wir noch frei lesen können
… empfehle ich Ihnen heute das für Sozialdemokrat*inn*en und Linke (manche meinen ja, sie seien beides 😉
Hanna Pfeifer & Regine Schwab/IPG-Journal: “Im Vakuum – Im syrischen Bürgerkrieg mischten stets internationale Akteure mit. Der Fall Assads samt Rückzug von Iran und Russland läutet ein neues Kapitel ein.”
Elisa Rheinheimer (Interview)/IPG-Journal: “‘Sie waren mittendrin im Kreislauf der Gewalt’ – Bei den ‘Kriegern für Frieden’ engagieren sich Israelis und Palästinenser. Rana Salman über Angst, Versöhnung und Fehler der Weltgemeinschaft.”
Cristian Chiscop/IPG-Journal: “Geheimwaffe zur Spaltung – Der kometenhafte Aufstieg des rechten Kandidaten und das Wahlchaos in Rumänien bieten einige Lektionen für den Rest Europas.” Unbeleuchtet in diesem informativen Text bleibt der Grund für die Stärke von TikTok: die Schwäche aller anderen Medien. Diese Tatsache führt uns direkt nach Österreich:
Fabian Lehr/Jacobin: “Der »Babler-Effekt« hat die Linke geschwächt – Andreas Babler weckte Hoffnungen auf eine linke Erneuerung der SPÖ. Diese Euphorie ist verfolgen. Aus dem einstigen Marxisten ist ein Staatsmann geworden, der um jeden Preis regierungsfähig sein will.” Die Abneigung des Autors gegen das Regieren scheint mir allzu mechanistisch konstruiert und frei von dialektischem Prozessdenken. Aber da Österreich in deutschen Medien derzeit nicht wirklich vorkommt – ich empfehle immer ZIB2 werktäglich um 22 h auf 3sat, besser weil propagandafreier als die ARD-Tagesthemen – enthält der Text relevante politische Informationen.
Der gute https://blog.fefe.de/ hat mich auf dieses Video gebracht was angeblich bei NDR unwichtig ist:
https://dalek.zone/w/xjUjomMZxRCvp3Z3Gtk9sT
hier kann man den ungesendeten Beitrag sehen auf peertube
Zitat von Fefe:
Nun, gute Nachrichten: Der NDR hatte ein Video fertig produziert und das ist geleakt und auf Peertube guckbar. Man sieht da ziemlich hochnotpeinliche Videos mit OCCRP und einem USAID-Funktionär u.a.
Ja, es gäbe da Klauseln, dass USAID sagen kann, welches Personal bei OCCRP eingestellt wird, und ja, auch inhaltlich können sie Einfluss nehmen, aber das würden wir ja merken, wenn wir beeinflusst würden, und wir machen doch so gute Antikorruptionsarbeit hier!1!!
An der Stelle sei nochmal der Klassiker “Manufacturing Consent” von Noam Chomsky empfohlen. Ich meine das Buch. Es gibt aber auch eine Verfilmung (Achtung: über zweieinhalb Stunden), die ebenfalls lohnt. (Danke, Iris)