Auf Reaktionäre ist Verlass

Mediathekperle – was würde Heinrich Böll dazu sagen?

mit Update abends

Zeitenwende. Alles ändert sich. Und das immer schneller. Ausser die reaktionären Menschenfeinde – auf die ist Verlass. Die bleiben die – bisweilen mörderischen – Arschlöcher, die sie über alle Jahrhunderte waren. Wie z.B. der deutsche Medienkonzern Axel Springer SE. Zwar wurde er kürzlich aufgeteilt. Die rentablen Teile gingen an KKR, einen US-amerikanischen Haifischinvestor. Die unrentableren Teile der Ideologieproduktion regiert Mathias Döpfner im Auftrag seiner betagten Sponsorin nun allein.

Wie kommichdrauf? Arte versenkte in der abgelaufenen Woche – natürlich im Nachtprogramm – diese Dokumentation von Cordula Echterhoff und Birgit Schulz (Auftraggeber: ZDF): “Heinrich Böll: ‘Katharina Blum lebt!’ – Das Erbe einer Erzählung – ‘Wie Gewalt entsteht und wohin sie führen kann’ – so der Untertitel von Heinrich Bölls ‘Die verlorene Ehre der Katharina Blum’. Darin wird die Hetzjagd auf eine Frau beschrieben. Heute scheint die Erzählung so aktuell wie nie, Frauenhass und öffentliche Diffamierung sind virulent und allgegenwärtig. Was macht das Werk so zeitlos – und woher kommt der Hass gegen Frauen?” Verfügbar bis 14.4.

Ich war hinter der Bühne als Heinrich Böll im Oktober 1981 seine Rede bei der Schlusskundgebung der Friedensdemonstration vor 300.000 Menschen im Bonner Hofgarten hielt. Es war die beste Rede dieser Kundgebung, inhaltlich und in der Art und Weise ihres Vortrags. Ein Kerl mit Charisma, wonach Sie heute lange suchen können.

Was würde er heute sagen? Kürzlich hielt US-Präsident eine heuchelnde Abschiedsrede – ein Versuch den Weltkriegsgeneral und Amtsvorgänger Kennedys, Dwight. D. Eisenhower, nachzuahmen. Letzterer wusste ziemlich genau, wovon er sprach. Bei Biden ist das nicht so sicher … Den Eisenhower, ein Reaktionär seiner Zeit, hatte Böll noch erlebt, als der mit prophetischer Gabe vor dem militärisch-industriellen Komplex warnte. Heute führen diesen Komplex ebenjene Tech-Konzerne, die um die Aufrüstungsaufträge vor dem Weissen Haus und dem Pentagon des Mr. Trump schlangestehen.

In Dortmund, beim westdeutschen Vorzeigekonzern des globalen Profifussballs (der Herren), “qualifiziert” für die “Fifa-Club-WM” im kommenden heissen Sommer in den USA, ist der Deal mit dem deutschen Vertreter des MIK, der Rheinmetall AG, bisher nicht gut ausgegangen. Im Gegenteil macht sich ein Holzwurm im Gebälk immer mehr breit: statt ein bescheidener Platz 5 in der Vorsaison jetzt nur noch Platz 10. Und eine nicht näher angegebene Zahl von Vereinsaustritten (einige mir persönlich bekannt). Vielleicht gibt es sogar bald wieder freie Plätze im Westfalenstadion, dem grössten Europas. Aber ich schweife ab.

Was würde Böll heute sagen? Theoretisch ist das technisch einfach zu beantworten. Einfach eine Künstliche Idiotie (KI) mit allen Dokumenten und Medienprodukten füttern, die der Gute hinterlassen hat. Und dann fragen. Vielleicht hat es schon längst jemand gemacht. Wäre allerdings urheberrechtlich illegal. Wer auf Legalität wert legt, muss noch 30 Jahre warten. Oder René Böll um Erlaubnis fragen. Ich habe ihn mal bei einer gemeinsamen Speisewagenfahrt von Düsseldorf nach Berlin kennengelernt. Ein kluger, verständiger Kerl. Wie sehr er sich heute über die grünennahe Stiftung ärgert, die den Namen seines Vaters trägt, weiss ich nicht. Eine interessante Spielerei wäre es.

Update abends

Der gesellschaftliche Boden, auf dem die ‘Ndrangheta blüht

Den können Sie in einem zweistündigen Spielfilm studieren, den Arte ebenfalls um Mitternacht versenkt hat.

“Chiara – Die jugendliche Chiara ist eine von drei Schwestern und lebt mit ihrer scheinbar perfekten Familie in Kalabrien. Ihre Eltern richten für ihre Schwester Giorgia eine große Geburtstagsfeier aus. Doch irgendetwas stimmt mit ihrem Vater nicht … – Eine Coming-of-Age-Geschichte (2019) aus Süditalien und der Abschluss einer Trilogie des Regisseurs Jonas Carpignano.”

Durch den Verzicht auf deutsche Synchronisation und mit italienischem Originalton (dt. Untertitel) gewinnt der Film stark an atmosphärischer Dichte. Und Swamy Rotolo in der titelgebenden Hauptrolle der Chiara ist ganz offenbar ein aussergewöhnlich starkes Gesicht des italienischen Gegenwartskinos. Grosse Teile ihres Clans durften mitspielen,