Friedrich Merz stellt zum wiederholten mal unter Beweis, dass er mit dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auf Kriegsfuß steht. So forderte er gestern nicht nur die Schließung der Grenzen – auch für Menschen, die Asyl beantragen wollen, was der EMRK und der Verfassung zuwiderläuft. Er forderte auch, dass “die Bundespolizei Haftbefehle beantragen” können soll. Das und vieles mehr möchte er in der kommenden Woche in den Bundestag einbringen und auch gemeinsam mit der AfD nach Merheiten suchen. Damit unternimmt der Kanzlerkandidat der CDU den Versuch, den schauerlichen Kindesmord eines wahrscheinlich psychisch gestörten Täters für seinen Wahlkampf zu instrumentalisieren, die Union weiter in Richtung auf Rechtsextremismus und Verfassungsfeindlichkeit hin zu radikalisieren, und die AfD hoffähig zu machen. Wird die Merkel-CDU diesen Rechtsschwenk mitmachen?
Ideologischer Brandstifter Markus Söder
Schon kurz nach der Bluttat in Aschaffenburg hatte Markus Söder keine Skrupel, ein Verbrechen, dessen Täter und sein ausländerrechtlicher Status eindeutig und ausschließlich in der Zuständigkeit und Verantwortung des Freistaats Bayern liegt, in plumper Wahlkampfmasche seinen politischen Gegnern, die er vor allem bei den Grünen und der SPD verortet, in die Schuhe zu schieben. Sie hätten angeblich versäumt, die notwendigen Bundesgesetze zu machen – im Falle eines vollziehbar ausreisepflichtigen Menschen, wie dem Täter von Aschaffenburg, absurd. Zuständig für seine Abschiebung sind allein der Freistaat und seine Vollzugsbehörden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit die zuständigen Behörden vor Ort, denen die Person bekannt war, es versäumt haben, seine Gefährlichkeit zu erkennen und ihn z.B. in die Psychiatrie einzuweisen, wie es jetzt nach der Tat passiert ist.
Ekelhafter Schulterschluss von Merz und Weidel
Es ist unappetitlich und ekelhaft, mit welchen gegen Recht und Gesetz gerichteten populistischen Forderungen Friedrich Merz noch einen drauf setzt und jeden Vorfall dieser Art instrumentalisiert und keinerlei Skrupel hat, nun mit der AfD den Schulterschluss zu suchen. Mit seinen zügellosen und unbesonnenen Tiraden zeigt Merz persönliche Abgründe. Entweder fehlt ihm die Fähigkeit, Krisensituationen adäquat zu analysieren und abzuwägen, welche Konsequenzen zu ziehen wären, um solche Taten zu verhindern und den subjektiven Unsicherheitsgefühlen der Bevölkerung entgegen zu wirken. Oder er ist politisch so völlig skrupel- und verantwortungslos, dass ihm gleichgültig ist, adäquat zu reagieren. Indem er auch in Kauf nimmt, eine pauschale Pogromstimmung gegen Migrantinnen und Migranten zu erzeugen, ohne zu bedenken, was er da auslöst. Hier zeigt sich, dass er noch nie ein kommunales, landes- oder bundespolitisches Amt in Regierungsverantwortung innehatte, nicht mal als Fraktionsvorsitzender einer Regierungskoalition. Sein Ton erinnert dabei fatal an Donald Trump. Dessen menschenverachtende Deportationspolitik scheint Friedrich Merz zu inspirieren und zu enthemmen. Kein Wunder, dass Frau Weidel das aufgreift. Ein Skandal jedoch, dass Merz das nicht zurückweist.
Ein enthemmter Merz als Sicherheitsrisiko
Nicht auszudenken, was Deutschland und Europa drohen könnte, würde ein zukünftiger Bundeskanzler Merz bei einem außenpolitischen Zwischenfall an den Außengrenzen der EU und der NATO, mit dem in der Zukunft ja durchaus zu rechnen sein könnte, ähnlich unbedacht und populistisch reagiert. Denn populistisch und sachlich nicht begründbar sind seine Forderungen auf jeden Fall. Das waren sie schon beim Täter von Magdeburg nicht, weder bei den brutalen Morden von Solingen, noch bei dem weißen deutschen Täter, der vor sechs Jahren in Trier in die Fußgängerzone raste und buchstäblich Jagd auf Menschen machte. Diese Sorte Täter gibt es hier, in den USA in Frankreich und vielen anderen Ländern. Sie sind ein ernstes Problem, das aber nicht mit populistischen Tiraden zu lösen ist.
Die wahren Ursachen interessieren Merz überhaupt nicht
Und damit gibt er indirekt zu, dass es ihm keinen Deut um die Sache und die Sicherheit der Menschen geht. Seit der Amokfahrt von Trier ist bekannt, dass es vornehmlich Einzeltäter gibt, die niemand auf dem Schirm hat, insbesondere, wenn psychische Störungen Ursache der Taten sind (FAS-Link, mit Firefox paywallfrei). Weder in Solingen, noch in Achaffenburg hätten verschärfte Waffengesetze oder mehr polizeiliche Befugnisse genützt. Wirksame Prävention wäre – vielleicht – ein funktionierendes System der psychologischen Frühwarnung. Als ich heute einen Psychologen fragte, ob es so etwas gibt, war die Antwort, dass unser marodes psychologisches Gesundheits- und Betreuungssystem in keiner Weise für die etablierte Bevölkerung ausreicht. Für die Behandlung von Störungen, Traumata etc. scheitert das System daran, dass nicht einmal Gewaltopfer, Vergewaltigte Personen oder in Einsätzen traumatisierte Bundeswehrsoldat*inn*en hinreichend versorgt werden können. Zu glauben, dass da noch Raum wäre, um die Probleme von traumatisierten Flüchtlingen zu erkennen, sei “blanke Illusion”. So wie jede*r vernüftige Rechtspolitiker*in weiss, dass es absolute Sicherheit nicht geben kann.
Vernunft im Wahlkampf: Zuviel verlangt!
Friedrich Merz ist nicht so dumm, um nicht zu wissen, dass sein Verhalten skrupellos und nicht wirklich durch Fakten zu begründen ist. Die Flüchtlingszahlen 2024, so meldeten die Statistiken noch vor wenigen Tagen, sind deutlich zurückgegangen, um über 20%. Die Abschiebungen aus Deutschland haben 2024 Rekordzahlen erreicht. Das politische Problem, um das es hier geht, ist nicht in der Sache begründet, sondern in der Person Friedrich Merz. Denn das, was er heute gefordert hat – Schließung der Grenzen, Abschiebearrest, Abweisung von Asylbewerbern an den Grenzen, Abschiebegefängnisse des Bundes usw. – alles widerspricht der föderalen Ordnung, dem Grundgesetz und der EMRK und würde in Teilen den Austritt aus der EU erfordern.
Merz zweifelhaftes Verhältnis zu den Verfassungsrechten
Der Kanzlerkandidat der CDU ist in keiner Weise mit der Verfassung, deutschen und europäischen Grund- und Menschenrechtsfragen vertraut. Er zieht populistische Effekte der Rechtsstaatlichkeit vor, und hat seine Emotionen nicht im Griff. Er ist – und da gleicht er Donald Trump – fixiert darauf, das lange angestrebte Amt, von dem er glaubt, das er – in diesem Fall von Angela Merkel darum gebracht wurde, als sie ihn aus dem Verkehr zog – mit allen Mitteln zu erreichen trachtet. Mit allen Mitteln – auch unter Inkaufnahme eines Bündnisses im Bundestag mit der rechtsextremistischen AfD. Es sei ihm “völlig egal, wer diesen politischen Weg mitgeht”, wer seine Anträge im Bundestag unterstützt, hat er soeben erklärt – so, wie die CDU in Thüringen gemeinsam mit der AfD Windkraftparks abgelehnt hat. Merz schützt damit nicht die Verfassung, er fügt unserem Gemeinwesen massiven Schaden zu. Viele CDU-Mitglieder und Wähler*innen sind inzwischen erschrocken und verunsichert. Friedrich Merz hat erneut mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt: er ist für das Amt des Bundeskanzlers politisch und charakterlich nicht geeignet.
Schreibe einen Kommentar