Le Pen: Was sie heute zum Skandal erklärt, hat sie vor Jahren selber gefordert
Marine Le Pen, Front-Frau des rechtsextremen französischen „Rassemblement National“ (RN) war früher keine Strafe hart genug, wenn es um politisch Verantwortliche ging, die öffentliche Gelder veruntreut, Steuern hinterzogen oder Günstlingswirtschaft betrieben haben.
Gestern hat die französische Justiz genau das getan, was Le Pen immer gefordert hat. Sie hat Le Pen verurteilt wegen Veruntreuung von Geldern des Europäischen Parlaments. Die Gelder, mit denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Europa-Abgeordneten bezahlt werden sollen, haben Le Pen und ihre Parteifreunde benutzt, um den Apparat ihrer Partei in Frankreich zu finanzieren.
Die Entscheidung des Gerichts vom 31. März beruht auf einem Gesetz aus dem Jahr 2016, das neben Haftstrafen und Geldstrafen für politische Mandatsträger ausdrücklich das Verbot vorsieht, in den folgenden fünf Jahren für ein politisches Amt zu kandidieren.
Der Verlust der Wählbarkeit tritt nach diesem Gesetz automatisch in Kraft, wenn politisch Verantwortliche wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt werden. Diese Entscheidung gilt sofort und unabhängig davon, ob Verurteilte Berufung einlegen. Das Gericht hat Frau Le Pen genau so behandelt, wie das Gesetz es verlangt und wie viele andere politisch Verantwortliche in Frankreich in den vergangenen Jahren behandelt worden sind.
In der Nachrichtensendung des französische Fernsehsenders „TF 1“ hat Frau Le Pen am Abend des Urteilstags versucht, die Anwendung des geltenden französischen Rechts auf ihre Straftat zu einem politischen Skandal zu erklären. Sie sagte dort u.a.: “Heute sage ich den Franzosen, dass die Vorstellung, man könne sie durch eine unanfechtbare Entscheidung um ihre Wahl bringen, ein schwerwiegender Angriff auf die Demokratie ist.“ Es gehe um ihren „politischen Tod“.
2013 war Frau Le Pen noch ganz anderer Meinung. Schon damals missbrauchte sie Gelder des Europäischen Parlaments zur Finanzierung ihrer Parteifunktionäre. Das wusste damals aber niemand, und sie glaubte offenbar, dass es nie rauskommen werde.
2013 musste der französische Finanzminister Cahuzac zurücktreten, weil er den Steuerbehörden ein Schweizer Konto verschwiegen und dessen Existenz bis zuletzt geleugnet hatte.
Francois Hollande, damals französischer Staatspräsident, schlug in diesem Zusammenhang härtere Strafen für politisch Verantwortliche vor, auch das Verbot, bei künftigen Wahlen zu kandidieren.
Frau Le Pen äusserte sich dazu in einem Interview von „Public Sénat“, dem Fernsehsender des französischen Senats, am 5. April 2013 so: „Ich habe den Präsidenten der Republik sagen hören, dass alle, die verurteilt werden, lebenslang nicht mehr wählbar sein sollten. Damit bin ich vollkommen einverstanden, das steht in meinem Programm als Kandidatin für die Präsidentschaftswahl. Er spricht aber nur von Korruption und Steuerhinterziehung. Warum nicht auch der Rest? Warum nicht auch für die Veruntreuung öffentlicher Gelder? Warum nicht für Schein-Beschäftigungsverhältnisse?“
2012 hatte Frau Le Pen in ihrem Buch „Pour que vive la France“ (Damit Frankreich lebt) gefordert, „die Waffe der Unwählbarkeit mit viel grösserer Härte anzuwenden“.
Was sie damals selber gefordert und in ihr Wahlprogramm geschrieben hatte, erklärt sie heute zu einem politischen Skandal. Selten kann man Doppelzüngigkeit und zweierlei Mass so ungeschminkt erkennen wie in diesem Fall. Frau Le Pen handelt nach dem Motto: Was ich für andere fordere, darf für mich auf keinen Fall gelten. Andere sollen mit aller Härte bestraft werden, wenn sie öffentliche Gelder missbrauchen. Ich nicht.
Das ist die Methode aller Nationalisten und Rechtsextremen weltweit: Die Schärfe des Gesetzes soll für alle gelten, besonders für ihre politischen Gegner. Sie selber aber stellen sich über oder ausserhalb des Gesetzes. Deshalb erklären Trump, Orban, Salvini und Wilders Frau Le Pen zum Justizopfer, obwohl es sie doch sind, die die Justiz für ihre persönlichen und politischen Interessen je nach Bedarf instrumentalisieren oder ausser Kraft zu setzen versuchen.
Dieser Beitrag erschien zuerst im “Blog der Republik”, hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.
nennen wir doch einfach den Ideengeber für Ihren Text (der imho auch mehr substanz hat und nicht durch Auslassungen glänzt:
https://x.com/MartinSonneborn/status/1858464178530357476
Diesen Text kenne ich nicht.
ist Okay, man kann nicht alles kennen, empfehle aber trotzdem die Lektüre da er einige Substantielle Ergänzungen zu Ihrem Text hat insbesondere die blinden Flecken wenn es um die “eigenen ” Machenschaften geht.
Bitte das nicht als Entlastung für “Blondi” interpretieren.
Würde nur noch anmerken wollen das JLMelenchon in solchen Fällen, wo leicht ein “Geschmäckle” auf kommen kann, man auch eine Art Volksbefragung initiieren könnte im Bezug auf die “Unwählbarkeit” nicht den strafrechtlichen Rahmen betreffend
ein wie ich finde sehr guter Beitrag:
https://www.thomasfazi.com/p/le-pen-ruling-lawfare-european-style
Der Text von Herrn Fazi ist nicht nur nicht “sehr gut”. Er ist irreführend. Fazi behauptet, das Gericht habe seine Entscheidung aus moralischen und politischen Gründen getroffen. Aus der ausführlichen Begründung des Urteils ergibt sich, dass das Gericht ausschliesslich auf der Grundlage des geltenden französischen Rechts entschieden hat.
Bei der Bewertung des Urteils wird vollständig übersehen (aus Unkenntnis oder absichtlich) dass Frau Le Pen bei weitem nicht die einzige politisch Verantwortliche, die in Frankreich durch Gerichtsurteil nicht zu Wahlen antreten kann.
Seit 2017 durften oder dürfen nach einer Aufstellung von “Statista.com” zehn französische Politikerinnen und Politiker unterschiedlicher Parteien nicht bei Wahlen kandidieren. Dazu gehören der ehemalige konservative Premierminister François Fillon, der frühere Vorsitzende der Sozialistischen Partei Jean-Christophe Cambadélis und der frühere Staatssekretär und Bürgermeister von Toulon Hubert Falco, Mitglied der Partei “Horizons”, die Staatspräsident Emmanuel Macron unterstützt hat.
Wer im Fall von Frau Le Pen trotzdem von einer “politischen Entscheidung” des Gerichts spricht, weiss entweder nicht, worüber er schreibt oder er hat ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat.
LESEWARNUNG, mein Kommentar enthält Verschwörungsgedanken.
Vorweg, ich finde das Urteil de jure okay und trotzdem hat es “Geschmäckle”.
Die von Ihnen angeführten Personen (es gibt auch noch mehr) sind “Provinzfürsten” mit Ausnahme von Fillon! Und komisch, der wurde “abgesägt” just in dem Moment wo er bei 19-22% sondiert wurde und Macrönchen changenlos war. Die Verfehlungen von ihm waren aber insidern schon vorher bekannt ( Memo im Hinterkopf ; “Abhören unter Freunden geht gar nicht”). Macrönchen war aber der von unserem Freund ausgesuchte für das Trönchen….( Memo: Sein Wahlkampfbudget 2017 weisst aber erhebliche Mängel (irgendwas um die 5mios) unterfakturierte Rechnungen etc. auf…..
Nur zum Vergleich bei Melenchon hat man eine ganze Horde Prüfer losgelassen, Hausdurchsuchungen usw um am Ende Fehlbuchungen (bei einem Budget von rundabout 8Mios, wenn ich mich richtig erinnere) irgendwas um die 10.000 zu finden. Wer schon mal eine Steuerprüfung hatte……………………
Wer sich da noch tiefer reinknienen will nur als Stichwörter Benalla, Moretti, Darmin usw
Natürlich ist die Justiz auch in Frankreich unabhängig, wenn du aber Karriere machen willst……siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Brorhilker
zu Frankreich siehe auch hier:https://www.leclubdesjuristes.com/opinion/proces-le-pen-analyse-critique-de-largumentation-du-tribunal-10097/