Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Unabhängig oder eingebettet?

Die Kunstform des (journalistischen) Fragens

mit Update nachmittags

Jenni Zylka/MDR-Altpapier wirft heute diese Frage auf, und sie ist berechtigt: Eine Frage der Frage – Die Art der journalistischen Fragen hat Einfluss auf die Berichterstattung. Am wichtigsten ist jedoch, überhaupt welche stellen zu können.” Ihr Text wirft bei mir die – vergleichsweise unwichtige – Frage auf, wer eigentlich Til Schweiger in PR-Fragen berät; aber vielleicht ist der ja unberatbar. Es gibt aber wichtigere Fragen, als die an ihn.

In der Politik: wie will die kommende Regierung Frieden, oder wenigstens die Abwesenheit von Krieg, sichern? Wie will sie bezahlbaren Wohnraum ermöglichen? Welchen Beitrag will sie zur Sicherung der Infrastrukturen in Mitteleuropa leisten? Die Schweiz lehnt nämlich mittlerweile die Ein- oder Durchfahrt von Zügen der Deutschen Bahn ab, weil das ihren Taktfahrplan demoliert.

A propos Bahn: das südliche Rheinland wird – angeblich nur in den ersten zwei Dritteln des Mai – links des Rheins komplett stillgelegt. Schön für Beuel und Deutz. Und für die Fitness der Kundschaft. Könnte sich irgendein Profimedium mal dazu herablassen, das berüchtigte “digitale Stellwerk Köln”, der Grund für lange Jahre Unbill, näher zu untersuchen? Warum ist es das wert? Ist es das?

Die IT-Industrie hat sich aussergewöhnlich profitabel daran gewöhnt, ihre Produkte “am Kunden” zu testen. Stellen sich Fehler heraus – wer hätte die ahnen können? – gibt es Updates. Für eine gewisse begrenzte Zeit. Bahnbetrieb funktioniert so aber nicht. Die profitabel bewährte Praxis würde zu Zugunglücken und anderen Bahnkatastrophen führen. Woraus sich zwangsläufig die Grundsatzfrage ergibt: wie sinnvoll ist Digitalisierung in hochsicherheitssensiblen Strukturen, wie, sagen wir nur mal so als Beispiel, bei Gesundheitsakten? Und welche IT-Konzerne bereichern sich am “digitalen Stellwerk Köln”? Ist es wie immer Siemens? Oder Microsoft? Oder beide?

Der Herr Dobrindt, der zu lange politisch für die Bahn unverantwortlich war (2013-17), soll jetzt verantwortlich für Menschenjagden werden. Nicht auszudenken, wenn Talente wie ein Lamine Yamal (ein Mischling aus Marokko/”Nafris” und Guinea, ogottogott) oder gar Pflegekräfte mir nichts dir nichts in Deutschland reinkämen. Bei Menschenfeindschaft will dieser Dobrindt “sofort” handeln. Für wen soll das gut sein?

Ein CDU-Kulturpolitiker tritt zurück. Zu schwarz? Jedenfalls mit einem Rest an Selbstachtung. Nicht erst er, sondern schon er wirft die Frage auf: ist Kultur für diese Regierung irgendwie was Wichtiges? Oh, Entschuldigung – nach Frau Zylka (s.o.) ist das eine “langweilige Frage”, weil sie mit “Ja” oder “Nein” beantwortet werden kann …

Eine Personalie, die diese Frage vielleicht vielsagender beantwortet, ist der nächste Karriereschritt des Ex-Juso-Chefs Björn Böhning. seit 2022 Geschäftsführer der “Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten – Film, Fernsehen und Audiovisuelle Medien”. Er will nach knapp drei Jahren schon wieder weg. Ist ja kein leichter Job, so einen lauten Bienenstock zu organisieren. Er war auch nicht als Erster gefragt worden (so viel weiss ich), das zu machen. Nun sucht er Sicherheit als beamteter (! = nicht parlamentarischer, und damit schwerer zu feuern) Staatssekretär bei dem für seine Menschenführungskompetenz bereits breit gerühmten Lars Klingbeil. Vom Filme möglich machen zum Finanzministerium – ist doch logisch, oder?

Update nachmittags

Christiane Voges gehört zu den stark verringerten telepolis-Autor*inn*en, die intellektuelle Ansprüche prinzipiell zu erfüllen in der Lage sind. Umso mehr ist ihr heutiger Beitrag allzu billig und beliebig geraten: Regierungs-Sprecher: Die durch die Drehtür kommen – SZ-Journalist Stefan Kornelius wechselt die Seite. Politik und Medien agieren im engen Personalkreis. Für unabhängigen Journalismus ist das fatal.”

Wer hat dazu noch nicht geschrieben? Der Herr Kornelius war bereits vor ca. 12 Jahren als geschäftsfähiger Diskurspartner weitgehend erledigt. Wer bei ihm immer noch politische Informationen zu beziehen versucht, muss die Verantwortung dafür selbst tragen.

Denn wichtiger als die Drehtür, die ich keinesfalls bagatellisieren will und Kritik an ihr teile, ist die Politik, die durch diese Tür geht.

Dass Voges in dieser beliebig langen Reihung Ulrich Wilhelm prominent aufnimmt, verrät wenig Fachkenntnis über die öffentlichen Medien und die innerhalb der Herrschenden ausgetragenen Widersprüche. Innerhalb der 9 ARD-Intendant*inn*en gehörte Wilhelm (2011-21), mindestens im öffentlichen Auftritt, zu den raren strategisch denkenden Köpfen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, zumindest seinen verbalen Bekundungen folgend, gäbe es längst ein öffentliches europäisches (!) Mediennetzwerk, das den kalifornischen Oligarchen was entgegensetzt.

Vergleichbar mit ihm war allenfalls Karola Wille, MDR-Intendantin (2011-23), der nach ihrem Abtritt zügig nachgetrauert wird, weil ihr männlicher Nachfolger zwar in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, mit beängstigender Zuverlässigkeit aber betriebsinterne Unfälle baut (wie sonst nur noch der NDR).

Wenn Sie sich nun wundern, dass unser WDR hier unerwähnt bleibt, entgegne ich Ihnen: siehste!

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger

Ein Kommentar

  1. Christian Wolf

    Nun, es ist durch Microsoft normal, Geld für deren Experimente auszugeben, unsere IT-Welt (privat, geschäftlich und seitens der Behörden) ist abhängiger davon, als wir es jemals von russischem Gas waren, daran ändert sich auch mit der nächsten Regierung nichts. OpenSource wird im Koalitionsvertrag noch schamhaft genannt, digitale Souveränität wird mit keinem Wort erwähnt. Aber solche Sätze finden sich darin:

    Gute Gesetzgebung
    Gesetze, Verordnungen und Regelungen, die nicht gemacht werden müssen, werden wir nicht machen.

    Das wäre mir eine Frage wert, nicht ob des blödsinnigen Inhaltes, sondern wer das da reingeschrieben hat.

    Ich glaube das liegt auch daran, dass Merz nur die untersten Chargen greift, um selbst zu glänzen. Irgendwie nachvollziehbar, wenn Merkel bei dem Namen Merz so einen leichten Würgreiz verspürte….

Schreibe einen Kommentar zu Christian Wolf Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

© 2025 Beueler-Extradienst | Impressum | Datenschutz

Theme von Anders NorénHoch ↑