Während die OBs von Bonn, Köln und Düsseldorf das Sommerloch mit einer fortschrittlichen Initiative füllten, will ihr nördlicher Nachbar aus Duisburg mit dem Gegenteil bundesweit zur Kenntnis genommen werden. Und das immerhin gelingt ihm. Nicht nur Horst Seehofer kann auf der AfD-Agenda surfen und seine eigene Partei ruinieren. Das lässt manche rechte Sozialdemokraten nicht ruhen, die im Parteizerstören immer noch sich selbst als Original sehen und das als Alleinstellungsmerkmal verteidigen wollen.

Die Sau ist erlegt, doch das Treiben geht weiter

Gestern morgen musste ich lachen, als unser alter Freund aus Döseldorfer Zeit, Jürgen Zurheide (Motorradfahrer wie Roland Appel, RWE-Fan wie Friedrich Küppersbusch und mein Oppa) im DLF die Sache erst als “Sommerlochthema” labelte, um es einen Halbsatz später mit “ist doch was dran” zu rehabilitieren. Der Kollege scheint unverbesserlich; schon zu Wolfgang-Clement-Zeiten (der heute – sic! – der FDP anhängt) wäre er gerne Regierungssprecher gewesen, er war auch der Bessere. Gestern dementierte er seine Kollegin Gudula Geuther, eine der seriösen Hauptstadtkorrespondentinnen, die hier (Bericht) und hier (Kommentar) alles gesagt, und die von Sören Link durch Duisburg getriebene Sau eigenhändig mit faktenbasiertem Journalismus erlegt hatte.
Selbstverständlich lassen sich ihre Kolleg*nn*en dadurch nicht abhalten, die erlegte Sau dennoch zu treiben. Besonders übel: die Tagesschau. Halten Sie das Bild nach 1:03 Min. an und betrachten Sie das Schaubild genauer. Bei laufendem Bild sehen Sie nur die Säulen und sollen erschreckt werden. Die Zahlen auf den Säulen stimmen aber nicht im geringsten mit den bildlichen Dimensionen überein. Dass hätten Bild, die sogenannte Zeitung, und die AfD nicht demagogischer hinbekommen.

Duisburg – der OB hat genug zu tun

Schlimmer noch als die Desorientierung in der Sache ist, was der Genosse Link seiner Stadt zufügt. Der SPD kann er ja kaum noch schaden, sie scheint schon fast erledigt. Andrea Nahles fürchten die Herren Kanalarbeiter dennoch und fühlen sich für Sabotageengagements zuständig. Die SPD ist aber nur Nebensache.
Was ist mit Duisburg? Was fällt Ihnen zu dieser Stadt ein? Das Positivste bei Menschen meines Alters ist der Tatort-Kommissar Schimanski, den die – fast immer – sozialdemokratisch regierte Stadt zu seiner Entstehungszeit in den 80ern auf das Heftigste bekämpfte. Schimanski/Götz George ist tot, ebenso wie Thanner/Eberhard Feik. Wir haben sie geliebt.
In Erinnerung geblieben sind die erfolglosen Streiks und Arbeitskämpfe gegen die Niederlegung des Krupp-Stahlwerkes in Rheinhausen; dort ist jetzt ein “Logistikzentrum” mit ein paar tausend Arbeitsplätzen weniger.
In Erinnerung geblieben ist die Loveparade-Katastrophe, die ein CDU-OB und ein SPD-Innenminister, der gleichzeitig Duisburger SPD-Chef ist, gemeinsam zu verantworten hatten.
Die Duisburger Innenstadt ist so leblos geworden, wie es die meisten Innenstädte dank Amazon und Zalando derzeit werden. Dort steht die Mercatorhalle, die wie fast alle städtischen Gebäude dieser Art zum Sanierungskosten-Skandal wurde – in Bonn kennen wir was davon.
Nicht zu vergessen: über Bauskandale in Duisburg (Museum Küppersmühle) stürzte die komplette Betriebsführung des NRW-Bau- und Liegenschaftsbetriebes.
In Duisburg ist der Binnenhafen, Ziel einer Güterzuglinie aus China.
Und Duisburg ist Marxloh, Standort einer grossen Moschee, Stadtteil mit grossen bürgerschaftlichen Anstrengungen zur Wiederbelebung von Infrastruktur und sozialem Zusammenleben.

Welche positiven Nachrichten sendet Duisburgs OB von seiner Stadt?

Und jetzt die Frage an den gestern in den Tagesthemen prominent platzierten und in seiner Eitelkeit darob am Bauch gekraulten OB: welche Beiträge leistet er zu den Problemen seiner Stadt? Wo sind die Lösungen? Hat er irgendeine positive, eine Erfolgsnachricht über sein Wirken und seine Stadt, die uns über ihre Grenzen hinaus interessieren könnte? Wie macht er sie attraktiv? Was ist oder wird schön an Duisburg, dass es irgendjemanden von uns reizen würde?
Seit zu vielen Jahrzehnten sind die Ruhrgebiets-OBs, mit wenigen Ausnahmen immer alles Sozis, darauf abgerichtet, bei ihren Genoss*inn*en in Bund und Land um Subventions- und Fördergelder zu jammern. Darauf gedrillt alles in den dunkelsten Farben zu malen, drohende Katastrophen anzukündigen. Tja, und irgendwann beginnen dann alle, das zu glauben. So ist das Ruhrgebiet geworden, wie es heute ist. Und Duisburg besonders.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net