Skandalöses Desinteresse
In der ARD-Mediathek ist ein Film von Benjamin Best über die Wettmafia versteckt. Ich bin mir nicht sicher, ob der Filmmacher ihm damit einen Gefallen getan hat. Von einer einst “10-köpfigen Sonderkommission” in Bochum ist nur noch ein Kriminalhauptkommissar, Michael Bahrs, übrig geblieben, der ermittelt. Das Bundeskriminalamt will sich vor laufender Kamera zur Sache nicht äussern. Die Botschaft des Films ist: weder Fußballverbände noch Sicherheits- und Ermittlungsbehörden wollen irgendwas von dem Thema wissen. Im Gegenteil: führende Wettanbieter sind zu ebenso führenden Sponsoren des Fußballbusiness herangewachsen. Ein gewisser ZDF-Kommentator, der zwischendurch sogar für eine führende Funktion beim Fußballkonzern aus dem süddeutschen Raum im Gespräch ist, fungiert dafür als Werbefrontfigur.
Dieses Bild entspricht dem, was italienische Ermittler*innen und Anti-Mafia-Aktivist*inn*en schon lange – und ebenso vergeblich – predigen: der “Trick” der Mafia ist es, Einnahmen aus ihren Verbrechen in “legale” Wirtschaftszweige umzuleiten und dort zu “waschen”. Dass das den Herren Benjamin Best und Michael Bahrs zufolge hierzulande niemanden der Zuständigen interessiert, ist ein skandalöser Hammer. Auch die ARD und der WDR, dessen “Sport inside”-Redaktion (Ulrich Loke, Jochen Leufgens, Markus Schmidt) diesen Film verantwortet, machen möglichst wenig Wind darum.

Özil als Politikum

Unermessliche Geldmengen werden von Oligarchen aller Länder im britischen Fußball gewaschen. Von dem, ist zu hören, könnte sich der deutsche Ex-Nationalspieler Mesut Özil bald entfernen. Seine Mannschaft Arsenal hat zu Weihnachten von Jürgen Klopps FC Liverpool ihre Grenzen aufgezeigt bekommen (5:1). Der kurze Höhenflug der Post-Wenger-Ära ist beendet. Özil spielt nur noch manchmal. Andreas Rüttenauer/taz rettete noch mal mit guten Argumenten Özils Fußballer-Ehre. Er ist jetzt 30, wird vermutlich nicht mehr besser. Seine familiären Berater – praktisch, so fallen weniger Kosten an – beraten nicht immer optimal. Wo werden sie ihn hinlotsen? Bei Özil verspricht das seit der WM ein Politikum zu werden. Ein wichtiges Entscheidungskriterium: der Brexit.
Zwar gibt es im Ausländerrecht immer Extrawürste für Profifussballer. Einer von Özils Welt-Gewichts-Klasse hat aber zahlreiche “Neben”-Geschäfte, die das sportliche Gehalt übertreffen. Und solche Geschäfte können steuerrechtlich sehr relevant werden, wenn sich ihre Rahmenbedingungen durch den Brexit (welchen?) signifikant verändern.

Brexit und Kunst

Auch andere Künstler*innen und Kulturschaffende grübeln darüber. Ein befreundeter Ex-Mitarbeiter des DLF klagte mir schon sein Leid über die “Seichtigkeit” der Kultursendung “Corso”. Die gestrige Ausgabe von Louise Brown – ein monothematischer Sonderfall an Silvester, war ein Beweis, dass es anders geht: exzellentes musikjournalistisches Radio.
Hinweis: Donnerstag 21 h deutscher Zeit läuft das Spitzenspiel der Premier League zwischen ManCity (Guardiola) und FC Liverpool (Klopp) – deutsches Fernsehen zeigt lieber Wintersport.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net