Von Günter Bannas
Wenn am kommenden Mittwoch der Koalitionsausschuss der Partei- und Fraktionsspitzen von CDU, CSU und SPD erstmals in diesem Jahr zusammenkommt, werden die Teilnehmer – wie man sie und die Bräuche so kennt – ein Thema aussparen: Umbildung des Bundeskabinetts. Sie werden sich hüten. Doch die Tage, an denen die entsprechenden Wünsche/Ankündigungen von Markus Söder bloß mit einem „Darf der das?“ oder einem „Dass der das darf!“ bedacht werden sollten, sind vorüber. Frech oder vorlaut, klug, abgestimmt oder auch nicht – die Äußerungen des CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten, es seien frische Kräfte in die Bundesregierung zu holen, tun ihre Wirkung. Auf krachlederne Weise hat Söder ins Bewusstsein gerufen: Die deutsche Innenpolitik befindet sich in einem Stadium des Interregnums. Die fast 15 Jahre lange Ära der Kanzlerin Angela Merkel geht dem Ende zu. Wenn sie in nicht mehr zwei Jahren ganz vorüber ist, wird nicht nur Merkel bei Sitzungen des Koalitionsausschusses nicht mehr dabei sein, sondern auch viele ihrer Gesprächspartner. Von einem Treffen von bald Ehemaligen ist zu sprechen. Einige wissen oder ahnen es. Andere kämpfen. Abseits internationaler Initiativen Merkels (Libyen) aber ist das Organisieren des Endes einer Koalitionsregierung und des Übergangs in eine neue Zeit zu beobachten.
Dass die amtierenden Minister versichern, sie wollten im Amt bleiben, versteht sich von selbst. Auf die über ihren Sprecher verlautbARTE Versicherung Merkels, eine Umbildung des Kabinetts stehe nicht an und sie arbeite mit „allen Ministerinnen und Ministern gut und gerne zusammen“ (sic!), sollte freilich nicht viel gesetzt werden. Einen Wahlkampf mit Leuten zu führen, von denen das Publikum glaubt, ihre „Zeit“ sei vorüber, ist keine gute Idee. Zwar gehört die Erkenntnis zum Allgemeingut von Wahlkampfmanagern, bei Wahlen werde nicht über die Vergangenheit, sondern über Zukünftiges, nicht über die Akteure von heute, sondern über das Personal von morgen entschieden. Doch CSU-Söder scheint diesen Erkenntnisprozess beschleunigen zu wollen, während sich die Spitzen von CDU und SPD (noch?) sperren. Oder nur zieren? Zur Pflicht von Altvorderen in der Politik gehört aber auch das Eingeständnis, einer Verjüngung und der Dynamisierung der Arbeit von Partei und Regierung nicht im Wege stehen zu wollen. Wer wird wann der Erste sein? Der Dank wäre gewiss.
Günter Bannas ist Kolumnist des HAUPTSTADTBRIEFS. Bis März 2018 war er Leiter der Berliner Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus “DER HAUPTSTADTBRIEF AM SONNTAG in der Berliner Morgenpost”, mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion.
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