von Rainer Bohnet
Die Initiative Nachrichtenaufklärung um den Kölner Medienwissenschaftler Hektor Haarkötter recherchiert alljährlich vergessene Themen, die von den Medien nicht aufgegriffen wurden, obwohl sie eine politische und/oder gesellschaftliche Relevanz haben.
Man fragt sich unwillkürlich, welche Gründe die Ignoranz der Medien haben könnte. Denn in der diesjährigen Rangliste der vergessenen Themen findet sich z.B. die Frage, ob Kulturgüter vor Atomunfällen geschützt sind, warum es bei Zeitungen viele prekäre Arbeitsverhältnisse gibt, wieso eine Bundesrichterwahl eventuell illegal ist und wieso nicht über 20 Staaten berichtet wird, die keine Armee unterhalten.
In einem Land, in dessen Verfassung die Presse- und Meinungsfreiheit steht, muss man davon ausgehen, dass es grundsätzlich keine pressemäßigen Restriktionen gibt. Es gibt aber einen Strukturwandel bei den Printmedien, der zu einem rigorosen Personalabbau und zum Teil zu signifikanten Qualitätseinbußen geführt hat. Viele Lokalredaktionen arbeiten mit freien Journalisten und Redakteuren, die pro Wort bezahlt werden und aufgrund ihrer prekären Lage nicht recherchieren können. Hinzu kommt, dass der investigative Journalismus gelernt werden muss. Und die Chefredaktion bzw. der Verleger sollten der investigativen Recherche den Rücken freihalten, denn deren Ergebnisse sind oftmals unbequem, sperrig und brisant.
Andererseits geht es bei den veröffentlichten Themen rund um den Globus auch um Kommerz und den Mainstream. Themen und Probleme von vermeintlichen Minderheiten lassen sich nicht gut verkaufen. Am Beispiel der armeelosen Staaten wie Costa Rica ist das relativ leicht zu belegen. Das kleine mittelamerikanische Land spielte höchstens bei der letzten Fußball-WM eine gewisse Rolle. Die Tatsache, dass sich dieses Land den Luxus gönnt, auf eine Armee zu verzichten und stattdessen in sein Bildungssystem zu investieren, wird vollständig ignoriert. Hieran kann man sehen, welche große Relevanz ein solches Thema hat und trotzdem kaum Eingang in die Medien findet.
Die Medien müssen ihr Selbstverständnis wachrütteln. Sie sind die verfassungsrechtliche vierte Gewalt im Staat und tragen für das Menschenrecht der Pressefreiheit eine große Verantwortung. Es sollte zur Kenntnis genommen werden, dass seriös recherchierte Fakten in Zeiten des Populismus immer wichtiger werden. Dafür brauchen die Medien gut ausgebildete Journalistinnen und Journalisten, die Freiraum und ein gesichertes Einkommen benötigen, um gute Arbeit abliefern zu können. Denn nicht nur ich möchte die Welt mit möglichst vielen Fakten und Facetten wahrnehmen und verstehen.
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