Die Ergänzung zum Spruch: Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich, lautet: Der Fachmann steigt aus, wenn der Laie einsteigt. Diese Sprüche fallen mir ein, wenn ich in der Zeitung die Programmgestaltung der ARD an manchen Abenden anschaue. So geht es mir auch heute.

Die ARD bietet ihren Zuschauerinnen und Zuschauern ab 22 Uhr und 50 Minuten die dokumentarische Aufarbeitung des Mordes an der Iranerin Reyhaney Jabbari an: „Sieben Winter in Teheran“ – der Film ist preisgekrönt (Deutscher Filmpreis 2024 unter anderen) – mediathekverfügbar bis 12.9.. Zuvor gibt es den schon alltäglichen Spannungsfilm, „Thriller“ genannt, dann Plusminus und die Tagesthemen.

Es gibt fast nichts, was die pervers-patriarchalische, religionsnahe Grausamkeit des Systems im Iran verständlicher darstellt als dieser Film. Reyhaney Jabbari hat sich gegen eine Vergewaltigung gewehrt. Sie wird deswegen ins Gefängnis geworfen. Nach sieben Jahren erhängt. Sie hat während ihres Gefängnisaufenthalts anderen so gut es ging geholfen. Bei all dem stand schon von Beginn an fest, dass sie erhängt werden würde. Das Gericht – eine Farce.

Ich frage mich immer wieder, warum ein solcher Film nicht zur Hauptsendezeit gezeigt wird? Will man Perverslingen im Iran keine Fläche bieten? Glaubt man, ein solcher Film sei 20 Uhr 15 nicht zumutbar oder kein „Magnet für die ARD-Gemeinde”, meint man gar, die Ansprechbaren gingen später ins Bett und schliefen länger?

Irgendetwas läuft da doch schief, wenn solche Filme stets und ständig ins Spätprogramm gehoben werden. Oder ist die geistige Daddelei unter den Programmmachern so weit fortgeschritten, dass sie Kritik an ihrer „Kreativität“ nicht mehr erkennen.

Über Klaus Vater / Gastautor:

Klaus Vater, geboren 1946 in Mechernich, Abitur in Euskirchen, Studium der Politikwissenschaft, arbeitete zunächst als Nachrichtenredakteur und war von 1990 bis 1999 Referent der SPD-Bundestagsfraktion. Später wurde er stellvertretender Sprecher der deutschen Bundesregierung. Vater war zuvor Pressesprecher des Bundesministeriums für Gesundheit unter Ulla Schmidt, Sprecher von Arbeitsminister Walter Riester, Agentur-, Tageszeitungs- und Vorwärts-Redakteur. Mehr über den Autor auf seiner Webseite.