Beueler-Extradienst

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Schlagwort: Jamaika-Sondierungen

Gabriels Aussenpolitik

In einer Sache ist Sigmar Gabriel seinem Nachfolger im SPD-Vorsitz klar überlegen: in der Ich-Vermarktung. Lange hat er das Rad klar überdreht, es guckte überall aus ihm raus. Erst als Aussenminister scheint er das richtige handwerkliche Mass zu finden. Das spricht nicht nur für seine Beratbarkeit, noch mehr für die Kompetenz seiner Berater*innen im Auswärtigen Amt und drumherum. Wenn es für eine gute Sache ist, ist gegen die gute Vermarktung eines Politikers auch nichts zu sagen. Ist es das? Zur Beantwortung dieser Frage hat Gabriel gestern gut inszeniert Material geliefert.

Gut inszeniert, weil er in das Vakuum stösst, das geplatzte Jamaika-Sondierungen, Regierungs-Geschäftsführung und desertierte Mit-Minister*innen hinterlassen. Gabriel desertiert nirgendwohin, Weiterlesen

In der Systemkrise

von Bettina Gaus
So wie CDU und SPD in die Sondierungsgespräche gehen, vergraulen sie selbst treueste Anhänger. Ihnen fehlt aber auch etwas Entscheidendes.

Für die CDU traut sich nur der Geschäftsführer – wie heißt der noch mal? – vor die Presse. Für die SPD erklärt deren Vorsitzender Martin Schulz, man habe viel Zeit für eine grundsätzliche Entscheidung. Toller Start für Sondierungsgespräche. Sind die Traditionsparteien eigentlich bei Trost? So vergrault man selbst die treueste Gefolgschaft.

Überraschend ist die Entwicklung nicht. Immerhin waren die vermeintlich Starken nie zuvor vergleichbar schwach. Die CDU-Bundeskanzlerin muss sich von einem CSU-Minister auf der Nase herumtanzen lassen, weil ihr die Kraft fehlt, ihn zu feuern. Der CSU-Ministerpräsident kann nur noch um einen möglichst gesichtswahrenden Rückzug kämpfen. Und dann gibt es einen SPD-Vorsitzenden, der – ja. Dann gibt es auch den noch.

Es ist an der Zeit, nach aller berechtigten Kritik einmal ohne jede Ironie eine Lanze für die Sozialdemokraten und für Martin Schulz zu brechen. Weiterlesen

“Geiz macht arm” und die SPD

Während der Jamaika-Sondierungsgespräche haben den Kleinparteien Grüne und FDP die Neumitglieder die Türen eingerannt. Denn in kleinen Regierungsparteien wäre das Karrieremarktverhältnis zwischen zu besetzenden Jobs und Bewerber*inne*n am günstigsten. Das hat sich jetzt wieder zur SPD gedreht, die zwar noch keine Kleinpartei ist, dem aber näherkommt.
Zu dieser Lage sprach der Deutschlandfunk mit Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne).

Einer der SPD-Strategen, Nils Heisterhagen bekam von der FAZ ausgiebig Platz, seine Gedanken aufzuschreiben. Und siehe da: mich erinnerten sie stark an Oskar Lafontaine, Weiterlesen

Tag der Bonner SPD

von Rainer Bohnet

Rund 200 SPD-Mitglieder und interessierte Bonnerinnen und Bonner erlebten einen kämpferischen stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden Ralf Stegner.

Die SPD steht am Scheideweg zwischen einer desaströsen Wahlniederlage, ihrer Verantwortung als Oppositionsführerin und ihrer Rolle als staatstragende Regierungspartei. Eine äußerst komplizierte Gemengelage, die parteiintern erklärt, diskutiert und entschieden werden muss. Ralf Stegner machte allerdings deutlich: “Egal wie die Sache ausgehen wird, wir werden uns teuer verkaufen.”

Anschließend wurde u.a. in einem Workshop zum Thema Mobilität über das verkehrspolitische Spannungsfeld Bonns zwischen Stau und Seilbahn gesprochen. Einige Diskutanten waren erst 16 Jahre jung und seit wenigen Tagen SPD-Mitglied.

Die derzeitige Lage ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig. Die SPD wird als Regierungspartei krachend abgewählt, stellt sich auf vier Jahre Opposition ein, will die Wahlniederlage gründlich analysieren, soll jünger und weiblicher werden und die innerparteiliche Kommunikation und Debattenkultur moderner, menschlicher und transparenter machen. Und sie will linker und kämpferischer agieren. So weit, so gut.

Jetzt platzen die Jamaika-Sondierungen. Deutschland, wirtschaftspolitisch vor Kraft strotzend, kommt in eine gefühlte Krise, Weiterlesen

“Von wegen Staatskrise – Unsinn! Es lebe die Demokratie.”

© Saarländischer Rundfunk, 21.11.2017

von Rainer Bohnet

Das Scheitern der Jamaika-Sondierungen war gestern Thema im Philosophie-Kolloquium von Prof. Dr. Martin Booms.

Durch die Regierungskrise wird eindeutig das Parlament gestärkt. Das wäre auch bei einer Minderheitsregierung der Fall. Also ein Gewinn für die normative Demokratie.

Eine ungelöste Frage ist, ob politische Parteien eine Gemeinwohlverpflichtung haben, die höher zu werten ist, als deren parteipolitische Präferenz. Dieses Problem stellt sich aktuell für die FDP und die SPD. Letztere setzt sogar ihre Zukunft aufs Spiel, wenn sie erneut in eine Große Koalition eintreten würde.

Es ist in höchstem Maße spannend, ungelöste politische Probleme philosophisch zu bewerten. Es ist für mich allerdings beruhigend zu wissen, dass die Demokratie bisher keinen Schaden erlitten hat.

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