Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Rosa Luxemburg

Die weißen Tauben sind müde

Auch eine Buchbesprechung

Pazifismus ist aus der Mode gekommen. Schwerter zu Pflugscharen, das war einmal. Rüstungsunternehmen sind die neuen Lieblinge der Börse. Die Außenministerin führt verbal Krieg gegen Russland und die neue liberale Speerspitze in Europa fordert eine europäische Armee. Die vom deutschen Bundeskanzler ausgerufene sog. Zeitenwende nimmt mit dem auf Kredit aufgenommenen Sondervermögen (in Wahrheit Sonderschulden) von 100 Milliarden Euro Fahrt auf. Von den deutschen Friedensforschungsinstituten ist wenig zu hören. Die Arbeit der Goethe Institute im Ausland wird zusammengestrichen. Die für auswärtige Kulturpolitik zuständige Ministerin übt sich lieber in Kriegsrhetorik statt in Friedensdiplomatie. Weiterlesen

Der Krieg und die Linken

Auszug aus dem gleichnamigen Buch des Autors

5. Affekte, Moral und Kriegsschuld

Militärische Gewaltanwendung ist eine extreme Grenzüberschreitung. Es ist daher völlig normal und verständlich, dass sie heftigste Affekte hervorruft, darunter nicht nur Mitgefühl mit den Opfern, sondern auch gesteigerte Aggressionsbereitschaft, Kriegsbegeisterung, Hass und Rachegefühle. Das ist menschlich verständlich und gilt auch für Linke. Erinnert sei an den im zweiten Kapitel zitierten Sigmund Freud, dessen »ganze Libido« zu Beginn des Ersten Weltkriegs der k.u.k. Monarchie gehörte. Weiterlesen

Polyphonie statt Hierarchie

Über die Rolle der Frauen in der Philosophiegeschichte Kolumbiens

Die Philosophie muss aus ihrem akademischen Elfenbeinturm herausgeholt werden und neuen Subjekten – insbesondere Frauen – Platz schaffen, die der männlich geprägte westliche Humanismus bisher ausgegrenzt hat. Die bestehende hierarchische Ein- und Zuordnung in der Philosophie muss dafür ausgehebelt und durcheinandergebracht werden. Aus dieser Perspektive wirft die Kolumbianerin Giovana Suárez Ortiz einen Blick auf die Rolle der Frauen in der Philosophiegeschichte ihres Landes. Weiterlesen

Die Geschichte einer Unterwerfung

von Adrián Moyano (Übersetzung: Alix Arnold)
Patagonien ist eine Erfindung des Kolonialismus

Vor 1492 war Amerika auf keiner Landkarte verzeichnet und ebenso wenig Patagonien, obwohl es von verschiedenen Völkern bewohnt wurde. Die Mapuche nennen das Territorium, das sich von der Andenkordillere nach Osten erstreckt, Puelmapu. Dieser Ausdruck hat tiefere Bedeutungen, wird aber in der Regel als Territorium des Ostens übersetzt. Das Volk der Mapuche war von 1592 an mit der spanischen Invasion konfrontiert, die in der Nähe des Flusses Biobío (Chile) begann. Weiterlesen

Der lange Arm des Kolonialismus

von Friederike Habermann
1884 stieg Deutschland in den Wettlauf um Afrika ein. Dieser Teil der Geschichte ist noch heute ein weißer Fleck, der daraus entstandene Reichtum gilt als unbescholten.
»Du warst wieder in Spanien?« Die Szene spielt in einer Kneipe. »Ja, aber nur übers Wochenende – das kost ja fast nix mehr.«
»Mallorca – das ist doch peinlich. Ich war jetzt in Namibia.« Der Sonnengebräunte schwärmt von seinem Safari-Urlaub. »Was ist mit dir?«, fragt er den Dritten am Tisch. »Ich war mit den Kindern in Rumänien – alles so unberührt, da kommste nicht mal mit dem Flieger hin«, lobt sich indirekt der Umweltbewussteste unter den Bierkumpanen. Weiterlesen

Ein Instrument der Freiheit

Gerade linke Theoretiker von Lenin bis Marcuse haben über die oft als bürgerlich verschriene bildende Kunst nachgedacht. Jens Kastner leistet den ersten großen historischen Überblick
„Sind Sie ein Mann der Kunst, Premierminister?“ In der Netflix-Serie „The Crown“ schüttelt Harold Wilson den Kopf, als ihn Königin Elizabeth bei der Eröffnung eines Kunstmuseums zur Rede stellt. „Nein, ich bin Wirtschaftswissenschaftler“, wehrt der Labour-Politiker die Monarchin ab, „da weiß man, was man hat.“

Linke Theorie und Praxis, dafür ließe sich die fiktive Szene heranziehen, steht unter dem Primat der Ökonomie. Kunst gilt da höchstens als Nebensache. Dass sie im linken Denken aber eine wichtige Rolle spielt, zeigt nun der Soziologe und taz-Autor Jens Kastner in seinem neuen Buch. Weiterlesen

Rosa & Karl

Vor 100 Jahren wurden nicht nur die Jungdemokraten gegründet – daran arbeitet mein Mitautor Roland Appel (zusammen mit Theo Schiller, Berthold Meyer und Michael Kleff) gerade unter Hochdruck – sondern auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet. Der lange Schatten dieses Verbrechens liegt nicht nur über der ritualisierten Demonstration, die dazu jedes Jahr in Berlin stattfindet, sondern auch über der SPD. Mit den Ermordeten zusammen denken viele Menschen, dass das Elend der SPD mit ihrer Zustimmung zum Krieg 1914 begann.
Aufgearbeitet ist das bis heute nicht. Einen Beitrag dazu leistete immerhin Weiterlesen

Aufstehen ist Bürgerpflicht

Schluss mit dem linken Lieblingssport der maximalen rhetorischen Selbstverletzung.
Von Ludger Volmer

Der Kapitalismus hat die Systemkonkurrenz gegen den „realen Sozialismus“ gewonnen, aber er ist nicht die Lösung für die Menschheit. Auch wenn konservative Philosophen im eskalierenden Neoliberalismus das Ende der Geschichte zu erkennen meinten. Dessen Globalisierung hat zwar einige Wirtschaftsdaten verschönert, Armut mancherorts abgemildert und cleveren Jungs die Taschen gefüllt. Doch die Art, wie er den Stoffwechsel der Gattung Mensch mit der Natur organisiert, zerstört den Globus, macht Lebenswelten zunichte und vertieft die ungleiche Verteilung von Wohlstand und Perspektiven – obszöne Geldvermehrung für wenige, Not und Abstiegsängste für viele, Klimawandel und Bienensterben für alle. Die forcierte Ausbeutung von Mensch und Natur bildet die ökonomische Leitkultur. Konflikte um knappere Ressourcen und Lebenschancen eskalieren zu Kriegen und Bürgerkriegen. Weiterlesen

Welche Zukunftsperspektiven hat eine linke Opposition?

Von Antje Vollmer
Der hundertjährige Riss innerhalb der politischen Linken kann nur geheilt werden, wenn beide ihren Anteil an diesem Schisma erkennen und überwinden

Wenn die Sozialdemokraten und die politische Linke in Europa ihre aktuelle Krise und ihre Schwächephase überwinden wollen, müssen sie zwei Bedingungen erfüllen: Sie müssen ihre Angst vor den permanenten medialen Folterwerkzeugen ihrer politischen Gegner besiegen – und sie müssen endlich ihre eigene ewige Spaltungsgeschichte beenden.

Es ist genau 100 Jahre her, dass die Einheit der politischen Linken in Deutschland und in Europa zerbrach – und zwar so traumatisch, dass dieser Riss bis heute nicht wieder geheilt wurde. Damals, im April 1917, gründete der frühere Fraktions- und Parteivorsitzende der SPD, Hugo Haase, zusammen mit Weggefährten wie Eduard Bernstein, Karl Kautsky, Clara Zetkin, Kurt Eisner, Georg Ledebour und Luise Zietz die Unabhängige Sozialdemokratie (USPD).

Die zentrale Differenz zur Mehrheitssozialdemokratie bestand in der Ablehnung des Krieges. Weiterlesen

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