von Bettina Gaus
Mit seiner Unberechenbarkeit ruiniert Donald Trump das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt. Warum halten die Republikaner an ihm fest?

Gut möglich, dass US-Präsident Donald Trump kein Gesetz gebrochen hat. Vielleicht sprechen die Untersuchungen am Ende sogar seinen ehemaligen Berater Michael Flynn von jedem Verdacht frei. Die Rechtslage ist nämlich komplizierter, als sich in kurzen Nachrichtensendungen vermitteln lässt.
Qualitätsmedien in den USA veröffentlichen derzeit juristische Analysen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Fest steht: Die Ermittlungen werden lange dauern. Und fest steht auch, dass es um kriminelle Taten eigentlich längst nicht mehr – oder jedenfalls nicht in erster Linie – geht.
Es geht um eine sehr viel dramatischere Frage: Ist der Präsident der Vereinigten Staaten körperlich und geistig überhaupt in der Lage, sein Amt auszuüben? Unabhängig voneinander sind mehrere Leitartikler zu dem Ergebnis gekommen, dass Donald Trump sich verhält wie ein Kleinkind. Sie haben sich in diesem Zusammenhang weder neurologische noch psychologische Kenntnisse angemaßt. Sondern lediglich Alltagsbeobachtungen für ihre Analyse herangezogen.
Wie beispielsweise geringe Impulskontrolle, sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne, dringendes Bedürfnis nach Anerkennung. Klingt vertraut? Ja, so kennen wir Fünfjährige. Und so kennen wir den Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Nichts ist schlimmer als Unberechenbarkeit

Ist es vorstellbar, dass Donald Trump sich im Oval Office hinwirft und mit den Fäusten auf den Boden trommelt, wenn ein ausländischer Staatsgast etwas sagt, was ihm missfällt? Ja, leider. Es ist nicht wahrscheinlich, aber möglich. Ein solches Verhalten wäre eine – weitere – Katastrophe für das Ansehen der USA in der Welt. Es gibt im Zusammenhang mit internationalen Beziehungen kaum etwas Schlimmeres als Unberechenbarkeit.
Mitarbeiter von Donald Trump schütten derzeit gegenüber Medien ihr Herz aus. Anonym, versteht sich. Derlei Informationen lassen sich ignorieren, wenn jemand nicht wagt, öffentlich zu dem zu stehen, was er oder sie zu sagen hat. Aber bisher wurden alle anonymen Berichte durch weitere Quellen gestützt – gelegentlich hat sogar der US-Präsident selbst seine Mitarbeiter dementiert und fröhlich den Inhalt von Artikeln bestätigt, der von seinem Umfeld gerade erst bestritten worden war.
Was das Weiße Haus derzeit durchsticht: Informationsblätter für Trump sollten Bilder und Grafiken enthalten, sonst liest er sie nicht. Je häufiger sein eigener Name auftaucht, desto größer ist die Chance, dass er Informationen zur Kenntnis nimmt. Memos, in denen er nicht vorkommt, langweilen ihn.
Das Rechtssystem aller Staaten basiert auf der Annahme, dass jemand rational agiert. Vielleicht verbrecherisch, vielleicht reaktionär, vielleicht auch einfach blöd. Aber doch rational. Donald Trump agiert jedoch nicht wie ein Erwachsener, jedenfalls nicht nach all dem, was wir wissen.

US-Republikaner sind nicht dümmer als andere

Die ganze Welt hält den Atem an, wenn Trump sich zu Wort meldet. Nicht etwa deshalb, weil sich jemand davon Aufschluss auf künftiges Verhalten verspricht, sondern weil die ganze Welt sich vor dem fürchtet, was geschieht, wenn der Präsident spontan reagiert.
US-Republikaner sind nicht dümmer als andere Leute. Warum wird Trump also noch immer von so vielen Leuten einer Partei unterstützt, die ihn ursprünglich in ihrer breiten Mehrheit nicht auf ihr Schild hatte heben wollen? Weil die Republikaner keine in sich geschlossene Partei sind, sondern aus Fraktionen bestehen, die einander bis aufs Letzte bekämpfen.
Wenn ein Präsident sein Amt nicht mehr ausüben kann – der Gesetzgeber sah Fälle wie Koma voraus –, dann kann er dieses Amtes enthoben werden. Dafür bedürfte es allerdings einer breiten Mehrheit: des Kabinetts und des Kongresses. Bisher sieht es nicht danach aus, als ob eine hinreichend große Mehrheit dafür gefunden werden könnte. Offenbar deshalb, weil manche Republikaner ihr persönliches Interesse weiterhin über das der USA stellen.

Dieser Text ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.

Über Bettina Gaus:

Bettina Gauss ( † ) war politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Ihre Beiträge sind Übernahmen von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.