von Andreas Zumach
Drei Viertel der Deutschen sind dafür, in Verhandlungen über ein Verbot der Nuklearwaffen einzusteigen. Die Bundesregierung boykottiert diese bislang.
Drei Viertel aller wahlberechtigten Deutschen wollen, dass sich die Bundesregierung an den bislang von ihr boykottierten UNO-Verhandlungen über ein weltweites und vollständiges Verbot von Atomwaffen beteiligt. Jeweils zwölf Prozent sprechen sich dagegen aus oder haben keine Meinung zu der Frage. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, deren Ergebnis der taz vorliegt.
Die Verhandlungen über das Atomwaffenverbot, an denen sich bislang 138 der 193 Mitgliedstaaten in der UNO-Generalversammlung beteiligen, gehen am Donnerstag in die zweite Runde. Russland und die USA fehlen ebenso wie die meisten europäischen Nato-Staaten inklusive Deutschland.
In der Umfrage sprachen sich 77 Prozent der CDU/CSU-WählerInnen für eine Beteiligung der Bundesregierung aus. Unter den AnhängerInnen der SPD liegt die Zustimmung bei 83 Prozent. Noch höher ist der Anteil der Jastimmen bei den WählerInnen der Grünen (85 Prozent) sowie der Linken und der FDP (je 86 Prozent). Unter den AfD-Wählerinnen unterstützen 67 Prozent die Forderung nach einer deutschen Verhandlungsteilnahme.
Parallel zum Alter der Befragten steigt die Zustimmung kontinuierlich von 67 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen bis auf 81 Prozent bei den Befragten über 55. Die repräsentative Umfrage unter 2.072 BundesbürgerInnen über 18 Jahren wurde Ende Mai vom britischen Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt.
„Diese Umfrageergebnisse zeigen, dass die Bundesregierung mit ihrer Blockadehaltung gegen den Willen der Bevölkerung handelt“, sagte Sascha Hach von der deutschen Sektion der Internationalen Kampagne für das Verbot von Atomwaffen (ICAN), die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. Die Bundesregierung solle die Ergebnisse „zum Anlass nehmen, um ihre Meinung zu überdenken, und an der diese Woche beginnenden Verhandlungsrunde konstruktiv teilnehmen“. Dies hatten letzte Woche in einem Brief an Außenminister Sigmar Gabriel auch Pax Christi, Medico International, Oxfam und andere Nichtregierungsorganisationen gefordert.
„Die Regierung handelt gegen den Willen der Bevölkerung“
Gabriel rechtfertigte hingegen erneut den Verhandlungsboykott der Bundesregierung. Zwar sei es „gut und richtig, dass die Vereinten Nationen eine atomwaffenfreie Welt anstreben“, sagte er der dpa. Aber die Verhandlung in der UNO mache „natürlich wenig Sinn“, da „ausgerechnet die Staaten mit Atomwaffen daran nicht teilnehmen“. Statt auf ein generelles Verbot setzt das Auswärtige Amt auf Fortschritte bei bestehenden Instrumenten wie dem Atomwaffensperrvertrag. Diesen haben zwar mehrere Atomwaffenstaaten unterschrieben haben, seine praktische Auswirkungen sind aber begrenzt.
Gabriels Argumente seien „vorgeschoben“, kritisierte Xanthe Hall von der Internationale Ärztevereinigung gegen den Atomkrieg. Ein Verbot habe „auch ohne die Atomwaffenstaaten praktische Auswirkungen“. Denn dann dürften keine Bomben mehr auf dem Boden der unterzeichnenden Länder gelagert werden. Aus Deutschland müssten beispielsweise die US-Atomwaffen in Büchel abgezogen werden. „Wahrscheinlich ist das der wahre Grund, weshalb Gabriel gegen ein Verbot ist“, erklärte Hall.
„Gabriels Gesprächsverweigerung kommt einer diplomatischen Bankrotterklärung gleich“, kritisierte ICAN-Sprecher Hach. Der Außenminister stelle mit der Nichtteilnahme „Machtpolitik über Frieden und Rüstungskontrolle.“
Dieser Beitrag erschien bereits bei taz.de, hier mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.
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