Christoph Biermann ist gewiss einer der besten deutschen Fußballjournalisten. Unter den vielen guten Büchern des Chefredakteurs der 11Freunde gefiel mir das am besten, in dem er seine Rückkehr in die aktuelle Fußballszene des Ruhrgebietes beschreibt. Es bewies mir eindrucksvoll, dass er was von politökonomischen Zusammenhängen versteht. Ein guter Conferencier ist Biermann leider nicht, sonst hätte er diese Fähigkeit heute besser zur Anwendung gebracht.

So geriet die Veranstaltung “Die neue Fußballmatrix” vor mehreren hundert überwiegend Männern im Theater am Tanzbrunnen in Köln überwiegend zur Seuche des Sportjournalismus: Produktpräsentation. Biermann und Anderson haben Bücher geschrieben; Ex-Profi Reinartz und der vom BVB zu Arsenal gewechselte Scout Mislintat sind Teilhaber von Datensammelunternehmen. Professionell, wie sie sind, haben letztere beide ihre Datensammelei nicht als alleinseligmachendes Rezept gepriesen.

Die Steilvorlage von Per Mertesacker verwertete die von Biermann geleitete Runde – Hannes Wolf war für den absagenden Julian Nagelsmann eingesprungen – nicht. Charakter, Psychologie, Soziales, Ökonomisches blieb merkwürdig ausgeblendet. So war die Runde Teil des Problems: die Mehrheit der Bundesligateams ist vollgestopft mit leistungsfähigen Fußballtalenten. Nur funktionieren sie nicht als Team, ihren Fußball anzuschauen macht nur mittelmässig Spass. Weil etwas nicht passt, was die Algorithmen nicht erklären können.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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