Gestern war wieder Münster-Tatort, wieder mit Rekordquote, was angesichts sommerlichen Wetters draussen durchaus noch eine Nachricht ist. Diese Prahl/Liefers/Urspruch-Nummer ist für die ARD und den WDR zu einer idiotensicheren Pointe geworden – egal wie gut oder schlecht, funktionieren tuts immer. Wir Zuchauer*innen lieben solche Rituale, unser Wohlbefinden braucht sie. Seit letztem Jahr soll sich die ARD selbst verordnet haben, pro Jahr hächstens noch zwei “Experimental-Tatorte” zu senden (die unzähligen Wiederholungen nicht mitgezählt). Preisfrage: wäre der “Münster-Tatort” dann jemals entstanden? Das Schlüsselproblem vieler Tatorte ist eher, dass sie den Daily-Soaps immer ähnlicher werden, weil Drehtage und Produktionszeiten gekürzt werden. Mag sein, dass Behrendt und Bär, Prahl und Liefers oder das Münchner Gespann das mit ihrer Routine wegspielen können; andere (Dortmund, SWR, MDR) steigen dagegen gerne wieder aus.
Gebhard Henke, ARD-Tatort-Koordinator vom WDR, der das mit zu verantworten hat, und zur Zeit #metoo-Vorwürfen ausgesetzt ist, scheint dem ARD-Mannschaftsspiel, so weit es sichtbar ist, nicht zu fehlen. Im für uns unsichtbaren Teil sieht es mit Sicherheit anders, eher intrigantenstadelähnlich aus. Vermutlich spekulieren schon mehrere auf seinen mächtigen Job. Zu den #metoo/WDR-Untersuchungen ist aktuell fast nichts zu hören; 16 konkrete Vorwürfe sollen aktenkundig sein. Möge die öffentliche Ruhe den Untersuchungen nützlich sein. Update: in einem Fall wird jetzt eine Entlassung gemdeldet.
Der WDR-Münster-Tatort könnte heute nicht mehr entstehen, Fritz Pleitgen könnte heute kein WDR-Volontär mehr werden, Per Mertesacker hätte heute keine Chance mehr, sich als Fußballprofi durchzusetzen, und George Best schon mal sowieso nicht.
George Best? Das war ein protestantischer Nordire, der 1968 in Manchester Fußballer des Jahres wurde. Dietrich Schulze-Marmeling schenkt ihm heute in der FR eine angemessene posthume Würdigung. Ich selbst, obwohl damals schon aktiver Fußballfan, habe Best erst nachträglich wahrgenommen. Zu damaligen Medienverhältnissen gab es fast keine Chance ihn selbst spielen zu sehen. Es gab nur popkulturelle Mythen, die unter den Älteren auf dem Schulhof über ihn kursierten. Bests Relevanz wurde für mich erst mit dem Aufkommen fussballhistorischer VHS-Kassetten in den 80ern zugänglich. Das war ungefähr die Zeit, als ich auch den Autor Dietrich Schulze-Marmeling kennenlernte. Der amtierte in den 80ern, ähnlich wie der spätere Antje-Vollmer-Mitarbeiter und noch spätere stellv. Chefredakteur der Zeit Bernd Ulrich, im Koordinierungsausschuss (KA) der Friedensbewegung als Urlaubsvertretung für die damals für besonders “gefährlich gewaltaffin” gehaltenen “Autonomen”. Die wir aber im KA ganz gekonnt pazifiziert bekamen.
Wie kam ich drauf? George Best, leider schon tot, vielleicht so eine Art Jim Morrison des Fußballs? Nein, er hat seinen Ruhm weniger erlitten, aber, wenn auch für eine tragisch verkürzte Zeit, doch auch sehr genossen.
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