Der General-Anzeiger berichtete gestern über eine von ihm selbst veranstaltete Diskussion zum “Kulturquartier” Beuel. Das Thema hat für unsere Stadtteilentwicklung zweifellos höchste Bedeutung. Ich war selbst nicht dabei. Wenn die GA-Berichterstattung die Debatte korrekt wiedergibt, haben wichtige Akteure dabei schwere Denkfehler im Kopf.
Aus dem Bericht trieft nicht nur die Botschaft “grosse, wichtige Chance”, sondern auch das populistische Bedürfnis: “jetzt aber schnell!”. Ausserdem bringt der Bezirksbürgermeister noch die implizite Botschaft unter, die Stadt Bonn solle sich da bitteschön raushalten – nur schade, dass es eine Kennedybrücke gibt.
Jungs, so klappt das nicht.
Was wichtig ist, geht auch alle an. Es ist nicht damit getan, dass ein paar Immobilienspekulanten zum Investieren angelockt werden, und sich an der neuentdeckten Beueler Goldgrube eine goldene Nase verdienen; natürlich, wie immer bei Gentrifizierungen mit Kunst und Kultur verziert. Wenn etwas wichtig ist, wollen auch alle mitreden. Das scheinen alle Podiumsdiskutant*inn*en mehr oder weniger gefürchtet zu haben (wenn wir dem GA-Bericht glauben dürfen) – das ist aber Bestandteil von Demokratie.
Der CDU-Flügel, dem ich Guido Deus zurechne, der selbst – bevor er Profipolitiker wurde – in der Immobilienbranche geübt hat, hat Bürger*innen*beteiligung schon immer als lästiges Experiment beschimpft, das effiziente Politik und Bürokratie behindert. Denn in denen hat die CDU alle Hebel in der Hand. Wenn sie mit sich selbst einig ist, selten genug. Wer jedoch heute noch Bürger*innen*beteiligung nur mit spitzen Fingern anfassen will, hat den Schuss nicht gehört, und kann weder Umfragen noch Wahlergebnisse lesen.
Also Freunde: lieber langsam, und ordentlich demokratisch. Mehr Geduld, und weniger Überfälle. Investor*inn*en sind willkommen, wenn sie wissen, was der Art. 14 des Grundgesetzes bedeutet. Und nicht nur Guido Deus, sondern vor allem sein Parteifreund Alexander Ashok Sridharan muss dem Geltung verschaffen.
Der Argumentationslinie “Lieber langsam, und ordentlich demokratisch” ist zuzustimmen. Dennoch bleiben Fragen: Erreicht überhaupt der Einwand, die Überlegungen zur Beueler Stadtentwicklung griffen zu kurz, den Beueler Bezirksbügermeister Guido Déus oder Pantheon-Chef Rainer Pause? Oder weiß GA-Redakteur Holger Willcke, dass er mit seiner von ihm geleiteten öffentlichen Debatte weit weniger die Beueler Kulturinteressierten anspricht als vielmehr renditehungrige Immobilieninvestor*inn*en aus nah und fern? Hätte ein solcher Einwand überhaupt die Chance, in der Leserbrief-Rubrik des General-Anzeigers abgedruckt zu werden – oder eher nicht? Denn auch dort “hat die CDU alle Hebel in der Hand”? Die Debatte um eine demokratische Stadtentwicklung in Beuel, noch bevor sie in Gang kommt, hat dicke Bretter zu bohren.