Was ist das Geheimnis des Erfolgs deutscher Konservativer? Bereits einmal, in der Weimarer Republik haben sie dem Faschismus die Steigbügel zur Macht gehalten und die nötigen Türen dorthin geöffnet. Mit dem Ergebnis einer fürchterlichen Weltzerstörung, von der sie anschliessend zumindest in Westdeutschland erfolgreich behaupteten, sie seien nicht dabeigewesen. Nach der Zerstörung folgte die Sonderkonjunktur Wiederaufbau, mit ökonomischer Hilfe aller Freunde des Antikommunismus. In diesem Prozess gelang es den deutschen Konservativen mit List, Tücke und robusten Ellenbogen an die Spitze der “westlichen Wertegeminschaft” heranzurobben, und sogar zeitweise den Titel Exportweltmeister zu erobern.
Die internationale Begeisterung darüber ist so begrenzt, dass die einst imaginierte “Wertegemeinschaft” darüber längst zerbrochen ist. Jetzt ist Handelskrieg. Die konservative, machthabende Seite der deutschen Gesellschaft erwartet von ihrer politischen Führung nun die erfolgreiche Verteidigung dieser Errungenschaften. Und die Führung kann nicht liefern. Darum geht der Streit, der sich an der Figur des bildkräftigen Altmaier austobt. Ich rätselte jüngst über die strategischen Motive. Inwieweit gehen sie über ideologische, rassistische Verblendung hinaus? Immerhin hat das Kunststück, deutschen Nationalismus und neoliberalen Globalismus in einer Partei und Regierung zu vereinen, erstaunlich lange funktioniert. Damit ist jetzt Schluss.
Die objektiven ökonomischen Interessen, die jetzt aufeinanderprallen hat Jörg Kronauer/Junge Welt gut nachvollziehbar präsentiert (dieser Link war zunächst hinter Paywall. heute online zugänglich, in einigen Tagen vielleicht wieder hinter Paywall – das ist linksradikale Medienstrategie im digitalen Kapitalismus, hauptsache verrätselt). Er liefert, was bei mir fehlte. Bei den ideologischen Motiven (Nebenwiderspruch?) bleibt Kronauer seinerseits seltsam schweigsam.
Wie orientierungslos die deutsche politische Elite durch die Welt taumelt illustrieren aussserdem:
– Stefan Heidenreich zur geschwätzigen Aussenpolitik auf Carta
– Sascha Lobo/Sp-on zum digitalpolitischen deutschen Desaster.
Bei Lobo wird deutlich, wie radikal die einstigen politischen Träger*innen des German Wirtschaftswunder mit dem Rücken an der Wand stehen um Besitzstände gewaltsam zu verteidigen, und in der Hitze des ideologisierten Gefechts jeden Blick dafür verloren haben, wie sich die Welt weiterdreht. Schon einmal mussten sie wegen historischen Versagens abgewählt werden, 1969/72. 1998 standen sie sich selbst im Weg. Nun ist es wieder so weit. Der Ablösungsprozess könnte sich durch demografische Überalterung der Wähler*innen*schaft quälend verlängern, die Jungen mit ihrer zwangsweisen Zukunftsorientierung sind, anders als 69/72, in der Minderheit. Bleibt die Frage: was kommt dieses Mal als Nächstes?
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