Herr Habeck will Europa “weltpolitikfähig” machen. Ich habe bereits aufgeschrieben, warum ich das, höflich ausgedrückt, für kein glückliches Signal halte. Aber gut, viele Deutsche halten ihn für einen weisen Mann. Ich halte ihn für einen guten “Performer” (von sich selbst), aber für einen schlechten Schauspieler. Zur Kanzlerfrage gibt es sich öffentlich demonstrativ genervt, doch dieses Interview in der niederbayrischen Lokalpresse (jetzt online frei zugänglich) hat ihn zur Kenntlichkeit entstellt. Dennoch, ein wichtiger Mann. Ich versuche mich also mal in seiner Denkwelt.
“Weltpolitikfähig” heisst nicht nur Persischer Golf. Europa und die USA bekommen von dort gar nicht mehr so viel Öl. Die USA haben selber mehr als sie brauchen (Frackingöl), Europa bedient sich überall. Aber China holt auf diesem Weg viel für seinen weiter wachsenden Energiebedarf. Wer kontrolliert seinen Schifffahrtsweg? Dafür scheints ein grosses Gedränge an Bewerbungen zu geben (s. Habeck). Das Zentrum des Konflikts wird allerdings das südchinesische Meer. Wollen die deutschen Grünen dort auch mit der Bundesmarine Frieden vermitteln? Viel Vergnügen wird das nicht bereiten. Aber teuer.
Wenig war von der sexy Grünen-Spitze bisher zur Künstlichen Intelligenz zu hören, der Schlüsseltechnologie für alle mit Weltmachtambitionen. Habeck hat bisher nur mal einen missglückten Vorstoss zur Gentechnologie gewagt, der innerparteilich nicht sehr gut für ihn ausgegangen war. Zur KI dagegen ist grünes Substanzielles noch nicht wahrzunehmen. Dieses Telepolis-Interview mit dem Buchautor Gernot Brauer ist zwar, vor allem am völlig überdrehten Ende, wüstes PR-Geklingel zur Förderung eines Buchverkaufes. Es läuft auf eine hochtechnologische Version eines “Endes der Geschichte” hinaus – das war schon immer Quatsch, egal in welchem Jahrhundert. Die Möglichkeit, ins Räderwerk scheinbarer Gesetzmässigkeiten und Mechaniken einzugreifen, heisst (und hiess immer): Politik. Da wachsen die Erwartungen an die deutschen Grünen; sie müssen mehr liefern als ein schwarzes Loch.
Womit wir bei den Mühen der Ebene sind. Es gibt Menschen die entwickeln Künstliche Intelligenz, andere Atomwaffen und andere Massenvernichtungswaffen. Die Einen lassen Computer den Rasen mähen und Hausarbeiten verrichten, andere werden eingesperrt oder ermordet, weil sie “falsch” aussehen. Immer wieder kommt die Zeit, in der Menschen sich das nicht mehr gefallen lassen. Davon erzählt Keeanga-Yamahtta Taylor in einer Konferenzrede, die die Blätter dokumentieren, und woraus die Überschrift dieses Textes entnommen ist. Eine Einsicht, die durch die Zeitalter schon vielen weisen Frauen und Männern gekommen ist.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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