Die besitzende Dame und der leitende Herr im Springerkonzern waren sehr, sehr ungehalten über die Berichterstattung ihrer rechten Konkurrentin FAZ über ihr Unternehmen. Die Damen und Herren kennen sich überwiegend persönlich und hassen sich also gegenseitig rechtschaffen. Irgendwas muss uns hier unten ja auch Freude machen.
Um ihren Ärger zu demonstrieren, gaben Frau Springer, Herr Döpfner und Herr Huth (vom Hedgefond KKR) der Süddeutschen ein Gruppeninterview (hinter Paywall, ich habs gedruckt lesen müssen), mit dem sie die Grube, die ihnen die FAZ gegraben hatte, noch tiefer gruben. Wer unter 60 ist, und danach als Springer-Beschäftigte*r noch keine Angst um seinen Arbeitsplatz hat, muss ein durch und durch glücklicher Mensch sein. Auf der Medienseite der SZ, in früheren Jahrhunderten qualitativ marktführend, heute überwiegend mit Besprechungen von Tatorten und Netflix-Filmchen, erschien so erstmals wieder Medienpolitik. Das beunruhigt die Dame und den Herrn an der Springerspitze weniger, als im Wirtschaftsteil, der vom grossen Geld gelesen werden könnte.
ZDF
Das ZDF hat versucht, den Neonazi Höcke zu interviewen. Das ist so ausgegangen. Und macht viel Wind in den Medien. Der Kollege Hilker/DIMBB hat aus diesem Anlass ein Zitat des rechten Spindoktors Kubitschek ausgegraben, das ich zur Erinnerung für alle bürgerlich-Konservativen hiermit wiedergebe:
“Es kommen bei dieser Auseinandersetzung auf unserer Seite drei ineinander verschränkte Methoden zur Anwendung: Die eine besteht darin, in Grenzbereichen des gerade noch Sagbaren und Machbaren provozierend vorzustoßen und sprachliche oder organisatorische Brückenköpfe zu bilden, zu halten, zu erweitern und auf Dauer zum eigenen Hinterland zu machen. Das ist ins Zivile übersetzt nichts anderes als die Schaffung neuer Gewohnheiten. Die Sprache erweitert sich um neue Begriffe, das Argumentationsrepertoire um neue Verknüpfungen, die Wahrnehmung um neue Benennungsmöglichkeiten, und wir würden immer behaupten: Die Wand aus Milchglasbausteinen wird Stück für Stück ersetzt durch blankpolierte Scheiben, durch die man sieht, was draußen wirklich vor sich geht.
Die zweite Methode verhält sich zur ersten korrigierend: Es gibt in der militärischen Lehre den Begriff der »Verzahnung«. Es geht dabei um die Auflösung klarer Fronten zu dem Zweck, die feindliche Artillerie am Beschuß zu hindern: Wenn klar wird, daß der Gegner über die stärkere Feuerkraft verfügt, verzahnt man sich mit den Truppen des Gegners, stößt vor, erobert ein paar Stellungen und sorgt für ein unklares Lagebild. So weiß der Gegner nie, ob er nicht auch die eigenen Leute trifft, wenn er feuert; oder er weiß es ganz genau, dann wird er seine Geschosse vielleicht nicht abfeuern. Aufs Politische übertragen: Sprachlich kann man dadurch verzahnend vorstoßen, daß man zitiert und auf Sprecher aus dem Establishment verweist, die dasselbe schon einmal sagten oder wenigstens etwas Ähnliches.
Die Methode, mit der diese Aufgabe gelöst werden könnte, ist, wir sind damit bei der dritten angelangt, ein Vorgang, für den der Begriff »Selbstverharmlosung« eingeführt werden könnte: Es ist der Versuch, die Vorwürfe des Gegners durch die Zurschaustellung der eigenen Harmlosigkeit abzuwehren und zu betonen, daß nichts von dem, was man fordere, hinter die zivilgesellschaftlichen Standards zurückfalle. (Götz Kunitschek: Selbsstverharmlosung. In: Sezession 76/2017, Februar 2017, S. 28 f.)”
Das ZDF macht nicht alles schlecht. Z.B. wie es in Zukunft mit seiner Mediathek arbeiten will.
nachdenkseiten
Die Kolleg*inn*en der nachdenkseiten haben einen 6er im Lotto für Blogs gezogen: ein Verriss im Titelseiten-“Streiflicht” der SZ. Wie haben sie das nur hinbekommen? Er ist so schlecht geworden, dass ich vermuten muss, sie haben den bestellt. Denn eine positive Würdigung hätte Redaktion und Leser*innen sicher beunruhigt. So regen sich alle übereinander auf, und also ist für alle gesorgt.
Böser und für die Qualität verhängnisvoller war aus meiner Sicht der Ausstieg von Wolfgang Lieb vor vier Jahren. Das schlechte SZ-Streiflicht funktioniert wie ein Pflaster auf diese Wunde.
Es gibt auch Wichtiges, auch bei den nachdenkseiten. Eine Staranwaltskanzlei versucht gegen Anti-Tönnies-Demonstrant*inn*en vorzugehen. Die demonstrieren nicht gegen irgendwas mit Schalke, sondern gegen die wirklich wichtigen Schandtaten dieses Konzerns. Findet der nicht lustig, und lässt sich das was kosten.
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