Nach Lektüre dieses – bei ihm immer – lesenswerten Essays von Robert Misik/taz, zog ich gedanklich diesen Schluss: wenn dem Neoliberalismus was wirklich gelungen ist, dann die Zerstörung der gesellschaftlichen Grundlagen zur Entstehung von Solidarität, mitsamt fast aller relevanten Organisationen, die sich um sie bemühen. Was Rezo am Beispiel der CDU nur erträumt hat (über 16 Mio. Aufrufe), ist in Wirklichkeit schon da.
In das katastrophale Vakuum, das da entstanden ist, ist zu unserem – hoffentlich nicht zu späten – Glück die Bewegung der klimaschützenden Kinder und Jugendlichen hineingestossen, in der Sache klassenübergreifend, personell eher bürgerlich dominiert. Und noch keine Macht hat einen Ausweg aus diesem diskursiven Schwitzkasten gefunden. Gut so.
Dabei muss es aber nicht bleiben. Schon vor einigen Monaten ist es einer jungen Kongressabgeordneten mit ihrer gesellschaftlichen Basis gelungen, den Gentrifizierungsriesen Amazon zum Rückzug aus einem New Yorker Stadtviertel zu zwingen. Jetzt formiert sich sogar eine regelrechte Arbeiterklassenopposition am Sitz zahlreicher Konzernzentralen in Seattle, als ob sie “ihren Misik” schon gelesen hätten.
Ob ich auf der Ebene deutscher Kommunalpolitik jemals so viel oppositionelle politische Energie und Kraft erleben werde? Ich zweifle, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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